Full text: Prinz Max von Baden. Erinnerungen und Dokumente.

9 Uhr vormittags: Magdeburg schwere Unruhen. 1 Uhr mittags: 
Im Bereich des Stellvertretenden Generalkommandos VII. Armee- 
korps drohen Anruhen auszubrechen. 5 Uhr nachmittags: Halle und 
Leipzig rot. Abends: Düsseldorf, Haltern, Osnabrück, Lüne- 
burg rot; Magdeburg, Stuttgart, Oldenburg, Braunschweig, 
Köln rot. 7 AUhr 10 nachmittags: Stellvertretendes Generalkommando 
XVIII. Armeekorps in Frankfurt a. M. abgesetzt. 
In Berlin ist der Unabhängige Däumig vom Oberkommando im Ein- 
verständnis mit dem Kriegsminister mitten aus seinen revolutionären Vor- 
bereitungen heraus verhaftet worden. General Scheüch bleibt dabei, daß 
die Lage in Berlin gehalten werden kann. 
Ich fürchtete, daß auch in Berlin die Truppen sich für den Kaiser nicht 
schlagen würden. 
Aus dem Hauptquartier wurde kein Anzeichen einer Sinnesänderung 
gemeldet. So entschloß ich mich in der achten Stunde, Seine Majestät an 
das Telephon bitten zu lassen. Meinen Adjutanten Herrn v. Prittwitz 
rief ich in mein Zimmer und gab ihm den Auftrag, anzuhören und nieder- 
zuschreiben, was ich zu sagen hatte. 
„Was ich Euerer Majestät durch Herrn v. Hintze habe sagen lassen, 
muß ich als Verwandter wiederholen. Deine Abdankung ist notwendig 
geworden, um den Bürgerkrieg in Deutschland zu vermeiden und um 
deine Mission als Friedenskaiser bis zum Schluß zu erfüllen. Das Blut- 
vergießen würde dir zur Last gelegt werden. Eine große Mehrheit 
glaubt, du seiest schuld an der heutigen Lage. Diese Auffassung ist falsch, 
aber sie besteht. Wenn jetzt durch deinen Verzicht der Bürgerkrieg und 
Schlimmeres verhütet wird, so wird dein Name in der Geschichte ge- 
segnet sein. Der Interfraktionelle Ausschuß hat heute gesprochen, aber 
mir seine Stellungnahme nicht mitgeteilt. Wenn jetzt nichts erfolgt, so 
wird im Reichstag die Forderung erhoben werden und da durchgehen. 
Ich habe meine Selbständigkeit gewahrt im Kabinett, seitdem ich die 
Geschäfte übernommen habe. Heute kann ich meine schützende Hand 
nicht mehr vor den Träger der Krone halten, nachdem das #Altimatum 
der Sozialdemokratie erfolgt ist, ein Altimatum, dem ich bisher aus- 
gewichen bin. Das Verlangen, welches das Altimatum enthält, wird 
beute von viel weiteren Kreisen gestellt. Anruhen sind da. Man mag 
vielleicht in der Lage sein, sie zuerst gewaltsam zu unterdrücken, ist aber 
einmal Blut geflossen, so wird überall der Schrei nach Nache erklingen. 
Die Haltung der Truppen ist nicht zuverlässig. In Köln ist die Macht 
in den Händen des Arbeiter- und Soldatenrates. In Braunschweig 
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