Full text: Prinz Max von Baden. Erinnerungen und Dokumente.

lichkeit, durch eine neutrale Persönlichkeit Seiner Majestät die Sachlage 
zu schildern. 
„Wenn Seine Majestät selbst durch die Ereignisse zu der Meinung ge- 
bracht werden sollte, daß sein freiwilliger Rücktritt Deutschland helfen 
würde, dann würde ich mich dieser Meinung nicht entgegenstellen. Aber 
Exzellenz v. Payer hat mir gesagt, daß aus Bayern schon die Er- 
wägung kommt, ob das Land noch beim Reiche bleiben könne. Man 
sieht, daß die zersetzenden Kräfte schon am Werke sind. Mein Haupt- 
bedenken ist, im Innern nicht die Lage zu schaffen, daß das Volk die 
Abdankung verlangt. Dann wird die Lage zu einem Bürgerkrieg führen, 
denn es sind Millionen im Lande, die fest zu Seiner Majestät balten. 
„Jetzt ist das Handeln außerordentlich erschwert. Seine Majestät ist 
nicht da, sondern in militärischen Berhandlungen draußen an der Front. 
Ich habe ihn gebeten, möglichst bald zurückzukehren. Ich kann also die 
Ausführungen der Herren nur zur Erwägung nehmen und weiter 
prüfen.“ 
Friedberg stellte nun die Frage: „Sind nicht die deutschen Bundes- 
fürsten am meisten beteiligt? Sollte nicht ein Meinungsaustausch 
unter ihnen herbeigeführt werden?“ 
Ich antwortete: „Ich habe das bereits erwogen. Soweit ich die Lage 
beurteilen kann, würde ihre Gesamtheit sich keineswegs auf den Boden der 
Abdankung stellen. Ich habe aber Schritte eingeleitet, die mehr 
Klarheit darüber schaffen werden. Mein Großherzog hat mir sagen 
lassen: In dieser Stunde gehören die deutschen Fürsten hinter den deutschen 
Kaiser.“ 
Friedberg fragte darauf: „Aber die Regierungen der Bundesstaaten?“ 
Ich antwortete, daß ich mit diesen in ständiger Fühlung sei. 
In meinem Schlußwort hatte ich auf die Meinungsverschiedenheiten 
hingewiesen, die unter den Herren bestanden. Ich hätte mehr sagen können: 
die meisten von ihnen waren mit sich selbst nicht im reinen; ihre Urteils- 
bildung schien wie gelähmt unter dem Gewicht der Gründe, die auf bei- 
den Seiten standen. Der Ruf nach den Bundesfürsten kam von Herzen. 
Wenn man ihn recht verstand, war der Sinn: Die Verantwortung ist uns 
zu schwer. Für Scheüch war der Weg klar; er sprach als Militär und dachte 
nur an die Rückwirkung auf die Armee. Da schien er sich seiner Sache 
sicher zu fühlen. Drews hatte sich zu einer rücksichtslosen Klarheit durch- 
geguält. Er hatte die Wahrheit unerbittlich ausgesprochen, die mir seit 
Tagen auf der Seele brannte: Entweder der Kaiser geht, oder wir 
verzichten auf die nationale Verteidigung. 
550
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.