Full text: Sachsen in großer Zeit. Band I. (1)

ein Vater zu uns war, mit uns sein Brot teilte, zwischen 
uns wie ein gewöhnlicher Soldat schlief, er sank von 
einer Schrappnellkugel durch die Stirn getroffen, vorn- 
über. — — „Kinder — aushalten!“ waren seine letzten 
Worte. 
Eine Wut packte uns! Aber aushalten, aushalten, 
ruhig liegen. Nach einer Stunde kam der Befehl zum Rück- 
zug auf das nächste Dorf. Unsere Artillerie mußte erst 
über die Sümpfe herankommen, am andern Tage sollten 
wir dann wieder vorgehen, die heutigen Opfer sollten nicht 
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Die Feinde treffen doch nichrs 
Im Frühjahr los wurde im Abschnitt eines Grenadier- 
Regiments durch die wackeren Pioniere festgestellt, daß 
die feindlichen Minenanlagen bis unter die Stellungen des 
Regiments gelangt waren. Es mußte also in nächster Zeit 
mit Sprengungen gerechnet werden. Um dieser Gefahr zu 
begegnen, wurde befohlen, daß die vordersten feindlichen 
Gräben in dem gegenüberliegenden Waldstück, die Aus- 
gangsherde der feindlichen Minenanlagen, im Sturm ge- 
umsonst gebracht sein! 
Unser Feldwebelleutnant — 
ich sehe ihn noch im Geiste 
mit lächelndem Munde den 
Brief an seine Braut schreiben 
— wurde schwer verwundet 
und ist in russische Gefangen- 
schaft geraten. 
Deutsche Farben 
wehen im Morgenwind 
In einer naßkalten Februar- 
nacht stand Gefreiter Kalt- 
ofen aus Chemnit, (s. Komp. 
Infanterie-Regiment 104) im 
Schützengraben auf Posten. 
Das Auge kann die mondlose 
Finsternis kaum auf Schritt- 
länge durchdringen. Um so 
mehr muß man sich im Dun- 
keln aufs Gehör verlassen. 
Drüben beim Feinde scheint 
man in einem der vorderen 
Gräben zu arbeiten, wenigstens 
trägt der kühle Nachtwind von 
Zeit zu Zeit verdächtige Ge- 
räusche herüber. Und Kalt- 
ofen wollte, nein, er mußte 
wissen, was man da drüben 
vorhat. Kriechend arbeitet er 
sich langsam und lautlos vor, 
bis er den ersten feindlichen 
Graben erreicht hat. Er war 
leer von feindlichen Wacht- 
posten, im übrigen voll Wass- 
ser. Über den Graben hin- 
weg tastete sich Kaltofen 
  
