Full text: Prinz Max von Baden. Erinnerungen und Dokumente.

Im Amt haust er drei Tage. Der sofort unheimlich wachsende Apparat 
droht die Mauern zu sprengen. Vielleicht wurde auch der Leiter der neu 
gegründeten Stelle für den Geist des Hauses zu lebhaft. Er bekam ein 
eigenes großes Gebäude (ein requiriertes Hotel) Unter den Linden. 
Ich suchte ihn auf und fand alle günstigen Vorurteile bestätigt. Wir 
verständigten uns rasch über wichtige Dinge. Er sieht in der Betreibung 
des russischen Separatfriedens das Erfordernis der Stunde, aber hält plötz- 
lich inne, um mich zu warnen: „Ich kann es nicht beweisen, aber ich möchte 
schwören, es passiert bald etwas in Rußland.“ 
Wir sprachen von dem General Ludendorff, an dem er mit Helden- 
verehrung hing; aber er war nicht blind in seinem Urteil. Der General ist 
gutem und maßvollem Nat wohl zugänglich, meinte er mit einer frohen 
und kühnen Zuversicht in Stimme und Blick. 
Am bedeutsamsten war mir die #bereinstimmung in einer Grundfrage 
unserer Kriegspolitik: „Das deutsche Schwert ist um so schärfer, 
je reiner es ist.“ 
Ich trennte mich von Haeften voller Hoffnung auf einen neu erschlossenen 
Weg, Einsichten und Informationen zu gegebener Stunde an die Oberste 
Heeresleitung heranzubringen. 
Ich blieb während der folgenden Kriegsjahre in Verbindung mit Haeften, 
direkt oder durch Hahn, der sein politischer Mitarbeiter wurde. 
Haeften leitete die „Militärische Abteilung A“ später „Oberste Heeres- 
leitung A“ bis zum Oktober 1918. Die Behörde wurde immer größer und 
bunter in ihrer Zusammensetzung. Ich glaube, kein anderes Haus in 
quartier zurückgekehrt. Bevor er hier ankam, war bereits ein Telegramm hier mit 
seiner Versetzung in den Generalstab des Gouvernement und dem Befehl, 
sofort dorthin abzureisen. — Er ist heute abgefahren, konnte also seine Absicht, 
Ihnen persönlich Bericht zu erstatten, nicht ausführen. Mir ist mit ihm meine beste 
Hilfskraft genommen; er war mein Ludendorff in den hiesigen Verhältnissen. Seine 
Mission ist gescheitert, vollkommen. Sie ist sehr ungnädig ausgenommen, ohne Ver- 
ständnis. Der brave Mann, der seine Existenz für sein Vaterland eingesetzt hat, 
ohne alle Rücksicht auf seine Person, der bereit war, alle Folgen auf sich zu nehmen, 
ist nun von mir getrennt. — Der Schritt, den er, Sie, Herr Feldmarschall, ich und 
die Kaiserin unternommen hatten, alle geleitet von der gleichen Sorge um das Land 
und das Ergebnis des Krieges, hat immerhin die Wirkung gehabt, daß Ihnen nun 
vier Korps zur Verfügung gestellt werden. Meine Bitte, alles, was irgend ent- 
behrlich sei, aus dem Westen herauszuziehen und nach dem Osten zu schicken, bleibt 
unerfüllt. Ob es Ihnen möglich sein wird, mit diesen vier Korps einen so großen 
Erfolg zu erringen, wie wir ihn brauchen, wenn wir diesen Krieg überhaupt beenden 
wollen, kann ich nicht beurteilen. Gott gebe es. — Sie kennen ja meine Ansichten, 
die sich mit den Ihrigen decken. (Helmuth v. Moltke, Erinnerungen, Briefe, Doku- 
mente 1877 bis 1916, Stuttgart 1922, S. 417 ff.) 
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