warme Ofen, das unbemerkt zubereitete Essen, das auf
weißem Linnen steht und wie ein „Tischlein deck dich“ so oft
da ist, wie man Hunger hat. Ein liebes, mit süßer Heimlich-
keit getränktes Wort einer Frauenstimme klingt als Erinne-
rung im Ohr, wie es der halbfremde Kamerad nie sagen kann.
Die Lider klemmen sich eng zusammen, fieberheiß wird's
in den Augenhöhlen, und der Stärkste wendet sich endlich
und tut, als ob er an rein gar nichts denke. Das sind
Hemmungen des Mutes, die sich immer wieder melden.
Aber ist der mächtigere Drang deswegen aufzuhalten, der
Drang dorthin, wo die Hemmungen niedergerungen werden
müssen? Nein, die körperliche Nähe des Feindes berauscht
und macht das ganze Bürgertum verschwinden.
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dem Mann, der bei der letzten Aufstellung vor dem Ba-
taillonskommandeur einen Schaden an seinen Stiefeln hat,
die er acht Tage lang hat „eintreten“ müssen, damit sie
ihm gewissermaßen anwachsen; oder ein gestopftes Loch
im Handschuh! Ohne Weigern bekommt er neue Paare.
Vom tadellos schießenden Gewehr bis zum Verbandpäckchen,
vom Helm bis zum Strumpf, vom dicken Mantel und der
Zeltbahn bis zur Erkennungsmarke, von der kriegomäßigen
Löhnung bis zur eisernen Ration und zum Gesangbuch
liegt alles wochenlang vorher bereit, um an einem Vor-
mittag vom ganzen Bataillon „gefaßt“ werden zu können.
Feierlich neu angetan — sollten sie da nicht strahlend zum
Bahnhof ziehen, zu den Brüdern ins fremde Land, zur
Siegeohilfe! Oberleutnant Ferdinand Gregori.
Pionierpark des XII. Armeekorps
Ein Fest für sich ist die Vereidigung. Luthers Kriegslied
erbraust, durch die Orgel über die Alltagsherzen und -sinne
hinausgetragen. Die Mächte, die in diesem Gedichte ruhen,
lassen den Langweiligsten erbeben. Hinterher einige Bibel-
worte, aus den Pfalmen, eine kurze Erläuterung, dann
geht's hinaus vor die Kirchenpforte, wo den wohlbereiteten
Gemütern zum erstenmal die Ecclesia militans erscheint:
Major und Pfarrer im Zusammenwirken. Der Degen zischt
aus der Scheide; die Rekruten legen die Hand darauf und
sprechen dem Adjutanten den Schwur nach. Ein an der
Kirchenwand aufgestellter Zug präsentiert das Gewehr. Und
die Gegengabe des Vaterlandes für das Bekenntnis der
bräutlichen Treue ist die sorgfältige Aussteuer, die an
einem zweiten Festtage dem jungen Hochzeiter zuteil wird.
Das graue Ehrenkleid unmittelbar aus des Schneiders
Händen. Wir Offiziere legen genau denselben Rock an,
dem nur andre Achselstücke aufgeheftet werden. Die Zwirn-
arbeit ist fest wie für den Erbschrank eines Bauern. Wehe
Craonnelle
Am §. Januar 1915 — es war gegen Abend — gingen
sechs Mann von der 2. Kompagnie 178, die den Weg
schon einmal am frühen Morgen gemacht hatten, gegen
die Schloßmauer von Craonnelle vor. Sie hatten Befehl,
irgendwie einen Gefangenen zu machen, wenigstens das
ihnen gegenüberliegende feindliche Regiment genau fesit-
zustellen. Bis auf 150 Meter kamen sie im Dunkeln an
die Mauer heran. Da sah einer im Parke ein Glühwürm-
chen leuchten — mitten im Winter, knapp nach Neujahr,
das war doch sogar im milden Frankreich unmöglich. Es
musste wohl eine brennende Zigarre sein. — Also war
Vorsicht geboten.
Unteroffifier Schüttoff teilte die Patrouille. Da hatte
man die Deutschen aber auch schon wahrgenommen und
ließ beim Feinde Leuchtraketen aufsteigen. Die sechs Sachsen
krabbelten auf dem Bauche bis an die Parkmauer und an