  
— 
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O 
P 
" 
chipper-lLliedc 
  
Me1 : Das Nandern ist des Müöllers Lust 
  
Im Felde ged- von VicefeldwBolle 4/142. 
Der 4. Konp Arm. Batl.Hientzsch gewidnet. 
—— 10— ––— 
Das Schippen wacht uns herzlich Lust, 
Es stärkt die uskein, be hebt die Brust: 
IAppen 
Das miss ein schlechter derapper sein, 
Dem nicht im Schlaf käm's Se 
Das Schippen- 
Früh morgens, venn die Hähne krähtn, 
Kannst Du schon a#f den Bein en sehn: 
Die Schipper 
Oft kommt der Abend, auch d#e Nacht, 
Bbis dass sein olssrei hat vvollbraehte= 4: 
fß Schipper 
0% Lends turmmonn, ob Beservist, 
Ob Doktor, ob Du Se#zes bist 
als Schipper 
Der Krieg, er machet alle gleich 
Es ist Kamer ad hi er Arm und hBei ch: /: 
nur Schipper. 
. Ob's stürmt, ob's nesyer: ! ?s schneit, 
Die Gräben wvn meilen 
z Sci per 
Und kommt der ber n auch an zu Hauf! 
Dann Scht mit Art und Spaten drauf: : 
Der Schipper 
kGar wencher liegt im blut'gen Feld 
n Heid - 
Im Feindeslende: f auch ei 
* sehspper 
Und venn vom 5n rieg man spricht, 
Vergesst mir Genr die isi*i-*t nicht:: 
e Schippe 
So schuften wvir mit Herz und land 
För Kalser und für Vaterland. 
Vir Schipper. 
Bias dass des Friedens bo##e winkt, 
Die allee uns nach Hause bringt:: 
Uns Schipper 1 
ppen ein:: 
nommen werden sollten. Die 
Entfernung zwischen den Gri- 
ben betrug nur einige 20 Me- 
ter. In diesem Raume lagen 
aber zwei gewaltige, tiefe 
Trichter, die durch frühere 
Sprengungen entstanden wa- 
ren. Sie waren durch ei 
Gewirr von Drahtreitern ge- 
sperrt und konnten von den 
Franzosen von beiden Seiten 
flankierend eingesehen wer- 
den. Durch diese Trichter 
mußte der Sturm erfolgen. 
Nach kurzer heftiger Vorbe- 
reitung durch Artillerie= und 
Minenfeuer brachen die Sturm- 
kolonnen von zwei schmalen 
Stellen aus vor. Der Angriff 
kam den Franzosen über- 
raschend; ohne nennenswerte 
Verluste gelangten die vor- 
dersten Sturmkolonnen in fri- 
schem beribaften Anlauf in 
die feindlichen Gräben. Dort 
wurde in blutigem Hand- 
gemenge mit Spaten und 
Handgranaten der sich tapfer 
wehrende Feind Schritt für 
Schritt zurückgedrängt. 
Die örtlichen Verhältnisse 
brachten es mit sich, daß die 
nachfolgenden Verstärkungen 
der in schwerem Kampfe 
stehenden vordersten Sturm- 
truppen nur allmählich durch 
den Minentrichter folgen konn= 
ten. Inzwischen setzte das 
Feuer der feindlichen Artillerie 
ein Es richtete sich gegen 
  
nun unverzagt bis an die 
feindlichen Stolperdrähte her- 
die beiden Minentrichter, die 
überdies noch unter schwerstem, 
  
  
an, schnitt sie durch und schob 
sich, auf dem Bauche kriechend, durch breite Wasser- 
lachen, durch den zähen Lehmschlamm und kam un- 
gesehen, unentdeckt bis an die spanischen Reiter heran. 
Hier blieb er, angestrengt horchend, liegen. Nichts rührte 
sich, außer den feindlichen Posten, die, nur wenige 
Schritte von ihm entfernt, ahnungslos schwatzten. Hatte 
ihn“ nun sein Ohr getäuscht oder hatten die Feinde be- 
gonnene Arbeiten wieder eingestellt, genug, Kaltofen hatte 
sich Klarheit verschafft. Und, damit auch der Gegner 
nicht im unklaren bleiben sollte, wie nahe ihm der Deut- 
sche in den Nacht auf den Leib gerückt war, pflanzte 
der Beherzte ein Fähnchen, das er mit gutem Vorbedacht 
zu sich gesteckt hatte, dicht vor dem feindlichen Schützen- 
graben auf. 
So kam's, daß die deutschen Farben vor der englischen 
Stellung im Morgenwinde wehten. 
flankierenden In anterie= und 
Maschinengewehrfeuer lagen. Es gab Verluste; eine ge- 
ringe Anzahl Leute stockte und suchte Schutz an den 
tiefsten Stellen der Trichter. Der mit seinem Zuge 
folgende Offiziersstellvertreter Hertel aus Schönberg 
(Amtshauptmannschaft Plauen i. V.) von der 2. Kom- 
pagnie, sprang im wütenden Feuer des- Feindes auf den 
ganz ungedeckten Nand des Trichters und rief: „Nur vor- 
wärto. Seht her, die Feinde treffen doch nichts!“ Sein 
kübnes Beispiel wirkte. Mit frischem Mut stürmten die 
Leute wieder voran. Hertel aber harrte an der gefährlichen 
Stelle aus, bis er die Sicherheit hatte, daß alles wieder 
vorwärts ging. Dann eilte er in das fortdauernde Hand- 
gemenge, in dem er sich besonders auszeichnete. 
Der Kampf wurde siegreich beendet, einige 40 Ge- 
fangene, 2 Minenwerfer und reiches Kriegsmaterial waren 
die Beute. Die feindlichen Minenanlagen kamen in unsere 
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