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und einem Volkshause, das durch direkte und geheime Wahlen
gebildet werden sollte, gegenüberstehen. Das Staatenhaus hatte
den nordamerikanischen Senat und den schweizerischen Ständerat
zum Vorbilde, nur daß bei diesen die Stimmenverteilung in
den Einzelstaaten die gleiche war, während sie in Deutschland
zwischen 40 (Preußen) und 1 differierte. Das Staatenhaus fand
sich auch in dem Reichsverfassungsentwurf vom 29. Mai 1849.
Die Teilung des Reichstags in ein Staaten= und Volkshaus
erschien auch bei Errichtung des Norddeutschen Bundes im
Jahre 1866 vielen als wünschenswert.“") Aber allen Erwartungen
zuwider fand sich in dem von der preußischen Regierung fest-
gestellten Verfassungsentwurf eine ganz andere Einrichtung, der
heutige Bundesrat.5) Dieser lehnt sich eng an die Minister-
konferenzen, die zum Zwecke der Beratung des Verfassungs-
entwurfs im Winter 1866/67 in Berlin tagten, an.
II. Als nun mit der Gründung des Norddeutschen Bundes
der Bundesrat ins Leben trat, wurde er zum Gegenstande vieler
Anfeindungen oder doch besorgnisäußernder Kritiken. Man
befehdete ihn als eine Einrichtung, die nicht in den Rahmen
eines Bundesstaates hineinpasse, und weil ohne Vorbild, in
ihrer Entwicklung nicht überblickt werden könne, als eine Ver-
sammlung, die durch ihre Zusammensetzung und die Anzahl der
Mitglieder eine sehr schwerfällige und langsame Erledigung der
laufenden Geschäfte bedinge und in kritischen Zeiten, namentlich
wegen der Geschäftserledigung durch Ausschüsse, versagen werde, )
4) Auerbach, S. 21 f. .
5) Vgl. zur Entstehungsgeschichte und Charakterisierung des Bundes-
rates die Rede v. Sybels im verfassungsberatenden Reichstage 1867.
Sten. Ber. S. 325 f.
60) So der Abg. Miquel im konst. Reichstage am 23. März 1867.
Sten. Ber. S. 345: „Es wird sich bald finden, daß die Inkonsequenz, die
in dem Entwurf liegt, wonach das Heer und die Post einheitlich verwaltet
und geführt werden soll, wonach aber das Eisenbahnsystem und die gesamten
Finangen, wenn ich wenigstens die Bestimmungen im Art. 8 über die Bil-
dung von Ausschüssen recht verstehe, verwaltet werden sollen von Ausschüssen,
daß diese fatale Konsequenz nicht in der ersten Krisis vorhält. Im Frieden
mag das gehen, im Kriege aber muß der Finanzminister des Bundes ebenso
einheitlich handeln wie der General. Es wird sich zeigen, daß in dem
Augenblick, wo diese Krisis hereintritt, mit der Verwaltung von Ausschüssen,