Full text: Prinz Max von Baden. Erinnerungen und Dokumente.

frieden mit Deutschland ein. Bedeutsam ist die Schwenkung, die sich in der 
Stellung der pazifistischen Arbeiterführer zu Grey vollzogen hat. 
Er wird nicht mehr wegen seiner Diplomatie vor dem Krieg angegriffen, 
sondern als der „europäisch“ gesinnte Mann des Kabinetts angesprochen, 
der einen schweren Stand gegen die Chauvinisten hat. 
Am 24. Mai 1916 findet die große Debatte im Anterhaus über den 
Frieden statt. Ihre Bedeutung wird in der englischen Presse vertuscht, die 
nur magere Auszüge aus den langen Reden der Pazifisten bringt; aber die 
stenographischen Berichte kommen in die Hände der Zentralstelle. Die 
staatsmännische Kundgebung von Ramsay Macchonald überschattet 
die menschenfreundlichen Außerungen seiner Gesinnungsgenossen. Mac 
Donald sagt eine doppelte Botschaft nach Deutschland herüber: Wollt ihr 
die belgische Integrität und Souveränität wiederberstellen, dann sollte 
der Frieden marschieren. Aber wenn ihr nur die geringsten Anschläge 
gegen Belgiens Gebiet und AUnabhängigkeit im Schilde führt, dann trefft 
ihr England an der Ehre, auch mich und meine DHazifisten. Wir sind dann 
auch für einen Krieg à outrance. 
„Ich sage mit aller Bestimmtheit, daß dieses Land, wenn es noch einen 
Fetzen Ehre behalten soll, keinen Frieden annehmen kann, der die Preis- 
gabe der belgischen Souveränität in irgendeinem Grade bedeutet. Wenn 
Deutschland sich einbildet, daß irgendeine Gruppe unseres Volkes bereit 
ist, den Frieden unter Preisgabe eines Teiles — und ich betone, nicht 
nur der belgischen Souveränität, sondern eines Teiles dieser Souveränität 
— anzunehmen, dann wäre es gut, wenn die deutsche öffentliche Mei- 
nung je eher, je besser aus dieser Täuschung gerissen würde .. Aberwenn 
von Deutschland erklärt werden würde, so daß niemand die 
Echtheit dieser Erklärung bezweifeln könnte: „Wir wollen 
nicht Belgien; wir wollen nicht die belgische Souveränität 
beeinträchtigen; im Augenblick, wo der Friede erklärt ist.. 
werden wir Belgien räumen. Unser Durchmarsch — um des 
Kanzlers eigene Worte zu brauchen —war nur ein Akt militä- 
rischer Notwendigkeit"“ — ein Argument, das unser Land 
bheute besser versteht als vor zwanzig Monaten“ — Namsay 
Mac Donald läßt den Sagt unvollendet. 
„Ein Teil der Schlacht, und ein sehr wichtiger Teil der Schlacht, ist 
die Fähigkeit, seinem Feinde völlig klarzumachen, was die eigenen Ab- 
sichten sind, so daß der Feind unsere Erklärungen nicht mißbrauchen und 
entstellen kann, um seine innere Stärke zu vermehren.“ 
„Man muß die Osychologie des Feindes ebenso bearbeiten wie seine 
bewaffneten Streikkräfte.“ 
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