Full text: Prinz Max von Baden. Erinnerungen und Dokumente.

würde noch stärker werden. Er sprach von der Pflicht des Vorbeugens. 
Ob der Kanzler wirklich glaube, sich unter diesen Umständen auf eine rein 
informatorische Tätigkeit beschränken zu können? 
Ich verschwieg in meiner Antwort nicht, daß auch ich spürte, wie von 
unten herauf der Druck seit Tagen wüchse — der Kaiser stünde zwar auf 
dem Standpunkt, jetzt das Deutsche Reich nicht im Stich lassen zu dürfen; 
aber wir müßten heute schon der Situation ins Auge sehen, wie sie un- 
annehmbare Bedingungen schaffen würden: keine Macht der Welt, keine 
Regierung würde es dem Volke ausreden können, daß Deutschland ohne 
den Kaiser bessere Waffenstillstandsbedingungen bekäme; und so würde 
sich die Wut mehr noch gegen den Kaiser als gegen den Feind richten. 
Ich wisse daher nicht, wie lange ich noch den Druck des Kriegskabinetts 
von mir fernhalten könnte. Bis jetzt habe Ebert noch einen Beschluß seiner 
Fraktion verhindert, die Ereignisse könnten sich aber überstürzen. Trotzdem 
müsse ich daran festhalten, daß wir nur durch einen freiwilligen Entschluß 
des Kaisers Herr der Lage werden könnten. 
Auf eine weitere Frage, ob ich denn wirklich glaubte, durch eine frei- 
willige Abdankung die Monarchie retten zu können, gab ich den Herren 
von der zuversichtlichen Vorhersage des Anterstaatssekretärs David 
Kenntnis. 
Nach kurzen Ausführungen über die Nachrichten, die aus Feindesland 
vorlagen, wurde ich von dem württembergischen Gesandten, Herrn v. BVarn- 
büler, um Auskunft gebeten, wie die Information des Kaisers vor sich 
ginge, und ob etwa der Eindruck berechtigt wäre, daß Seine Majestät 
durch die Reise an die Front einer weiteren Behandlung der Frage hier 
hätte ausweichen wollen. 
Ich erwiderte, meiner AUberzeugung entsprechend, daß der Kaiser solchen 
Gedankengängen sicher fernstände, bestimmte Kräfte aber wohl am Werke 
gewesen sein möchten, die Seine Majestät aus Berlin entfernen wollten. 
Die Information ginge durch Persönlichkeiten vor sich, die dem Kaiser 
genehm wären und mit einer gewissen Autorität zu ihm sprechen könnten. 
Ein solcher Vertrauensmann weile bereits heute beim Kaiser; ein anderer 
werde morgen nachfolgen. 
Aber die Herren gaben sich nicht zufrieden. Was gedenke der Kanzler 
zu tun, wenn die Vertrauensmänner kein Gehör finden sollten? Ich sei 
doch nach der Verfassung der allein verantwortliche Mann, an den sich 
der Kaiser letzten Endes halten müsse. 
Ich erwiderte: Meine Eigenschaft als Thronfolger Badens erschwere 
es mir, dem Kaiser den Thronverzicht direkt vorzuschlagen. Vor allem 
aber könnte ich in der gegenwärtigen Situation nur mit Nachdruck sprechen, 
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