graphische Mitteilung: Die Worte „Einverstanden“ oder „Nicht ein-
verstanden“ würden genügen. Selbstverständlich würde eine solche Ein-
verständniserklärung keine Aufforderung an den Kaiser enthalten: Tritt
zurück, sondern nur den Sinn haben: wenn der Kaiser sich freiwillig zur
Addankung entschließen sollte, dann verstehen die Fürsten den Entschluß
und erheben keinen Widerspruch dagegen.
Die Herren interpellierten mich sofort, wie über einen gleichzeitigen
Verzicht des Kronprinzen gedacht würde, und in welcher Form für diesen
Fall die monarchische Gewalt geordnet werden sollte, um ja den destruktiven
Elementen keinen Vorschub zu leisten.
Ich erwiderte: Der gleichzeitige Verzicht des Kronprinzen werde wohl
nicht zu vermeiden sein. Ich würde mit allem Nachdruck dafür eintreten,
1 Mir ist oft der Vorwurf gemacht worden, daß ich in der Ver-
öffentlichung vom 9. November den Thronverzicht des Kronprinzen
als selbstverständlich vorausgesetzt habe. Wer noch die allergeringste
Hoffnung hatte, den Thron für die Hohenzollern zu retten, konnte
nicht anders handeln. Am 9. November war eine Orientierung des
Kronprinzen nicht mehr möglich. Aber ich habe es immer als schwere
Versäumnis empfunden, daß ich nicht vom 25. Oktober ab eine Ge-
legenheit berbeigeführt habe, um mit dem Kropprinzen die Frage
seines Verzichtes zu erörtern.
Die folgenden Erwägungen haben hindernd gewirkt:
1. Bis zu dem 9. November hatte der Kaiser stets aufs neue erklärt, daß die
Adbdankung für ihn indiskutabel sei. Da war es schwer, die Frage des Thronverzichts
mit dem Kronprinzen zu erörtern.
2. In den letzten Oktober- und ersten Novembertagen tauchte eine Illusion
auf, der auch ich vorübergehend Raum gab: der Kronprinz könnte das Volk mit
seiner Thronfolge durch ein zur Veröffentlichung bestimmtes Schreiben versöhnen,
darin er erklären würde, aus #berzeugung mit dem neuen Kurs gehen zu können.
Auf Anregung der Reichskanzlei richtete in der Tat der Kronprinz einen dahin-
gehenden Brief am 7. November an mich.
3. In den Tagen unmittelbar vor der Revolution trat für mich der Plan einer
Stellvertretung des Kaisers in den Vordergrund; gerade auch aus dem Grunde,
weil man auf diesem Wege zunächst den Thronverzicht des Kronprinzen für den
Augenblick umgehen konnte.
Rückblickend muß man sagen, daß alle diese Gedankengänge bedeutungslos waren
angesichts der Tatsache, daß der Kronprinz in den Augen des deutschen Volkes ein
eher noch größeres Friedenshindernis war als der Kaiser. Das war der Erfolg
der niederträchtigen Ententepropaganda und des Waffenstillstandsangebotes, durch
das wir Wilson als Retter und Richter aufgerufen und unser Volk seinen Lock-
rufen zugänglich gemacht hatten. Bei den Erörterungen über die Abdankung war
fast ausschließlich von einer Abdankung des Kaisers zugunsten des Enkels die Rede.
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