Full text: Prinz Max von Baden. Erinnerungen und Dokumente.

lichen Namen denken; nun sollen wir es sein, die den ver- 
lorenen Krieg verloren machen. Wir tragen die Verantwortung vor 
der Geschichte.“ Erzberger verlangte jetzt öffentliche Klarstellung, daß die 
Oberste Heeresleitung die Waffenstillstandsbitte erzwungen habe, sonst 
würde von den Soldaten der Vorwurf erhoben werden, die Regierung 
gebe sie den amerikanischen Granaten preis. Das Kabinett müsse ver- 
langen, daß die Oberste Heeresleitung sich vorbehaltlos auf den Stand- 
punkt der Note stelle. Graf Roedern machte als einziger geltend, daß wir 
die Oberste Heeresleitung nicht zwingen könnten, ihr Botum abzuändern; 
es genügte, wenn wir uns nicht davon beeinflussen ließen. 
Noch am Vormittag wurde mir ein neuer Notenentwurf vorgelegt. 
Er war von den Staatssekretären in meiner Abwesenheit hergestellt worden. 
Das Flickwerk, das aus der „kollegialen“ Zusammenarbeit entstanden war, 
entsprach in der Sache durchaus meiner Auffassung, aber gar nicht im 
Ton. Haußmann hatte vergeblich gemahnt, daß wir durch fühlbare Zurück. 
haltung die trunkenen Feinde zur Besinnung bringen sollten. 
Ich stand inmitten ernster Auseinandersetzungen mit dem General Luden- 
dorff, die um den Inhalt der Note gingen; sollte ich gleichzeitig den Kampf 
um die Imponderabilien gegen mein Kabinett aufnehmen? Ich habe da- 
Widerstand mehr leisten", wir könnten das Heer nicht mehr zusammenhalten“, „die 
Frist sei nur noch nach Stunden gezählt“ und ähnliches mehr. Abgesehen davon, daß 
es mir nicht gleichgültig sein kann, wenn derartig mit meinem Namen umgegangen 
wird, halte ich es auch im Interesse der Kriegführung für nötig, dem entgegenzutreten. 
Euer Großherzoglichen Hoheit bitte ich daher, in geeignet erscheinender Weise 
eine Aufklärung dahin veranlassen zu wollen, daß alle diese mir nachgesagten Auße- 
rungen restlos erfunden sind. Jeder, der solche Außerungen mit meinem Namen 
weitergibt, muß sich klar sein, daß er damit dem Feinde GVorschub leistet. 
v. Hindenburg, Generalfeldmarschall."“ 
Ich antwortete darauf: 
Berlin, den 24. Oktober 1918. 
Euer Exzellenz Telegramm vom 20. d. M. habe ich zu erhalten die Ehre gehabt. 
Ich habe zunächst erwogen, ob ich im Sinne E. E. Telegramms zweckmäßig eine 
Mitteilung im Reichstag machen könnte. Daraus hätte sich aber die Gefahr er- 
geben, daß jene erfundenen Außerungen weiteren Schichten des Volkes erst zur 
Kenntnis gekommen wären. Auch die stärkste Unterstreichung ihrer Unrichtigkeit 
hätte nicht verhindert, daß Anruhe geschaffen worden wäre, anstatt sie völlig zu 
beseitigen. Ich habe es deswegen für richtiger gehalten, eine öffentliche Kund- 
gebung zu vermeiden, und habe den Herrn Kriegsminister gebeten, die stellvertreten- 
den Generalkommandos zu unterrichten, damit durch ihre Aufklärungsorgane diesen 
falschen Ausstreuungen entgegengetreten wird. Ebenso habe ich dafür Sorge ge- 
tragen, daß sämtliche zivilen Nachrichtenstellen mit entsprechenden Weisungen ver- 
sehen werden. 
(R. K.) 
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