Full text: Der Geschäftsgang im Bundesrat.

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Vertreter eines andern Bundesstaates, falls Preußen im Vorsitz 
vertreten werden sollte;?5) denn die Präsidialstimme leitet ihre 
Kraft nicht von dem Vorsitz im Bundesrate, sondern von dem 
Bundespräsidium Preußens ab, sodaß also ein spezielles Vor- 
recht Preußens vorliegt. 
Eine bestimmte Präsenzziffer ist nicht vorgeschrieben,“) 
so daß anzunehmen ist, daß der Bundesrat bei Anwesenheit 
auch nur eines Mitgliedes nach gehörig angesagter Sitzung be- 
schlußfähig ist. 5) Ob und wie viele Bevollmächtigte zu den 
Sitzungen erscheinen, ist Sache ihrer selbst und ihrer Regie- 
rungen und hat auf den Gang der Verhandlungen und Ab- 
stimmungen im Bundesrate keinen ummittelbaren Einfluß. ) 
liber die Form der Abstimmungen ist keine Bestimmung 
getroffen, sodaß diese formlos erfolgen. Verschiedene Ab- 
stimmungsarten und -formen, wie der Reichstag sie kennt, er- 
übrigen sich auch hier, da bei der geringen Anzahl der Beteiligten 
Schwierigkeiten nicht entstehen können. · 
1. Von dem Grundsatz, daß einfache Stimmenmehrheit 
im Bundesrate entscheidet, gibt es mehrere, sehr wichtige Aus— 
nahmen. So bestimmt Art. 78 Abs. 1 S. 2 Reichsverfass. 
  
56) Laband, Staatsr. I, S. 283, A. 3, Reichsstaatsr., S. 70; Seydel, 
Jahrb. III, S. 281, Komm., S. 147; Schulze, Lehrb. II. S. 66; Loening, 
S. 63; v. Jagemann, S. 84; Hensel, Annalen des D. Reichs 1882, S. 11; 
Meyer, Lehrb., S. 435; Arndt, Staatsr., S. 96. A. A. v. Mohl, S. 236; 
Bluntschli, S. 372. 
57) Vgl. für den Reichstag Art. 28, S. 2 Reichsverfass. und die Be- 
gründung des Abg. Lasker im Nordd. Reichstage 1869, Mat. III, S. 1188. 
Vgl. Laband, Staatsr. I. S. 242; Seydel, Komm., S. 146; Arndt, Staatsr., 
S. 95, Komm., S. 117; Dambitsch, S. 238 f.; Rönne, Staatsr. I. S. 204, 
Verf.-Recht, S. 149; Westerkamp, S. 100; Anschütz, Enz., S. 544. — Der 
Ausdruck „Quorum“ für die Beschlußfähigkeitszahl entstammt der Bestal- 
lungsurkunde der englischen Friedensrichter, wo es hieß;: „ duorum 
aliqduem vestrum (dann folgen die Namen) . unum esse volumus“. 
58) A. A. Pözl, Krit. Vierteljahrsschr. f. Gesetzg. ustw., Bd. 16, S. 81, 
der die Ansicht vertritt, zu einer Beschlußfassung im Bundesrat sei nötig. 
„daß mehr als die Hälfte der in demselben überhaupt bestehenden Stimmen 
vertreten seien“. Die Verfassung bietet hierfür keinen Anhalt, im Gegenteil 
steht mit dieser Auffassung Art. 7, Abs. 3, S. 2 im Widerspruch. 
59) v. Rönne, Staatsr., S. 204; Westerkamp, S. 100; Kliemke, S. 20; 
Laband, Staatsr. I, S. 242; Dambitsch, S. 245; v. Mohl, S. 235.
	        
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