Full text: Der Geschäftsgang im Bundesrat.

a. Der erstgenannte Weg scheint der am wenigsten 
gangbare und für Reich und Einzelstaaten nachteiligste zu sein. 
Abgesehen davon, daß Meinungsverschiedenheiten über die Ver- 
tretungepflicht der Staaten bestehen, ist es nicht angängig, daß 
ein Bundesglied das wichtige Mitgliedschaftsrecht der Vertretung 
im Bundesrate ohne seine Schuld verliert, daß ferner die durch 
die Reichsverfassung festgelegten Abstimmungsverhältnisse im 
Bundesrate verändert werden. 
h. Auch über die Frage, ob eine schriftliche Abstimmung 
der Regierungen unter Ausschaltung der Bevollmächtigten zu 
einem Bundesratsbeschlusse ausreichend ist, herrscht Streit. Be— 
jaht man diese Frage, die später noch ausführlicher zu unter— 
suchen ist, dann kann allerdings der genannten Schwierigkeit 
auch so begegnet werden. Auf die Dauer ist aber doch wohl 
eine derartige Beteiligung an der Reichsregierung unmöglich, 
weil damit der direkte Zusammenhang unter den Bundes- 
mitgliedern zerrissen wird, der betr. Bundesstaat an den Be- 
ratungen nicht teilnehmen könnte und auch sonstige Geschäfte 
seinerseits nicht erledigen kann. 
c. Gegenüber den beiden ersten Möglichkeiten, die Schwierig- 
keit der dauernden Entsendung eines für jeden Staat separaten 
Bevollmächtigten zu beheben, erscheint die Einrichtung der Doppel- 
vertretung mehrerer Staaten zwar als eine Unregelmäßigkeit, 
aber als diejenige, die am unschädlichsten ist und dem Wesen 
der Verfassung am meisten entspricht. Hier ist der betr. Glied- 
staat vertreten bei den Beratungen, bei den Abstimmungen 
und bei allen anderen Bundesratsgeschäften. Dabei kommt 
die Meinung des Einzelstaates ungehindert zum Ausdruck, da 
der Bevollmächtigte für jeden von ihm vertretenen Staat ge- 
sondert gemäß seiner Instruktion (vielleicht verschieden) abstimmen 
kann und muß.) 
3. Noch eine andere Einrichtung ist zu erwähnen, die, 
weil man sie zur Zeit des Norddeutschen Bundes noch nicht 
kannte, in der Reichsverfassung nicht erwähnt wird, sondern im 
88) Dies verstößt nicht gegen das Prinzip der einheitlichen Stimmen- 
abgabe; denn hier vertritt das Bundesratsmitglied mehrere Staaten und 
hat verschiedene Instruktionen erhalten. Nicht die Bevollmächtigten, sondern 
die Staaten stimmen ab.
	        
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