Full text: Prinz Max von Baden. Erinnerungen und Dokumente.

Volke finden, wenn der Kaiser ihn unterzeichnet, so lautete die drohende 
Antwort der Militärs: Die Armee wird versagen, wenn der Kaiser nicht 
unterzeichnet. 
Mir aber zeigte sich immer deutlicher der einzige Ausweg: es mußte 
der Kaiser sein, der das kämpfende und arbeitende Volk zur letzten Ver- 
teidigung rief, aber der scheidende Kaiser. In der gleichen Arkunde würde 
der Oberste Kriegsherr mitteilen, daß er um des Friedens willen auf seine 
Krone verzichte, aber Heer und Heimat beschwören, weiterzukämpfen, 
sollte das Opfer vergeblich sein und ein entehrender Waffenstillstand uns. 
angesonnen werden. 
Wir waren — mit einer Anterbrechung — den ganzen Tag damit 
beschäftigt, die Arkunden, die Prinz Friedrich Karl dem Kaiser vor- 
legen sollte, und ein begründendes Memorandum fertigzustellen. Auch 
Simons war jetzt davon durchdrungen, daß uns keine andere Wahl blieb. 
Die Gewißbeit festigte sich ihm noch während der Arbeit unter dem zwin- 
genden Eindruck seiner eigenen Formulierung, die auch sonst die letzte 
Klärung in seine Gedanken zu bringen pflegte. — Als so alle Zweifel 
schwanden, da überkam uns mit einer feierlichen Kraft die Zuversicht: wir 
schlagen nicht nur das Beste vor für das Reich und die Monarchie, son- 
dern auch für den Monarchen selbst. Wenn der Kaiser den großen Ent- 
schluß faßt — und zwar sofort —, so ist die nationale Verteidigung und 
die Monarchie gerettet, und sein Name wird in der Geschichte gesegnet sein. 
Am 11 Uhr ging ich in die bayerische Gesandtschaft, wo die stimm- 
fübrenden Mitglieder des Bundesrats versammelt waren. Ich erklärte 
den Herren, daß ich seit Tagen die Frage der Abdankung Seiner Majestät 
ohne Unterlaß erwogen hätte; der Kaiser sei dauernd informiert worden: 
für mich käme nur ein absolut freiwilliger Entschluß des Kaisers in Be- 
tracht, nur so könnten Heer und Heimat vor Schaden bewahrt und die 
Würde des Reiches gehütet werden. Ich forderte die Freiwilligkeit auch. 
für mich und erwähnte die Zusage, die ich gestern von Scheidemann er- 
halten hatte, aus der Abdankung keine Kabinettsfrage zu machen. Aber ich 
bereitete die Herren darauf vor, daß Scheidemann auch anderen Sinnes 
werden könnte unter dem täglich wachsenden Druck, der auf ihn ausgeübt 
werde. 
Wenn der Tag komme, an dem ich gezwungen sein würde, selber mit dem 
Kaiser zu reden, dann müsse ich wissen, welche Stellung die Bundesfürsten 
einnehmen. 
Ich richtete nunmehr die Bitte an die Herren, sie möchten sofort zu ihren 
Souveränen reisen und sie über meine Stellungnahme in der entscheidenden 
Frage aufklären. Aber das Ergebnis der Reise erwartete ich eine tele- 
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