Full text: Sachsen in großer Zeit. Band I. (1)

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Hand. In blutigen Kämpfen wurde die eroberte Stellung 
gegen vielfache Angriffe der Franzosen behauptet und aus- 
gebaut. 
Der brave Hertel, dessen Brust das Eiserne Kreuz I. 
und II. Klasse und die St. Heinrichs-Medaille schmückten, 
fand im Herbst, kaum von einer Verwundung wieder her- 
gestellt, in aufopfernder Pflichterfüllung den Heldentod. 
Seinem Namen ist ein unvergänglicher Platz in der Ruhmes- 
geschichte des Regiments gesichert. 
Beim Wasserschöpfen im Unterstand 
Da auch die angelegten Hindernisse durch das Wasser 
beschädigt werden, ist ständige Beobachtung des Feindes 
geboten. Daß die oft 
Bursche rief mir zu: „Mitten durch den Kopf.“ 
Und eiligst lief ich zur Halde, um die Krankenträger 
zu holen. Der Gefreite, der sie führte, machte ein be- 
denkliches Gesicht. 
Auf einer Bahre wurde von vier Mann der Schwer- 
verwundete davongetragen. Ich sehe jetzt noch sein gelbes, 
blutbeflecktes Antlitz. Der Leutnant lehnte an der Seiten- 
wand des Grabens und sah ernst vor sich nieder, während 
aus dem Nebengraben lachend und plaudernd ein Trupp 
Kameraden Holz holen ging. Sie sahen gar nicht, daß 
man vor ihnen einen Sterbenden trug. 
Auf dem Friedhof in Lomme liegt der brave Kamerad 
begraben, der — von Anfang an im Felde — am 30. De- 
zember 1914 beim Wasserschöpfen fiel. 
  
plötzlich eindringen- 
den Wassermassen 
auch zu nächtlichen 
Überraschungen führ- 
ten, und die Tätig- 
keit des Wasserschöp- 
fens nicht ungefährlich 
war, schildert der am 
12. Mai 1015 beim 
Sturmangriff gefal- 
lene Kriegefreiwillige 
Brand, der als Ge- 
fechtsordonnanz dem 
Leutnant Förster 
3./107 zugeteilt war: 
Man konnte es 
Leutnant Förster nicht 
verdenken, daß er mit- 
ten in der Nacht sei- 
nen Burschen rief, sah 
  
er sich doch beim Licht- 
machen auf seinem 
erhöhten Lager im 
Kompagnieführer-Unterstand rings vom Wasser umgeben. 
Wir drei Ordonnanzen dagegen hatten die ganze Nacht 
warm und trocken in unserem Unterstand gelegen und 
fanden uns deohalb schnellstens zur Hilfeleistung ein. 
Zunächst versuchten wir mit einer halbwegs geflickten 
Pumpe der Wasseronot zu steuern. Bald konnte der 
Leutnant von seiner Matratze aus mit ein paar großen 
Schritten das Freie gewinnen. Doch dann reichte die 
Pumpe nicht mehr zu; der Schlauch war zu kurz, um 
weit genug in den Unterstand bineinreichen zu können. Also 
schöpften wir mit einem Eimer weiter aus. Der Bursche reichte 
mir ihn in den Graben, von mir nahm ihn der Gefreite Weber 
vom zweiten Zug unserer Kompagnie und gab ihn aus 
dem Graben der drit- 
ten Ordonnanz. Als wir 
bald fertig waren, ruh- 
ten wir eine Weile aus. 
Die anderen drei stan- 
den noch an ihrem Platze, 6 
ich wollte aus dem Un- 
terstand für die Bur- 
schen etwas holen. 
Da pfiff plötlich 
ganz nahe eine Kugel 
vorbei; hinter mir ver- 
nahm ich ein Ge- 
räusch. Ich drehte mich 
schnell um und sah, 
wie Weber dem Bur- 
schen in die ausgebrei- 
teten Arme sank. Der 
  
Schlachtfesi in Marchais 
  
Oer tote 
Kamerad 
Vor der Stellung 
des Infanterie. Regi- 
ments Nr. 181, dort, 
wo die feindliche Linie 
höchstens 40 Meter 
emfernt war, lag un- 
mittelbar hinter dem 
feindlichen Drahtver- 
hau die Leiche eines 
Kompagniekamera= 
den, der beim Sturm 
auf diese Stellung ge- 
fallen war. Es erschien 
unmöglich, den Gefal- 
lenen zu holen, da ein 
feindliches Maschinen- 
gewehr diesen Punkt 
unter Feuer hielt. Der 
Anblick des toten Ka- 
meraden aberließ dem 
Landwehrmann Adolf Pöttrich aus Frohnau bei Annaberg, 
von der 12. Kompagnie keine Nuhe. Er entschlos sich, die Leiche 
zu bergen. Geräuschlos kroch der brave sächsische Landwehr- 
mann, Vater von sechs Kindern, in der Nacht vom 21. zum 
22. November, unbekümmert um das feindliche Feuer, aus 
dem Graben heraus und schlich sich unbemerkt heran. Die 
Nacht war sehr kalt und der Leichnam angefroren. Pött- 
richs Bemühungen, ihn fortzuziehen, mißlangen. Er mußte 
zurück in den Graben, Spaten und einen Strick holen. 
Mit dem Spaten grub er die Leiche vom Erdboden ab und 
befestigte den Strick, dessen anderes Ende im eigenen 
Graben war. Den Toten herüberziehen, das war das ein- 
zig Mögliche. Oft setzte lebhafte Poschigengewehrfener ein, 
und Pöttrich mußte, dicht 
an den Boden gepreßt, 
warten, bis das Feuer 
nachließ. Beim ersten 
Bergungsversuch riß der 
Strickl Unbeirrt durch den 
Mißerfolg arbeitete sich 
Pöttrich zum dritten Male 
zum Graben zurück, den 
Gurt eines in der Nähe 
stehenden Maschinengc- 
wehrs zu holen. Diesen 
befestigte er an der Leiche, 
und nungelang esendlich, 
den toten Kameraden in 
den Graben zu bringen. 
Pöttrich kehrte un- 
verletzt zurück. 
 
	        
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