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praktisch nur sehr schwer durchzuführen und daher unpraktisch
sein würde. Sicher ist jedenfalls, daß durch derartige Gesetze
der Einzelstaaten die Reichsgesetzgebung tatsächlich von der Mit-
wirkung der Einzellegislaturen abhängig würde. Die Landtage
bekämen hierdurch auf die Tätigkeit des Bundesrates selbst einen
Einfluß, der sogar durch allgemeine Versagung der Zustimmung
zur Instruktion einen Stillstand dieses wichtigen Reichsorgans
zustandebringen könnte. Aber diese Macht, welche jedenfalls
den Absichten der Verfassung widersprechen würde, haben auch
jetzt schon die Einzelregierungen. Deshalb darf und kann aber
aus der Verfassung ein Verbot zu der eben bezeichneten Landes-
gesetzgebung nicht hergeleitet werden, weil dadurch den Grund-
lagen der Reichsverfassung Gefahr entstehen könnte. Im übrigen
wird einer derartigen Gefahr das Reich selbst durch eine Ver-
fassungsänderung zu begegnen in der Lage sein.
Die Folge der Außerachtlassung des durch ein Landes-
gesetz zugelassenen Zustimmungsrechts der Volksvertretung
würde aber nur eine innerstaatliche Verantwortlichkeit der betr.
Regierung sein, dagegen würde nicht die Gültigkeit der Stimm-
abgabe des Bevollmächtigten im Bundesrate oder gar des
Bundesratsbeschlusses selbst in Frage gestellt werden können;
denn dem Bundesrate gegenüber vertritt nur der Bevollmächtigte
den Einzelstaat und ausschließlich die Bundesratsabstimmung
gilt als Wille der Bundesstaaten. 41) T
Es ist an dieser Stelle noch als historische Reminiszenz
zu erwähnen, daß, als im Jahre 1884 der preußische Staats-
rat einberufen wurde, dieser gemäß der Eröffnungsrede des
damaligen Kronprinzen auch über die Stimmführung Preußens
im Bundesrat gutachtlich gehört werden sollte, „so oft die Be-
41) Einige Schriftsteller wie Zorn, Staatsr. I. S. 134 f.; Seulen,
S. 41 f. sind der Ansicht, daß die Zustimmung zur Abänderung eines
Sonderrechts aus der Sphäre der Gesetzgebung immer der Mitwirkung
der gesetzgebenden Faktoren des Bundesstaats bedürfe, ohne welche staats-
rechtlich keine. Instruktion vorhanden und eine Abstimmung im Bundesrat
nichtig sei. Dieser Auffassung ist aber nicht beizupflichten. Es liegt kein
Grund vor, eine Abweichung von der oben festgestellten Form anzunehmen.
Es ist nur bestimmt, daß zur Abänderung eines Reservatrechts die Zustim-
mung des bisher Berechtigten erforderlich sei, die durch seinen Vertreter
im Bundesrate geschieht. ·
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