so eindringlich und zielbewußt vorgetragen, wie sonst in der englischen Presse
nur Northeliffe arbeitet. Die Hauptthesen lauten:
1. Die Grenzen in Asien sind so wichtig für die Sicherheit des englischen
Reiches, ja vielleicht wichtiger als die Grenzen in Europa.
2. Es ist primitive Politik und primitive Strategie, wenn man glaubt,
die Deutschen nur in Flandern besiegen zu können, weil sie nun einmal
in Flandern stehen und damit so nahe an England herangerückt sind.
3. Ein ODurchbruch ist auf der Westfront unmöglich, es sei denn, daß
entscheidende Durchbrüche vorher im Osten gelungen sind.
Auch die Deutschen können im Westen nicht durchbrechen.
u Das Siegen ist im Osten nicht so blutig wie im Westen. Ebenso, wie
wir nur im Osten entscheidend siegen können, können wir auch nur im
Osten entscheidend besiegt werden. England kann in Kiew und Peters-
burg gerade so gut den Krieg verlieren, wie Deutschland ihn auf dem
Balkan, in Konstantinopel oder in Mesopotamien verlieren kann.
Neben dieser grundsägtzlichen Gegnerschaft läuft eine starke Kritik an den
persönlichen Fähigkeiten von Haig und Robertson und findet Wider-
hall auch in Kreisen, die an und für sich auf dem Standpunkt stehen, Eng-
land dürfe seine Kräfte nicht zersplittern, sondern müsse die Entscheidung
auf der Westfront suchen. Man findet boshafte Bemerkungen, wie „Haig
könne wohl ein großes Loch machen, aber es fehle ihm die strategische Kunst,
durch dieses Loch hindurchzukommen".
Nach dem Fall von Kut-el- Amara (April 1916) wäre es den Konser-
vativen ein leichtes gewesen, Asquith und Grey zu stürzen und unter
Lloyd George und Carson ein neues, konservativ gerichtetes Koalitions=
ministerium zu bilden. Aber sie scheuen im letzten Augenblick davor zurück,
den Oiberalismus zu verprellen. Er könnte — das ist die offen ausgespro-
chene Sorge — seine AUnterstützung aus dem Kriege zurückziehen, und dann
wäre England zur kriegerischen Höchstleistung unfähig. Der konservative
Lord Hugh Cecil warnt in einem offenen Brief an die „Times“ vom
30. April 1916:
„Ich vermute, nahezu vierzig Prozent unserer Bevölkerung werden ausge-
sprochene Liberale sein. Sie verabscheuen aus Temperament und Tradition den
Krieg, nicht nur, wie wir alle es tun, wegen seiner Schrecken und Lasten, sondern
weil sie glauben, daß er der bürgerlichen und politischen Freiheit gefährlich
ist. Sie mißtrauen vielem und fürchten vieles von dem, was der Krieg nötig macht:
große Beschränkungen der persönlichen Freiheit, ausgedehnte Wehrpflicht, eine
allgemeine Unterordnung der inneren Angelegenheiten unter fundamentalere, die
der Krieg mit sich bringt ... Aber dank der patriotischen Führerschaft der libe-
ralen Minister und besonders des PDremierministers hat die Hauptmasse der Libe-
ralen trotz dieser Voreingenommenheit fast einstimmig den gegemwärtigen Krieg
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