Full text: Sachsen in großer Zeit. Band I. (1)

erklärten, dies wäre ihr Dank für unsere „moderation“ 
und „generosity“. Dem letzten absetzenden Boot brachten sie 
drei Hurras und wünschten glückliche Reise. Dann schwärm- 
ten sie noch eine Weile photographierend um die „Ayesha“ 
herum. Auf dieser hatte ich inzwischen nach kurzer Ansprache 
unter drei Hurras auf den Kaiser Kriegsflagge und 
Wimpel gesetzt und ließ die „Ayesha“ durch unsere 
Dampfpinasse aus dem Hafen schleppen. Eo war die höchste 
Zeit, da eo schon dunkelte und der vielen Korallenriffe 
wegen ein Auvlaufen bei Nacht ausgeschlossen war. Ich- 
fuhr zunächst nach Wesien, um die Engländer zu täuschen, 
denen ich gesagt hatte, ich wollte nach Deutsch-Ostafrika 
fahren. Später änderte ich Kurs nach Norden. Ich bin 
nicht an Nord-Keeling vorbeigekommen, wo die „Emden“ 
auf Strand sitzen soll. Ich habe nichts von ihr gesehen, 
nichto von Schießen bemerkt, keinen Scheimwerfer gesichtet. 
Den nördlichen Kurs behielt ich bei, um nach Padang 
zu gehen. Besort rgnicerregend war die Wasserfrage. „Aye- 
sha“ hatte vier Tanks, von denen aber nur einer bioher ge- 
braucht war. Das in die anderen Tanks gefüllte Wasser 
wurde faul und ungenießbar. Gott sei Dank bekamen wir 
bald regelmäßige tropische Regengüsse, die uns genug Wasser 
lieferten, um die Tanko aufzufüllen. Zum Kochen brauchten 
wir kein Wasser, da wir hauptsächlich Konserven aßen und 
Reis und ähnliche Sachen mit Salzwasser kochten. Die 
Kleider meiner Leute waren bald nur noch Lumpen, da wir 
zum Landungsmanöver ältestes Zeug angezogen hatten 
und nur einen Anzug von der „Emden“ mithatten. Beim 
Einlaufen in Padang waren wir alle mehr oder weniger 
im paradiesischen Kostüm. Unterwegs hatten wir 
teilweise unter schweren Tropenböen und Gewittern zu 
leiden. Die Segel waren alt und schwach und mußten 
dauernd gewechselt und geflickt werden. Eines Abends 
hatten wir ein wolkenbruchartiges Gewitter, das dicht über 
uns wegzog und so stark Elektrizität ausskrahlte, daß auf 
allen unseren Mastspitzen ein besenartiges, helleuchtendes 
St.-Elmsfeuer brannte. Seekarten von der durchfahrenen 
Gegend hatten wir nicht, nur die Karten nach Batavia 
waren vorhanden. 
127 
musterte ung eingehend, suchte besonders nach dem Namen, 
der natürlich längst übermalt war, und erging sich dann 
in eingehender Betrachtung meines Rudergängers und meiner 
selbst, die wir in möglichst zerlumpten Kostümen allein an 
Deck waren. Alle anderen Leute hatte ich unter Deck ge- 
schickt. Flagge führte ich nicht. Es lag mir nichts daran, 
vorzeitig erkannt zu werden. „Lyur“ fuhr dann wieder weg, 
kam aber abendso wieder und begleitete uns dauernd, indem 
er etwa 100 Meter hinterher fuhr. Wir bedauerten ihn 
aufrichtig, denn für ihn war es sicherlich kein Vergnügen, 
mit der enormen Fahrt von einer Secemeile, mehr lief 
„Avesha“ bei dem schwachen Winde nicht, dauernd hinter 
und her zu trudeln. Es paßte uns aber nicht, wie ein 
Vagabund von einem Polizisten nach Hause gebracht zu 
werden. Und da „Ayesha“ ein Kriegsschiff war, hatte ich 
auch keinen Anlaß, mir die Begleitung gefallen zu lassen. 
Wir nahmen daher eine weiße Laterne und mit einem 
kleinen Brett, das wir vor die Laterne hielten, morsten 
wir ihn an, und ich fragte erst auf englisch und dann auf 
deutsch: „Warum verfolgen Sie mich?“ Auf das eng- 
lische Signal veranlaßte er nichts. 
Auf das deutsche Signal ging er weg und hielt sich 
weit entfernt auf. Ein Zeichen dafür, daß man eben mit 
den Leuten nur Deutsch zu reden braucht, um 
g#rstanhen zu werden und was zu erreichen. Der arme 
„Lynr“ mußte noch einen ganzen Tag in unserer Nähe 
bleiben, weil wir fast keinen Wind hatten. 
Amr nächsten Morgen befand ich mich innerhalb der 
bolländischen Hoheitsgrenzen und setzte deswegen Kriegs- 
flagge und Wimpel. Am Nachmittag des 27. November 
ankerte „Ayesha“ in Padang. Vorher hatte ich unserem 
getreuen Begleiter „Lynr“ noch ein Signal gemacht, daß 
ich zu ihm an Bord kommen wollte. Er kam darauf auch 
in unsere Nähe, und ich ging hinüber, um dem Komman- 
danten zu sagen, daß ich einlaufen wollte, wegen Seenot, 
Proviant und Wasser ergänzen, notwendige Schiffsaus- 
rüstung haben wollte und innerhalb der vorgeschriebenen 
24 Stunden wieder auslaufen würde. Der Kommandant 
  
Troßdem gelangten 
wir glücklich durch die 
zahlreichen Riffe, die 
bei den Inseln vor 
Padang liegen. 
Kurz vor Padang, 
an der gefährlichsten 
Stelle, wo immer die 
feindlichen Kreuzer 
fuhren, lagen wir 
einen ganzen Tag in 
völliger Windsiille. 
Trotz der enormen 
Hitze versuchten wir, 
„Ayesha“ mit unseren 
kleinen Booten, die 
nur drei Mann fassen 
konnten, zu schleppen, 
um wenigstens etwas 
vorwärts zu kommen. 
Püötzlich erschien vor- 
aus ein Zerstörer, den 
wir erst für einen 
Feind hielten. Später 
stellte sich heraus, daß 
es der holländische 
Zerstörer „Lynr“ 
war. Er kam dicht 
  
  
an uns heran, viel- 
leicht auf 50 Meter, 
Platzmusik in Mennewville
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.