Die Herren diskutierten, ob der General Ludendorff in seiner Stellung
verbleiben könne. Es fiel das Wort: Der geschlagene Feldherr solle
zurücktreten. Aber niemand war für die Initiative des Kabinetts. Man
wollte die Dinge sich entwickeln lassen und erwartete die Lösung von der
Berufung anderer Heerführer.
Am 25. Oktober früh erfuhr ich, daß der Generalfeldmarschall und
der General Ludendorff am vorigen Abend abgereist waren, trotz meiner
ihnen übermittelten Aufforderung, in Spa zu bleiben. Für mich stand
fest: diese Reise durfte nur mit der Entlassung des Generals Ludendorff
enden. Die Eigenmächtigkeit war nur der Anlaß. Der Wunsch, die innere
und äußere Situation zu erleichtern, sprach mit. Entscheidend war
das verlorene Vertrauen.
Ich wurde gedrängt, auch den Rücktritt des Generalfeldmarschalls
nicht nur als unvermeidlich, sondern auch als erstrebenswert anzusehen,
um womöglich Hindenburg durch Gallwitz zu ersetzen. Das wollte ich nicht.
Ich entwarf ein Schreiben an den Kaiser, darin ich den Rücktritt des
Generals Ludendorff forderte, widrigenfalls ich meine Entlassung ein-
reichen würde, aber darum bat, daß alles geschähe, um den Feldmarschall
zum Bleiben zu bewegen und dadurch der Armee und dem Volke Beun-
ruhigung zu ersparen.
Das Kabinett wußte nichts von der Aktion, die ich vorbereitete, sondern
entrüstete sich unterdessen über eine neue Kompetenzüberschreitung des
Generals Ludendorff: die Oberste Heeresleitung hatte sich bereits öffent-
lich zur Wilson-Note geäußert und eigentlich von sich aus den Abbruch
der Verhandlungen verfügt. In der ressesitzung vom 25. Oktober kam
der folgende Armeebefehl zur Verlesung:
„Zur Bekanntgabe an alle Truppen.
Wilson sagt in seiner Antwort, er wolle seinen Bundesgenossen vorschlagen, in
Waffenstillstandsverhandlungen einzutreten. Der Waffenstillstand müsse aber
Oeutschland militärisch so wehrlos machen, daß es die Waffen nicht mehr aufnehmen
könne. Aber einen Frieden würde er mit Deutschland nur verhandeln, wenn dieses
sich den Forderungen der Verbündeten in bezug auf seine innere Gestaltung völlig
füge; anderenfalls gebe es nur die bedingungslose Unterwerfung.
Die Antwort Wilsons fordert die militärische Kapitulation. Sie ist deshalb für
uns Soldaten unannehmbar. Sie ist der Beweis, daß der Bernichtungswille
unserer Feinde, der 1914 den Krieg entfesselte, unvermindert fortbesteht. Sie ist
ferner der Beweis, daß unsere Feinde das Wort „Rechtsfrieden“ nur im Munde
führen, um uns zu täuschen und unsere Widerstandskraft zu brechen. Wilsons Ant-
wort kann daher für uns Soldaten nur die Aufforderung sein, den Widerstand mit
1 Amtliche Arkunden Nr. 76b.
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