ihre beschwörende Sprache noch die zwingende Beweiskraft der an-
geführten Gründe.
Ein Letztes wurde versucht. Der Staatssekretär Zimmermann war im
Großen Hauptquartier. Noeggerath ging zu einem einflußreichen Militär,
der ein vertrauter Mitarbeiter Ludendorffs war und in Berlin weilte:
Es steht ein neuer Friedensschritt von Wilson bevor. Warten Sie noch
sechs Wochen. Wenn Wilson von den Alliierten abgewiesen wird, können
Sie den U-Bootkrieg führen, ohne daß Amerika eingreift.
Noeggerath setzte durch, daß ihm ein Telephongespräch mit dem Staats-
sekretär des Auswärtigen Amtes vermittelt wurde. Er beschwor Zimmer-
mann in leidenschaftlichen Worten, den U. Bookkrieg nicht aufzugeben,
wohl aber aufzuschieben. Zimmermann lehnte ab.
Nachdem unwiderruflich der schicksalsschwere Entschluß festzustehen
schien, wurde von der Zentralstelle der Bersuch unternommen, auf die Ge-
staltung der an Wilson abzusendenden Note Einfluß zu nehmen. Eine
schmale Hoffnung schien zu bestehen, den Abbruch der Beziehungen mit
Amerika zu vermeiden, wenn Deutschland den verschärften U. Bootkrieg
befristete, d. h. in dem Augenblick aufzugeben versprach, in dem Wilson
seinen Standpunkt in der Blockadefrage durchsetzte. Ferner wurde emp-
fohlen, daß der U. Bootkrieg als Repressalie gegen die Blockade nicht
nur formal begründet, sondern auch moralisch gerechtfertigt würde. Es
galt der trägen Phantasie der fremden Völker nachzuhelfen: d. h., wir
sollten die Leiden der deutschen Frauen und Kinder, vor allen Dingen
auch der kranken und alten Leute, in so lebhaften Einzelheiten schildern,
daß das menschliche Mitgefühl dadurch nicht minder erregt würde als durch
die Opfer unserer Seekriegführung. Geheimrat Simons, der Vortragende
Rat in der Rechtsabteilung des Auswärtigen Amts, wurde zu Hilfe ge-
schnell, daß unnötiges Blutvergießen der Frühjahrsoffensive verhindert werde
VWenrn jetzt ohne weiteres U. Bootkrieg begonnen wird, wird Präsident dies als
Schlag ins Gesicht betrachten, und Krieg mit den Bereinigten Staaten ist unver-
meidlich. Hiesige Kriegspartei wird Oberhand gewinnen und Beendigung des
Krieges meines Erachtens unabsehbar sein, da Machtmittel der Vereinigten Staaten
trotz allem, was man dagegen sagen kann, sehr groß sind. Andernfalls, wenn wir
auf Wilsons Worschlag eingehen, allein Pläne trotzdem an der Hartnäckigkeit
unserer Gegner scheitern, wird es dem Präsidenten sehr schwer werden, gegen uns
in den Krieg zu gehen, selbst wenn wir dann uneingeschränkten U. Bootkrieg an-
fangen. Es handelt sich also vorläufig nur um einen Aufschub von kurzer Dauer, um
unsere diplomatische Stellung zu verbessern. Ich selbst bekenne mich allerdings zur
Ansicht, daß wir jetzt durch Konferenzen einen besseren Frieden erreichen werden,
als wenn sich die Vereinigten Staaten unseren Feinden anschließen.“ (Bernstorff,
a. a. O., S. 373ff.)
64