Full text: Sachsen in großer Zeit. Band I. (1)

seinem Kopfe wegschossen. Da wich er von seinem luftigen 
Sitze. Die sächsischen Mörser hatten sich ja auch inzwischen 
so sicher eingeschossen, daß drüben Maschinengewehr und 
Sturmabwehrgeschütz im Russenwerk verstummt waren. 
Die höchste sächsische Tapferkeitszier, die goldene 
St. Heinrichsmedaille, ward dem Feldwebel Hamann ver- 
liehen für sein tapferes Ausharren am Narew, hoch im 
Wipfel eines Baumes, granatenumtost. 
Der VPeteran von 70/71 
Es hatte ihn nicht daheimgehalten, den alten Sieber, 
Mitkämpfer von anno 70/71. Als Freiwilliger ging er 
im Landsturm-Infanterie-Regimente mit, gegen Rußland. 
Sie lagen Ende 
August lols als 
Spitze dicht vor 
der Brücke von 
Wolkuschek am 
Augustowski- 
Kanale, die 3. 
Kompagnie, und 
die Russen räum- 
ten furchtbar 
unter ihnen auf. 
Vor der Brücke 
mußten die Ver- 
wundeten liegen 
bleiben, ein 
Herankommen 
warnicht möglich 
trotz eilig ausge- 
hobenen Lauf- 
grabens. Sieber 
  
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Drahtverhau durchschritten und der eigene Horchposten 
erreicht werden. Dieser wurde von dem Vorhaben unter- 
richtet, dann ging es den gefährlichen Weg weiter. 
Die Mutigen erreichten das zweite Hindernis und krochen 
mit einiger Schwierigkeit unter diesem hindurch. Nur meter- 
weise kriechend ging es jetzt vorwärts; denn weit lag das 
feindliche Drahtverhau nicht mehr entfernt. Kleine Pausen 
wurden zum Horchen ausgenützt. Beim Feinde: Hämmern, 
Klopfen, Hinwerfen von Material, Sprechen, Husten, An- 
zünden von Zigaretten. 
Auf halbem Wege angekommen, hält die Patrouille; 
ein Geräusch war zu vernehmen, die Franzosen laufen im 
Graben hin und her, das Arbeiten hat plötzlich aufgehört; 
eine Leuchtkugel steigt hoch, und kaum haben sich die Leute 
bingelegt, entfaltet sie sich und verbreitet blendendes Licht. 
Vom feindlichen 
Grabenrand, der 
deutlich zu er- 
kennen war, wird 
heftiges Infante- 
riefeuer eröffnet. 
Noch mehrere 
Leuchtkugelnläßt 
der Feind steigen, 
keiner darf ein 
Glied rühren, um 
nicht erkannt zu 
werden. Allmäh- 
lich beruhigen sich 
die Gegner wie- 
der, sie glauben, 
sich getäuscht zu 
haben. Eine 
Weile liegt die 
Patrouille noch 
  
  
lag ganz vorn, 
zehn Meter vor 
dem Feinde und 
harrte der Hilfe. Erst am nächsten Abend kam Rettung. 
Ein paar herzhafte Landstürmer, Unteroffizier Hermann 
Brade und Gefreiter Albert Müller krochen auf dem 
Bauche vor, ganz langsam und leise. Bis an den Feind. 
Sie stießen zuerst auf den alten Sieber und zogen ihn 
herein. Im Schatten der Erlen, aber in ständiger Gefahr, 
denn der Mond stieg schon hoch und höher, brachten sie auch 
die anderen Verwundeten alle herein, zuletzt von rasendem 
Feindesfeuer überschüttet. 
Sieber fiel 1916. 
Grenadier- 
Patrouille 
Von dem Graben, der 
gegen den Feind am wei- 
testen vorgeschoben ist, 
hörte man ein lebhaftes 
Arbeiten in den gegen- 
überliegenden Gräben. 
Gefreiter Tschnenisch 
aus Bunzlau, Gefreiter 
Baumgärtel aus Leub- 
nitz-Neuostra und Grena- 
dier Pleße aus Dresden, 
sämtlich vom Grenadier- 
Regiment Nr. 100, mel- 
deten sich freiwillig zur Ausführung einer Patrouille, 
welche den Feind bei seiner Arbeit stören sollte. Mit 
Dolch und Handgranaten ausgerüstet, verlieten sie die 
Gräben. Noch aufrechtgehend konnte eine Gasse im 
Blick in einen Unterstand an der Nordostfront 
  
ruhig, dann aber 
fragte einer den 
anderen, ob er 
noch wohlauf ist. Gott sei Dank, die feindlichen Ge- 
schosse hatten gefehlt. Unterdessen hat der Feind seine 
Arbeit wieder aufgenommen; schnell geht die Patrouille 
in dem inzwischen eingetretenen Negen weiter. Auf 
kaum 15 Meter Entfernung sind ganz deutlich einzelne 
Gestalten zu erkennen; die Patrouille kann feststellen, daß 
ein neuer Graben ausgeworfen wird. 
Ein Teil der Aufgabe war gelöst. Nun gilt es, die Ar- 
beiten zu stören! In 
unmittelbarer Nähe des 
Feindes erheben sich die 
drei, und auf ein Zeichen 
fliegen die ersten drei 
Handgranaten unter die 
Gegner. Drei Explosionen! 
Noch einmal sausen drei 
Handgranaten binüber; 
derselbe Erfolg, und schließ- 
lich wird auch noch zum 
dritten Male diese Hand- 
waffe hinübergeschleudert. 
Aus dem Graben wird 
lautes Stöhnen und Wim- 
mern hörbar: der Angriff 
hatte guten Erfolg. Die 
Patrouille liegt auf dem 
nassen Boden; Totensiille 
ringsum. Nach wenigen Sekunden aber steigt eine Leucht- 
kugel nach der anderen in die Höhe und ein nervöseo 
Gewehrfeuer beginnt. 
Nach einer halben Stunde hat sich der Gegner beruhigt;
	        
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