Full text: Prinz Max von Baden. Erinnerungen und Dokumente.

Die Beratungen mündeten in die mit steigender Ungeduld und Sorge 
gestellte Frage: Wann kommt Hilfe von der Front? Die Militärs gaben 
vertrauliche Auskunft. Der Tatbestand, auf den sie sich dabei stützten, war 
folgender: 
An Feldtruppen befanden sich nur 3 Jägerbataillone und 2 Eskadrons Dra- 
goner in der Umgebung von Berlin, nachdem die zeitweise in Altengrabow 
abgestellte Infanteriedivision an die Westfront abgefahren war und auch die 
für das Kriegsministerium im Osten bereitgestellte gemischte Infanteriebrigade 
andere Verwendung gefunden hatte. Aber die Oberste Heeresleitung ist sich jetzt 
des Ernstes der inneren Situation durchaus bewußt: die 2. Garde-Infanterie- 
division wird nach Altengrabow überführt und wird sich morgen östlich Essen 
befinden. Da Hannover verloren, muß sie über Halle umgeleitet werden. Eine 
zweite Division rollt ebenfalls, weitere Truppen sind in Aussicht gestellt. Auch 
ist ein Armeeoberkommando unterwegs, um den Oberbefehl gegen die Meuterer 
zu Übernehmen. Ersatztransporte aus der Heimat nach der Front sollen ein- 
gestellt werden. 
Gleichzeitig fand eine andere Beratung statt, die auch der Abwehr 
des Bolschewismus galt und schon durch ihre äußere Aufmachung das 
Bild der Revolution in die Regierungsgebäude trug. 
Etwa zwanzig Matrosen waren als Vertreter des dritten Geschwaders 
erschienen in Begleitung des Admirals Feldt. Der Staatssekretär v. Mann 
entschloß sich, ihre Forderungen anzuhören. Er hatte, wie er sagte, die 
Hoffnung, die Bewegung vom dritten Geschwader aus zurückzurollen. 
Die Leute traten nicht übermütig auf, sondern deutlich in dem Be- 
streben, zu erklären und zu entschuldigen, ja wieder gutzumachen, soweit 
es ging. Haußmann wohnte der Unterredung als Vertreter des Kabinetts 
bei und hat in kurzen Notizen festgehalten, was die einzelnen Matrosen 
sagten: 
„Durch Vorträge der Offiziere erkannten wir den Widerstand gegen 
die neue Regierung.“ 
„Ungebeure Schiffsansammlungen erregten den Verdacht.“ 
„Das Gerücht sagte, daß der Vorstoß dazu diene, die Waffenstill. 
standsverhandlungen zu sprengen.“ 
„Den Vorgängen in Kiel lag nur die Absicht zugrunde, die Ge- 
fangenen zu befreien."“ 
„Wir sagten sofort, wenn die Leute bestraft werden, gibt es eine 
große Erregung.“ 
„Die rote Flagge auf den Schiffen (war eine] Sicherheitsmaßregel, 
um nicht von den Forts in Kiel beschossen zu werden, die in der Hand 
des Soldatenrats waren.“ 
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