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die innere Verwaltung der Fürstentümer übernommen. Aus—
genommen ist aber die Verwaltung, welche dem Fürstlichen
Konsistorium in seiner Eigenschaft als Oberkirchenbehörde zu-
steht, sowie das Stift Schaaken. Preußen unterstehen auch
die Reichsfinanzen (ausgenommen die des Konsistoriums) und
der König von Preußen ist Inhaber der vollen Staatsgewalt,
soweit diese die innere Verwaltung betrifft; doch übt er diese
im Namen des Fürsten von Waldeck und entsprechend der
Verfassung und den Gesetzen der Fürstentümer aus. Der Fürst
hat die wesentlichen Sonveränitätsrechte behalten, so die Ver-
tretung des Staates nach außen, das Begnadigungs= und das
Zustimmungsrecht zu Verfassungsänderungen und Gesetzen,
letzteres aber nicht bezüglich der Organisation der Justiz= und
Verwaltungsbehörden. Sein Vertretungsrecht nach außen übt
der Fürst durch einen vom König von Preußen ernannten
Landesdirektor und unter dessen Verantwortlichkeit aus. Die
Vertretung nach außen umfaßt auch das Recht, einen Vertreter
im Bundesrate zu ernennen, sodaß diese Befugnis dem Fürsten
von Waldeck verblieben und nicht auf Preußen übergegangen ist. 30)
Der Akzessionsvertrag wurde am 24. November 1877 unter
Ausdehnung auf Stift Schaaken um 10 Jahre und am 2. März
1887 3°) auf unbestimmte Zeit, jedoch mit einer Kündigungsfrist
von zwei Jahren, verlängert.
WV. Von dem im vorigen Abschnitt behandelten Fall einer
Beschränkung der staatlichen Selbständigkeit eines Bundesgliedes
36) Fürst Bismarck bemerkte in der Sitzung des preußischen Abge-
ordnetenhauses vom 11. Dezember 1867, Sten. Ber. I, S. 392 bezüglich
eines etwaigen Wegfalls der Waldeckschen Stimme: „Die Einverleibung
Waldecks würde der Bundesgesetzgebung bedürfen; das wird ohne weiteren
Beweis einleuchten, wenn ich darauf aufmerksam mache, daß die Waldecksche
Stimme und deren Bezeichnung, sowie die bisherige Stimmenzahl ein in-
tegrierender Teil der Bundesverfassung bilden, daß also, um einer dieser
Stimmen verschwinden zu lassen, eine Anderung der Bundesverfassung un-
vermeidlich wäre“ und S. 394 „daß Waldeck eine Stimme habe und führe,
ist das Recht aller, und sie kann ihm nicht ohne denjenigen Modus der für
die Verfassungsänderungen vorgeschrieben ist, genommen werden. Daß
Waldeck die Stimme ruhen lasse, steht allerdings jeden Tag im Belieben
des Fürsten, aber einen bindenden Vertrag darüber abzuschließen, das
würde nichtig sein.“
37) Preuß. G. S. 1887, S. 177.