Full text: Sachsen in großer Zeit. Band I. (1)

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Aber bald kam das erste Boot wieder in Sicht. Der 
Kommandant drehte um und schickte schnell sein kleines 
Kanoe herüber; auf dem und auf unserem Kanoe, wo jedes- 
mal zwei sitzen konnten, brachten wir zuerst die Kranken 
herüber. Jetzt fingen die Araber an, uno zu helfen. Aber 
da ragte plößlich der Tropenhelm unseres Doktors aus dem 
Wasser, der bis zu dem Kopf drinstand. Da zogen 
sich die Araber zurück. Wir waren Christen, und sie wußten 
nicht, daß wir Freunde waren. Jetzt war der andere Tsambuk 
so nahe, daß wir ihn in einer halben Stunde hätten er- 
schwimmen können, aber der Seegang war zu groß. An 
die Leine de# Kanoes hing sich jedesmal bei der Uberfahrt 
ein guter Schwimmer. Wie es ganz dunkel war, konnten 
wir das Boot nicht mehr sehen, denn sie konnten drüben 
wegen des Windes kein Licht erhalten. Meine Leute fragten: 
„Wohin sollen wir schwimmen?“ Ich sagte: „Schwimmt 
auf den und den Stern zu, das muß ungefähr die Nichtung 
sein.“ Schließlich ging drüben eine von den Fackeln hoch, 
die noch von der „Emden“ übrig waren. Aber wir hatten 
auch stark durch Nässe gelitten. Ein Matrose rief: „O weh, 
jetzt isi's aus, das ist ein Scheinwerfer.“ Am meisten be- 
währte sich dabei Leutnant Schmidt, der leider später 
fiel. Gegen 10 Uhr waren wir alle drüben an Bord, aber 
ein Typhuskranker, der Matrose Keil, hat sich dabei vollends 
ruiniert; er ist eine Woche später gestorben. Die Bergung 
gestaltete sich schwierig, da es dunkel war und uns zum 
Transport nur zwei kleine Einbäume, deren jeder etwa 
zwei Mann trug, zur Verfügung standen. Licht konnte ich 
auf meinem Tsambuk zunächst nicht zeigen, da unsere La- 
ternen von dem heftigen Winde auogeblasen wurden und 
unser Fackelfeuer wegen der Nässe versagte. Ich ließ des- 
halb im Boot ein offenes Holzfeuer anbrennen, damit die 
von dem gesunkenen Boot herüberkommenden Leute wenig- 
stens die Richtung sehen konnten. Eine Anzahl der Leute 
war schon an meinem Tsambuk vorbeigetrieben und mußte 
durch die Stimme und mit der Batteriepfeife herangeholt 
werden. Die Fackelfeuer wurden an dem offenen Feuer 
so lange erwärmt, bis sie brannten. Und erst jetzt konnten 
wir genügend sehen, um sicherzustellen, daß keine Leute an 
und vorbeitrieben. Am anderen Morgen sind wir wieder 
zum Wrack zurückgefahren, um die in See gefallenen Waffen 
zu suchen. Die Araber tauchen ja so gut, sie haben noch 
viel herausgebracht, beide Maschinengewehre, die Gewehre. 
  
  
  
bis auf zehn, allerdings durchnäßt. Später gab es viele 
Versager beim Schießen. 
Jelzt waren wir mit den Arabern 70 Mann auf dem 
kleinen Boot bio zum nächsten Abend. Da gingen wir in 
Konfida vor Anker und trafen Sami Bei, der jetzt noch 
mit uns ist. Er hat sich schon früher in den Diensten der 
türkischen Regierung bewährt und als Reisemarschall in 
den letzten zwei Monaten gute Dienste getan. Er ist ein 
tätiger, ortskundiger Mann, verschaffte uns ein größzeres 
Boot von 84 Tonnen und fuhr selbst mit seiner Frau auf 
dem kleinen Tsambuk nebenher. Vom 20. bis zum 24. 
segelten wir ungestört bis Lith. Da meldete Sami Bei, 
daß vor Djidda drei englische Schiffe kreuzten, um ung 
abzufangen. Ich riet deshalb, ein Stück über Land zu 
reisen. Ich habe ungern die See ein zweites Mal 
verlassen, aber es mußte sein.“ 
Nun fährt Kapitänleutnant von Mücke fort: Wir zogen 
über Land weiter in der Karawane, die aus 110 Kamelen 
bestand. Das Land dork ist unsicher. Das RNäuberwesen 
blüht. Wir ritten deshalb stets mit schußklaren Gewehren. 
Wir marschierten in der Nacht, im Mittel 14—16 Stunden 
täglich, und ruhten während der heißesten Zeit am Tage. 
In der dortigen Gegend arbeitet sehr viel englisches Be- 
stechungsgeld, und große Teile der arabischen Bevölkerung 
sind englandfreundlich und regierungsfeindlich. Von einer 
solchen in englischem Solde stehenden Truppe wurde unsere 
Karawane kurz vor Tagesanbruch des 1. April plötzlich 
überfallen. Ich ritt an der Spitze, alle Schußwaffen waren 
klar. Wie es etwas hell wird, denke ich schon, für heute 
sind wir durch; denn wir waren müde, waren 18 Stunden 
geritten. Plötzlich sehe ich vor mir eine Linie aufblitzen, 
über undg weg wird geschossen. Nunter von den Ka- 
melen, Schützenlinie bilden! Der ganze Umkreis 
des Wüstenhügels war besetzt. Also Seitengewehre auf- 
gepflanzt! Sprung Sie flohen, aber kamen wieder, 
diesmal von allen Seiten. Mehrere von den Gendarmen, 
die uns mitgegeben waren, sind verwundet; der Maschinen= 
gewehrschütze Rademacher fällt, durch einen Herzschuß 
getötet; ein anderer verwundet, Leutnant Schmidt bei 
der Nachhut ist tödlich verwundet, er hat einen Brust= und 
Bauchschuß erhalten. Um uns zunächst einmal Luft zu 
schaffen, gingen wir zum Bajonettangriff über. Erst 
nach Westen, dann nach Osten, und dann nach Norden. 
Auf diese Wendung war die 
Bande nicht gefaßt, und 
als wir mit Hurra vor- 
stürmten, rissen sie aus wie 
Schafleder. 
Plötzlich schwenkten sie 
weiße Tücher. Der Scheich, 
dem ein Teil unserer Ka- 
mele gehörte, ging hinüber, 
um zu verhandeln, dann 
Sami Bei mit seiner Frau. 
Währenddem bauten wir 
rasch eine Art Wagen- 
burg, ein Kreislager aus 
Kamelsätteln, Reis= und 
Kaffeesäcken, die wir alle 
mit Sand füllten. Wir 
hatten keine Schaufeln und 
mußten mit Seitengewehren, 
Tellern und mit den Hän- 
den schaufeln. Der ganze 
Burgwall hatte etwa einen 
Durchmesser von 50 Metern. 
Dahinter legten wir Schüt- 
  
Aisnebad 
zengräben an, die wir 
noch während des Gefechts
	        
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