Full text: Sachsen in großer Zeit. Band I. (1)

vertieften. Die Kamele im 
Innern mußten liegen und 
dienten sehr gut als Deckung 
für die Rückseite der Schüt- 
zengräben. Dann wurde 
ein innerer Wall gemacht, 
hinter den wir die Kranken 
trugen. Ganz in der Mitte 
gruben wir auch zwei Fla- 
kons Wasser ein, um uns 
vor dem Durst zu schützen. 
Außerdem hatten wir noch 
weitere zehn Petroleumtins 
voll Wasser, im ganzen für 
vier Tage. Spät abends 
kam Samis Frau von der 
vergeblichen Unterhandlung 
zurück, allein. Sie hatte sich 
zum ersten und einzigen 
Male an diesem Tage ent- 
schleiert, Patronen verteilt 
und sich tadellos gehalten. 
Bald konnten wir die 
Zahl der Feinde feststellen, 
es waren gegen 300 Mann, 
wir waren 50, mit 20 Ge- 
wehren. Nachts starb Leut- 
nant Schmidt. Wir begruben ihn mitten im Lager. 
Das Grab mußten wir mit den Händen und mit 
Seitengewehren schaufeln und darüber jede Spur ver- 
löschen, zum Schutze des Leichnams. Rademacher war 
gleich nach dem Gefecht beerdigt worden, beide lautlos, 
mit allen Ehren. · 
Die Verwundeten hatten's schwer. Die Kiste mit den 
Medikamenten hatten wir beim Schiffbruch verloren, nur 
Gefechtsverbandpäckchen, aber keine Sonde, keine Schere 
waren da. Am anderen Tage kamen unsere Leute mit 
dicken Zungen fiebernd und riefen: „Wasser, Wasser!“ 
Jeder bekam aber nur dreimal des Tages einen kleinen 
  
Becher voll. Ging das Wasser aus, dann mußten wir aus 
der Burg heraus und uns durchschlagen. Dann wären wir 
an der Ubermacht kaputt gegangen. Die arabischen Gen- 
darmen schnitten einfach den angeschossenen Kamelen den 
Hals durch und tranken dann das gelbe Wasser, das 
in den Mägen enthalten war. Die Kerls vertragen ja 
alles. Nachts schleppten wir immer tote Kamele heraus, 
die als Deckung gedient hatten und erschossen worden waren. 
Dann kamen Hyäner heran, die suchten die toten Kamele. 
Eine hab' ich erschossen, weil ich sie im Dunkeln für einen 
Feind hielt. . 
Wir hatten 16 deutsche und 13 türkische Gewehre. Un- 
sere Maschinengewehre konnten wir während des Marsches 
nicht verwenden, da wir keine Lafetten mit Rädern hatten. 
So standen wir im Kräfteverhältnis 1: 10 und mußten im 
langsamsten Schritt mit den Kamelen, ohne fast schießen 
zu können, durch ein Gelände ziehen, wo von allen Seiten 
aus den Sandhügeln heraus auf uns geschossen wurde, fast 
ohne daß wir Geschütze sahen. Die bei uns noch befindlichen 
Araber hatten plötzlich, ohne uns zu fragen, Verhandlungen 
mit der Gegenseite angeknüpft. Die Gegenseite schickte einen 
Parlamentär mit folgenden Bedingungen: Sie wollten 
uns frei ziehen lassen gegen Auslieferung sämtlicher Waffen 
einschließlich Munition, sämtlichen Proviants, sämtlichen 
Wassers, sämtlicher Kamele und Zahlung von nur 
22 000 Pfund. Ich antwortete, die Geldfrage wäre mir 
gleichgültig, da ich keines hätte. Waffen abzugeben, wäre 
nicht Sitte deutscher Soldaten. Darauf fing die Schießerei 
wieder an und dauerte den ganzen Tag bis zur Dunkelheit. 
Wir waren aber durch unsere Vorrichtungen so weit gegen 
131 
  
  
Sächsische Mannschaftsbaracke 
Feuer gedeckt, daß wir keine Verluste mehr hatten. Zwar 
waren unsere Gräben noch nicht fertig, vor allen Dingen 
fehlte die Rückendeckung, da von allen Seiten in das Lager 
hineingeschossen wurde; wir hatten aber unsere Kamele 
so gelegt, daß sie an den Stellen, wo die Deckung ungenü- 
gend war, lagen. Nach Beginn der Dunkelheit schafften wir 
zunächst die toten Kamele aus unserem Lager heraus, ver- 
tieften unsere Gruben, verbesserten die Deckungen, gruben 
unsere Wasserfässer ein, damit sie nicht durch einen Schuß 
auslaufen könnten und kamen jetzt dazu, das erste Stück- 
chen Hartbrot an dem Tage zu essen. Es waren Voll- 
mondnächte, was uns sehr angenehm war, da dann plötz- 
liche Sturmangriffe der Araber schon von weitem mit un- 
seren Maschinengewehren niedergehalten werden konnten. 
Im ganzen dauerte das Gefecht bis zum 3. April nach- 
mittags. Jede Nacht schickten wir als Beduinen verkleidete 
Gendarmen und sonstige noch bei uns befindliche Araber 
nach Dschidda, das nur zehn Reitstunden entfernt war, 
und baten um Entsatz durch die dortige Garnison. Anfangs 
war es im Lager unerträglich heiß. Die Gewehrläufe 
glühten, so daß man sich die Hände verbrannte, 
wenn man sie anfaßte. Die öl= und fettgetränkten Kamel- 
sättel fingen an zu schwelen, Kopfbedeckungen konnten 
beim Schießen nicht getragen werden, da sie dem Gegner 
ein gutes Ziel boten. Zu essen gab es außer Hartbrot über- 
haupt nichts. Wasser konnte nur nachts verausgabt werden, 
und zwar für jeden Mann zwei kleine Gläser. Uberhaupt 
konnten wir erst nachts, nach Aufgehen des Mondes, etwas 
aufatmen, wo es kühler wurde und wir aus unserer Deckung 
herauskommen konnten. Leider hatten wir noch einen Toten, 
zwei Schwerverwundete und einen Leichtverwundeten im 
Laufe des fast dreitägigen Gefechts. 
Sorgen machte uns unsere Munition. Wir hatten schon 
sehr viel verbraucht, und der Teil der Munition, der im 
Wasser gelegen hatte, wies zahlreiche Versager auf. Da 
unsere Schützengräben allmählich tief genug geworden 
waren, ließ ich stundenlang das Feuer überhaupt nicht er- 
widern, um Munition zu sparen für einen etwaigen Sturm- 
angriff. Am Vormittag des dritten Gefechtstages schickte 
plötzlich die Gegenseite einen Parlamentär, der uns 
sagte: Die Gegenseite verzichtet auf die Auslieferung der 
Waffen, will auch keine Munition, keine Kamele, keinen 
9.
	        
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