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Chemnitzer Ersatztruppen gehen an die Front
Landung eines englischen Kriegsschiffes mit Gewalt ent-
gegenzutreten. Dann stieg ich auf das Dach eines Hauses,
um das Gefecht zu beobachten.
Der Gegner der „Emden“ war der australisch-indische
Kreuzer „Sydney“, ein Schiff, ungefähr doppelt so groß
wie „Emden“, mit Seitenpanzern und erheblich schwererer
Bewaffnung. In dem Kampf litt die „Emden“ durch das
stärkere Kaliber stark. Der Gegner schoß schnell, aber sehr.
schlecht. „Emden“ war sofort eingeschossen, und die Salven
lagen vorzüglich im feindlichen Schiff, konnten aber gegen
dessen Panzer nicht ankommen. Die Treffer des Gegners
hatten große Wirkung in dem ungepanzerten Teil der
„Emden“. Nach etwa einer Viertelstunde hatte „Emden“
bereite einen Schornstein verloren und brannte am Hinter-
schiff stark. Sie stieß dann mit höchster Fahrt zum Tor-
pedoschuß auf den Gegner zu.
Später beobachtete ich von einem Dach aus. Jetzt stand
die „Emden“ wieder in See wie anfangs, 4 bis so00 Meter,
brennend. Als sie wieder auf den Gegner zudrehte, wurde
der Fockmast weggeschossen. Beim Gegner waren keine
äußeren Beschädigungen sichtbar, aber Nauchsäulen ver-
rieten die Treffer. Dann nahm die „Emden“ nördlichen
Kurs, ebenso der Feind, und ich mußte dastehen, knirschte
und dachte: „Verdammt, die Emden brennt, und
du bist nicht an Bord!“ Da nähert sich mir ein Eng-
länder, der auf das Hausdach nachgekommen ist, grüßt
höflich und fragt: „Captain, vou like to bave a tennis
game with us7“
Die Schiffe verschwanden kämpfend unter dem Horizont.
Mir schien ein unglücklicher Ausgang des Kampfes für
die „Emden“ möglich, ebenso die Landung des Feindes auf
Koeling-Island, mindestens zwecks Ausschiffung Verwun-
deter und Einnahme von Proviant. Da ferner nach An-
gabe der Engländer weitere Schiffe in der Nähe waren,
sah ich die Gewißheit vor mir, wegen Munitionsmangel
bald kapitulieren zu müssen. Aber um keinen Preis wollten
ich und meine Leute in englische Gefangenschaft geraten.
Wie ich das alles durchdenke, tauchen mit einem Male
wieder die Masten unterm Horizont auf. Die „Emden“
östlich in langsamer Fahrt. Mätzlich schießt der Gegner
in sehr hoher Fahrt vor, scheinbar dicht an die „Emden“
bheran, als eine hohe weiße Säule sich in dem schwarzen
Rauch des Feindes zeigte. Das war ein Torpedo. Ich
sehe, wie sich beide Schiffe zurückziehen, mit wachsender
Distanz, sich trennen, bis sie in der Dunkelheit verschwinden.
Das Gefecht hatte
zehn Stunden gedau-
ert, „Sydney“ brach
das Gefecht ab, und
dampfte langsam nach
Westen, „Emden“
langsam nach Osten.
Die Entfernung wur-
de immer größer, das
Artilleriefeuer ver-
stummte, und beide
Schiffe verschwanden
in der Dunkelbeit.
Ich gehe jetzt auf
die Insel zurück. Cha-
rakteristisch war wie-
der das Benehmen
der Engländer. Wäh-
rend wir allerhand zu
tun hatten, um den
Strand zu befestigen,
und während das Ge-
fecht nur erst wenige
tausend Meter ab war,
kamen sie zu uns und forderten ung auf, Tennis
zu spielen. Ebenso sagten sie uns später, sie wären recht
froh, daß ihre Station zerstört sei, denn da alle anderen
Kabel nach Australien bereits zerschnitten wären, hatten
sie immer sehr viel Uberstunden gehabt. Es war mir klar,
das die schwer beschädigte „Emden“ unter beinen Um-
ständen zurückkommen konnte, um und abzuholen. Ebensc
war mit Sicherheit zu erwarten, daß ein feindlicher Kreuzer
in den nächsten Tagen anlaufen würde, um nach der Station
zu sehen. Wenn ich auch der Landung Widerstand entgegen-
setzen konnte, so war an ein Halten gegen Schiffsgeschütze
natürlich nicht zu denken. Und die Unternehmung hätte
nach kurzer Zeit mit englischer Gefangenschaft schließen
müssen. Deswegen hatte ich bereits mittags den Befehl
gegeben, die Gott sei Dank nicht gesprengte „Ayesha“
seeklar zu machen.
„Ayesha“ war ein altes, außer Dienst dort liegendes
Segelfahrzeug von 97 Tonnen Größe und diente früher
dazu, Kopra von Keeling nach Batavia etwa zweimal jähr-
lich zu schaffen. Sie lag ohne Segel und ohne Tauwerk
da und war nur mit einem Matrosen und einem Kapitän
bemannt.
Die Engländer auf der Insel, zumal der Besitzer des
Schiffes und der Insel, Mister Noß, warnten mich ein-
dringlich, das Schiff zu nehmen, da es alt und morsch wäre;
außerdem verrieten sie mir, daß englische Kreuzer in der
Nähe der Insel wären, und daß ich sicher von einem dieser
Kreuzer gefaßt werden würde. Auch der Kapitän des
Schiffes sagte mir, als er von Bord ging, die tröstlichen
Worte: „Münsche glückliche Reise, aber der Schiffs=
boden ist durch.“
Als die Engländer sahen, daß wir trotzdem die „Ayesha“
klarmachten, erfaßten sie das ebenfalls wieder von der sport-
lichen Seite und rissen sich die Beine aus, um uns zu hbelfen.
Sie zeigten und sofort, wo Proviant und Wasser lag. Sie
rieten und, diesen Proviant zu nehmen, weil er gut wäre,
und nicht jenen etwa, der schon älter wäre. Sie fuhren
Küchengeräte, Wasser usw. höchst eigenhändig auf Loren
herbei. Von allen Seiten hagelten Einladungen zum Mittag-
essen, alte Kleider, wollene Decken, Matratzen usw. wurden
an meine Leute abgegeben. Kurz, sie taten alles, was sie
konnten, um uns herauszuhelfen. Auch kargten sie nicht
mit Natschlägen bezüglich des Kurses, und ich habe mich
später überzeugt, daß alle ihre Angaben über Wind und
Wetter, die sie mir machten, tatsächlich richtig waren. Sie