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der Reichsgewalt befolgt worden, steht ganz in deren freiem
Ermessen. Desgleichen kann der Ausschuß für die auswärtigen
Angelegenheiten keinen Zwang dahin ausüben, daß und wann
bestimmte Mitteilungen seitens der Leitung der auswärtigen
Politik über diese an ihn gelangen. So steht es der Reichs-
regierung auch frei, die Aufklärungen statt im Ausschusse un-
mittelbar im Plenuma#) oder nur einzelnen Bevollmächtigten
auf dem Auswärtigen Amt zu geben oder auch die bei den
Einzelstaaten beglaubigten preußischen Gesandten mit der Be-
nachrichtigung ihrer Empfangsregierungen zu betrauen. 2)
1. Staatsminister Delbrück äußerte über die Stellung
des Ausschusses im Reichstage 20) folgendes: „Je weiter sich
der Bund ausdehnt und je mehr größere Staaten ihm bei-
treten, desto mehr tritt das sachliche Bedürfnis vor, daß
nicht blos, wie bisher geschehen ist, durch gelegentliche Mit-
teilungen an die Gesandten und an die im Bundesrate ver-
sammelten Vertreter der Bundesregierungen, sondern in einem
formell geregelten Wege Mitteilungen über den Gang der
politischen Lage gemacht werden. Es liegt in der Natur der
den Ausschüssen des Bundesrates überhaupt zugewiesenen Funk-
tionen, daß die Instruierung der Gesandten diesem Ausschusse
24) Dambitsch, S. 255; Laband, Staatsr. I, S. 254, der zum Be-
weise die Protokolle des Bundesrates 1871, §8 52, 93, 121 anführt.
25) Vgl. v. Jagemann, S. 85 f.
26) Sitzung vom 5. Dez. 1870, Sten. Ber., S. 69 f.; vgl. dazu seine
Worte in der Reichstagssitzung vom 8. Dez. 1870, Sten. Ber., S. 140: „Es
liegt in der Natur eines Bundesverhältnisses, daß diejenige Macht, welcher
die völkerrechtliche Vertretung nach außen und die Leitung der allgemeinen
Politik verfassungsmäßig zusteht, in den wichtigen Fragen sich in fortwäh—
render Fühlung mit den anderen Bundesgliedern erhält. Es ist dies bisher
im Nordd. Bunde immer geschehen, und daß es auch im neuen Bunde ge-
schehen muß, liegt in der Natur der Sache. Es schien nun, daß der ein—
fachste, richtigste und klarste Weg zur Herstellung dieser Verbindung die
Schaffung eines solchen Ausschusses war. Es kommt hier nicht bloß dar—
auf an, Mitteilungen hinzunehmen, sondern die Ansicht desjenigen Staates
zu hören, welcher die Mitteilung macht. Der Mittelpunkt dieser Mittei—
lung soll in Zukunft der diplomatische Ausschuß sein, und er ist als Ersatz
für einen anderen unbedingt gebotenen, aber, wie mir scheint, entschieden
weitläufigeren Weg.“ Vgl. auch Hirths, Annalen III, S. 744 u. 7ö9. Vgl.
endlich die Verhandlungen des bayerischen Landtags 1870/71, IV, S. 24.