Full text: Der Geschäftsgang im Bundesrat.

— 3 — 
die, wie alle zahlreichen Kollegien, „für neue und geniale Ge— 
danken nach aller Erfahrung ein ungünstiger Boden sei“,) 
außerdem und vor allem dem Partikularismus eine neue Pflanz- 
stätte bereite. Anderseits wurde der Bundesrat auch als das 
hervorragendste und reifste Werk des Fürsten Bismarck gefeiert. 
Jedenfalls waren die meisten der Uberzeugung, daß es sich hier 
um etwas vollständig Neues und künstlich Gemachtes, um eine 
Erfindung des Gründers des Norddeutschen Bundes handle, 
die als absolut neuer Faktor in der Reichsregierung jeder 
historischen Grundlage entbehre.“) 
III. Es ist nun aber nicht zu leugnen, daß gerade der 
Bundesrat in den staatsrechtlichen Institutionen der Vergangen- 
heit Deutschlands Anknüpfungspunkte zeigt, sodaß von einer 
historisch gänzlich zusammenhanglosen und willkürlichen Neu- 
schöpfung Bismarcks nicht die Rede sein kann, sondern das 
geschichtliche Werden und Herauswachsen des Bundesrates aus 
den gegebenen Verhältnissen klar erkennbar ist.) 
Anderseits ist zu sagen, daß eine andere, vollständig über- 
einstimmende Einrichtung im Staatsrecht weder eines fremden 
Bundesstaates noch auch Deutschlands sich finden läßt. Was 
das letztere betrifft, so ist es ja auch natürlich, daß die Ver- 
schiedenheit iu der rechtlichen Gestaltung des alten Reiches 
(ständisch beschränkte Monarchie), des deutschen Bundes (Staaten- 
bund) und des neuen deutschen Reiches (Bundesstaat) eine von- 
einander abweichende Struktur der darin bestehenden Einrich- 
tungen notwendig zur Folge hat. 
  
die aus den Vertretern der kleinen Staaten zusammengesetzt sind, nicht aus- 
zukommen ist." Diese Befürchtungen haben sich in der Folgezeit nicht 
bewahrheitet. 
7) v. Mohl, S. 240 f. 
8) So nannte v. Mohl S. 230 den Bundesrat eine „proles sine matre 
creata“. — Diese Ansicht stützte sich vor allem auf die eigentümliche Kon- 
struktion des Bundesrates, die von der herkömmlichen staatsrechtlichen 
Schablone so sehr verschieden war. (So auch v. Rönne, Staatsr., S. 196; 
v. Mohl, S. 232, 230 f.; Zorn, Staatsr. I, S. 152; Laband, Staatsr., S. 234; 
v. Kirchenheim, S. 302; F. Müller, S. 44; Schulze, Lehrbuch II, S. 47). 
9) Laband, Staatsr. I, S. 234 f.; Zorn, Staatsr. I, S. 149; Schulgze, 
Lehrb. II, S. 4 f.; Arndt, Staatsr., S. 88. 
1
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.