Full text: Prinz Max von Baden. Erinnerungen und Dokumente.

unterstützt und gebilligt. Der so von Mr. Asquith und seinen Gesinnungsgenossen 
geleistete Dienst ist von entscheidender Wichtigkeit gewesen, denn wenn vierzig 
Drozent der Bevölkerung sich feindlich zum Krieg verhalten hätten, so wäre es 
kaum möglich gewesen, die nationalen Hilfsmittel in einem Maße in Anspruch 
zu nehmen, wie es der Lage angemessen ist, oder die nationale Anstrengung wäh- 
rend einer so langen Periode angespannt zu halten, wie es nötig gewesen ist und 
sein wird, und es ist „unentbehrlich', daß diese Haltung des Liberalismus bestehen 
bleibt. Wäre eine Regierung an der Macht, die sich nicht des Ver- 
trauens der Liberalen erfreute, etwa eine solche Regierung, wie 
sie von Mr. Lloyd George unter Beihilfe von Sir Edward Carson 
gebildet werden könnte, so würde eine Tendenz unter den Liberalen 
entstehen, von der Billigung des Krieges mehr und mehr hinweg- 
zutreiben bis zur Annahme einer pazifistischen Stellung. Dies 
würde in Wahrheit ein nationales Unheil sein. Unsere Feinde wür- 
den gewaltig ermutigt werden, unsere Verbündeten nicht minder 
niedergedrückt. Wenn hinter der Regierung einenicht länger ge- 
einigte Nation stände, dann würde keine Geschicklichkeit in der 
Verwaltung genügen, um den Krieg zu dem entscheidenden Ab- 
schluß zu bringen, den wir alle wünschen.“ 
Auch das Vertrauen der Gewerkschaften gehört heute Asquith weit 
mehr als Lloyd George. Lloyd George ist nicht mehr der große Beschwörer 
der industriellen Anruhe. Streiks sind heute durchaus möglich. In 
Schottland, so hbeißt es, werde offener Aufruhr gepredigt. Die fort. 
gesetzten Appelle an den Datriotismus der Arbeiter: „Gebt eure Gewerk. 
schaftsregeln auf", werden mit steigendem Mißtrauen aufgenommen. Man 
wittert dahinter eine konservative Verschwörung, um den Kriegszwang in 
den Frieden hinüberzuretten und dadurch für den Besitz den kommenden 
Klassenkampf zu erleichtern. Namsay Mac Donalds Beliebtheit wird 
auch von seinen Feinden nicht mehr bestritten. Anvermittelt taucht bei indu- 
striellen Streitfragen der Ruf nach dem „Frieden durch Anterhandlungen“ 
auf. In zahllosen Flugblättern werden Zitate aus maßvollen Reden des 
deutschen Kanzlers verbreitet. Das Ziel ist immer die Vermittlung der 
Suggestion: Ein ehrenvoller Friede ist erreichbar. Man sucht und findet 
Fühlung außerhalb der Arbeiterkreise. Ernste Stimmen kommen aus der 
City, die vor einer unbegrenzten Verlängerung des Krieges warnen.] 
Ein Mann wie Lord Brasseys tritt öffentlich für den Verständigungs- 
1 So Robert Fleming, ein einflußreicher Mann in der Londoner Citvy. „Econo- 
mist“, 3. Juni 1916, schrieb dazu: „Herrn Robert Flemings Erklärung letzte Woche 
gibt die Haltung von Tausenden von intelligenten und rechtlich gesinnten Geschäfts- 
leuten in allen Teilen des vereinigten Königreichs sehr richtig wieder.“ 
: Lord Brassey war früher Zivillord der Admiralität, Gründer und erster 
Herausgeber des Flottenjahrbuches, Gouverneur von Wiktoria — also ein Mann, 
der in Machtfragen absolut zuverlässig war. 
45
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.