Front und sperrte seine Einsicht gegen alle Gründe. Fast schien es, als hätte
er sich in Spa durch eine Zusage gebunden, unter keinen Umständen nach-
zugeben. Dabei war das Bild, das er dem Kabinett über unsere mili-
tärische Lage entwarf, denkbar düster. Sein Gutachten war schriftlich
niedergelegt und wurde von ihm verlesen:
Wir hätten mit unserer großen Offensive versucht, an der stärksten
Stelle den uns umgebenden Ring zu durchbrechen. Der Versuch sei
mißlungen. Der Zusammenbruch unserer Verbündeten sei in einem
Maße und mit einer Schnelligkeit erfolgt, wie wir nicht erwartet hätten.
Die Feinde hätten damit freie Bahn, die Einkreisung unmittelbar an
unsere Grenzen heranzutragen. Das angestrebte Ziel sei klar zu erkennen:
Imzingelung und Kapitulation des deutschen Volkes. Wir
müßten in unsere Rechnung einstellen, daß die Rumänen den Krieg
wieder aufnähmen, die Tschechoslowaken und andere Teile unserer bis-
herigen Verbündeten die Operationen unserer Feinde aktiv unter-
stützten. „Die passive Unterstützung ist ihnen schon durch die Waffen-
stillstandsbedingungen in der schärfsten Weise auferlegt.“ Den mili-
tärischen Operationen unserer Feinde käme der Bolschewismus zu Hilfe,
der von Osten und Südosten in unser Volk und Heer eindringe. Die
Lage schiene Zusammenziehung aller unserer militärischen Kräfte zu
fordern. Der Rückmarsch unserer Truppen aus Angarn und Rumänien
sei bereits befohlen, aber es sei möglich, daß sie sich würden durch-
schlagen müssen. Noch könnten wir nicht übersehen, wie wir die Truppen
aus Kleinasien herausbringen. Den Osten aber wollte Gröner noch immer
nicht sofort räumen; der Bolschewismus würde sich der aufgegebenen
Gebiete bemächtigen und unserem Baterlande auf den Leib rücken;
bei einer Fortsetzung des Krieges allerdings bliebe nichts übrig, als
auch diese Truppen zur PBPerteidigung der Heimat beranzuziehen.
Aber er warnte, genau wie General Hoffmann seinerzeit, vor der
#berschätzung ihrer Kampffähigkeit. Ehe sie im Westen eingesetzt
werden könnten, müßten sie eine längere stramme Ausbildungszeit
durchmachen.
Die augenblickliche Lage an der Westfront schilderte Gröner wie folgt:
Die Zurücknahme der Front in die Linie Antwerpen — westlich
Brüssel—Charleroi—Maas sei notwendig geworden. Aber er würdigte
die Bedenken, die seinerzeit dieser folgenschweren Entscheidung im Wege
gestanden hätten.
1 In der Sitzung vom 17. Oktober, siehe oben S. 421.
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