Full text: Der Geschäftsgang im Bundesrat.

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allerdings zu sagen, daß eine Abänderung der Verfassung 
im Wege des Gewohnheitsrechts möglich ist, wenn auch die 
Bildung von gewohnheitsrechtlichen Staatsrechtsnormen durch 
die Existenz der Reichsverfassung sehr eingeschränkt ist. Die 
Bedeutung der Frage, ob eine kaiferliche Initiative anzunehmen 
ist, liegt darin, daß einmal in diesem Falle eine Verantwortlichkeit 
des Kanzlers gegenüber dem Reichstag und dem Bundesrat, 
nicht aber eine solche auf seiten der preußischen Minister dem 
preußischen Landtage gegenüber bestünde, ferner auch darin, 
daß das preußische Ministerium nicht das Recht habe, die 
Vorlagen der kaiserlichen Regierung vor ihrer Einbringung 
im Bundesrate zu prüfen, sondern dies lediglich im Ermessen 
des Reichskanzlers stände. Von der Beantwortung dieser zwei 
Fragen hängt die Entscheidung über ein kaiserliches Initiativ— 
recht ab. 
3. Fischer und Bornhak suchen nun nachzuweisen, daß 
wegen der die preußischen Vorlagen überwiegenden Zahl der 
vom Reichskanzler im Namen des Kaisers an den Bundesrat 
gebrachten Anträge viel mehr kaiserliche als preußische Anträge 
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liegt nicht in der Stellung eines Kanzlers. Der Kanzler ist nach der 
Verfassung der verantwortliche Beamte der Exekutivgewalt, aber dem 
Kanzler die Verantwortlichkeit für jede genommene oder nicht genommene 
Initiative auf dem Gebiete der Gesetzgebung zuzuschieben, das ist eine 
Ungerechtigkeit. Die Initiative auf dem Gebiete der Gesetzgebung ist ein- 
mal beim Reichstage, er hat sie nur zu nehmen, er hat nur die Gesetze 
auszuarbeiten; dann aber ist sie wesentlich bei den einzelnen Regierungen, 
und darauf war die Verfassung ursprünglich zugeschnitten.“ Auf den An- 
trag des Abg. Dr. Barth u. Gen.: „Der Reichstag wolle beschließen, den 
Herrn Reichskanzler zu ersuchen, beim Bundesrat zu beantragen, usw.“ 
äußerte Fürst Bismarck am 26. März 1884, Sten. Ber. I, S. 224 f., daß 
im Bundesrate nur von einer Initiative der einzelnen Regierungen die 
Rede sein könne. Über den Gebrauch, Vorlagen „im Namen des Kaisers“ 
im Bundesrate einzubringen, dußerte er folgendes: „Was nun die staats- 
rechtliche Seite der Sache anbelangt, so ändert eine üblichkeit nichts an 
den Bestimmungen der Verfassung. Ich habe früher auf die Form soviel 
Gewicht nicht gelegt; aber nachdem ich habe vernehmen müssen, daß man 
von sehr kompetenten — ich kann wohl sagen gelehrten — Geschichts- 
kennern mich einer Machterweiterungsbestrebung zeiht, bin ich entschlossen, 
genauer darauf zu halten, daß niemand dem Reichskanzler eine Attri- 
bution, eine Kompetenz beilegt, die ihm verfassungsmäßig nicht zusteht.“
	        
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