überall auf wie die Geister, erschienen überraschend immer
da, wo es Lorbeeren zu erringen gab und immer dann,
wenn der Gegner sie noch Gott weiß wie weit entfernt
wähnte. Nachdem sie an der Eroberung von Nowo-Geor-
giewsk ruhmreichen Anteil genommen, dachte die tapfere
Brigade sich einiger Ruhetage zu erfreuen, aber Marschall
Hindenburg hatte es anders bestimmt. Der Alte ließ die
Russen nicht zu Atem kommen und hatte mit seiner Armee
zu einem neuen Schlag, diesmal gegen Stadt und Festung
Wilna ausgeholt.
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zerriß sein Gespinst, Lerchen jubelten in die Luft, und als
die Sachsen eine Erdwelle durchschritten, da tauchte mit
einmal vor ihnen wie das Bild einer Fata Morgana die
Stadt Wilna aus dem Dunst. In traurigem Zustande
befand sich die Straße, denn die NRussen hatten die sie
einsäumenden herrlichen alten Birken gefällt und quer darüber
geworfen, um den Vormarsch aufzuhalten. Es sollte ihnen
nicht gelingen, sie hätten die Arbeit sich sparen können.
Man durchschritt die russische Hauptstellung, die wohl
imstande gewesen
Nahezu drei Wochen
bindurch reihten sich
für dic Tapferen und
ihre preußischen Ka-
meraden fast täglich
Kampf an Kampf,
Sturm an Sturm auf
die von den Russen mit
aller Sorgfalt ausge-
bauten und stark be-
setzten Vorstellungen
von Wilna. Hatte der
Zar nicht geschworen,
daß er vor den Toren
von Wilna den Deut-
schen Halt gebieten
werde? Seine besten
Truppen, die Garden
selbst, ließ er den
Gespenstern entgegenwerfen. Doch was focht das unsere
Landwehrleute an? Sie packten zu, kriegten die Russen am
Kragen, und Seite an Seite mit den Preußen drängten
sie die Ubermacht von einer Stellung zur anderen, Schritt
für Schritt und Meter um Meter zurück. Die Kämpfe
kosteten Opfer. Manche der Besten liegen als Blutzeugen
unter grü-
Kolonne in einem polnischen Dorfe
wäre, langen Aufent-
halt zu bereiten, wenn
die Russen nicht dank
unserer glänzenden
Führung gezwungen
gewesen wären, sie
schleunigst zu räumen,
um nicht umzingelt
und gefangen zu wer-
den. Und weiter zegen
Sachsen und Preußen
der Stadt zu, es gab
keinen Aufenthalt,
denn man wollte sich
dem vertriebenen
Feinde an die Fersen
beften, und die letzten
russischen Bagagen
hatten nur etwa eine
Stunde Vorsprung. Laut hallte übers Tal der Donner
der Sprengungen von Bahnhofsbauten, die der abziehende
Russe vornahm.
Halb acht erreichte die Spitze der Brigade die äußere
Judenvorstadt. Jung und alt lief auf die Gasse, um die
Deutschen einrücken zu sehen. Je mehr die Sachsen sich
dem Stadt-
nem Rasen
im Angesicht
der Türme
von Wilna.
Aber täglich
kamman dem
Siele näher.
Derl7.De-
zember sollte
das Letzte, die
Einnahme
der Stadt
selbsi bringen.
Von allen
Seiten wa-
ren die deut-
schen Kolon-
nen dagegen
angesetzt
worden. Die
Sachsen sam-
melten sich
innern nä-
berten, desto
größer wurde
der Andrang
der Menge,
und desto
freundlicher
wurden die
Befreier der
alten Stadt
von russischer
Willkür be-
grüßt. Der
Befehlshaber
der Bürger-
milizmeldete
sich, und seine
Leute, an rot-
weißen Arm-
binden kennt-
lich, sorgten
mit Eifer für
früh ½5 Uhr Freihalten
an der Straße Wilna der Einzugs-
Meiszagola— straße und
Wilna. Durch wogenden Nebel marschierte man vorwärts,
lautlos, die grauen Gespenster Gespenstern gleich. Rechts
und links der Marschierenden lösten sich Wälder und Wiesen
aus weißen Schleiern, vom Feinde waren nur die Spuren
zu sehen, er war im Rückzug gemeldet. Nur ab und zu
grollte und polterte der Donner aus früh erwachten Ge-
schützen durch den Morgen. Dann erhellte sich allmählich
der Himmel, die Sonne brach sieghaft aus dem Nebel und
ungehinderten Verkehr. An der Wilija gab es noch einmal einen
kurzen Halt, denn die Russen hatten versucht, die Eisenbahn=
brücke zu sprengen, und da der Fluß dort breit wie die Elbe bei
Dreoden dahinströmt, so war das Hinüberkommen nicht ein-
fach, Pioniere mußten eilig erst die Bahn für den Haupttrupp
der Brigade gangbar machen. Unterdessen aber wagten es der
Brigadeführer und seine Herren, die Leutnants Crasemann
und Preibsch und Rittmeister Michahelles mit geringer Beglei-