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Gott, sei mit uns!
Nun ging das Leben in Alldeutschland, in Sachsen einen
neuen, waffenklirrenden Gang. Bundestreu folgte Sachsens
Heer dem Rufe des Kaisers, dem deutschen Vaterland zum
Schutze, allen tückischen Feinden rings zum Trutze. Und
Sachsens König rief am ersten Tage der Mobilmachung
seinem treuen Volke und Heere die anfeuernden Worte zu:
An mein Volk!
Unsere Söhne und Brüder eilen zu den vaterländischen
Fahnen. In diesem Augenblick zu Meinen getreuen Sachsen
davon zu reden, was Uns alle mächtig bewegt, ist Mir
Herzenobedürfnis. Unser deutsches Volk ist vor weltge-
schichtliche Kämpfe gestellt. Ich erwarte von Meiner Armee,
deren Geschicke Meine Söhne teilen werden, daß sie auf dem
Schlachtfelde den alten Waffenruhm der Väter bewähren
und erneuern wird. Ich bin dessen gewiß, daß Mein ganzes
Volk im Ver-
zu behaupten, den die Armee im Nahmen des deutschen
Heeres eingenommen hat. Seien Sie überzeugt, daß Ich
jeden einzelnen von Ihnen in Mein Herz geschlossen habe
und sein Schicksal verfolgen werde. In diesen Stunden
richten Sie Ihren Blick nach oben und flehen Sie zu
Gott, dem allmächtigen Lenker aller irdischen Geschicke, daß
er Unsere Waffen segnen und Uns den Sieg verleihen möge.
Und nun ziehen Sie mit Gott. Der Spruch eines
jeden braven Soldaten lautet: Mit Gott für König und
Vaterland, für Kaiser und Reich!
Dresden, am 2. August 1914.
Friedrich August.
Ganz Sachsen, vordem die Stätte friedlicher Gewerbe,
ernstbesonnener Künste, ward mit diesem Tag ein einziges
Heerlager und ist es bis zum letzten Stundenschlag des
dreijährigen, an Opfern überreichen grausamen Kriegs ge-
blieben. Das feldgraue Waffenkleid der Soldaten in allen
Städten und
trauen auf die Straßen, in
Gerechtigkeit allen Gauen
Unserer guten und Gassen
Sache zu jedem landaus wie
Opfer an Gut landein! Das
und Blut be- siehende Heer
reit ist und in wurde durch
allen seinen Nacht und Tag
Ständen und aus seinen Ka-
Schichten zu sernen nach Ost
Rat und Tat und West ab-
zusammen- transportiert.
steht. Zu allen Reseroisten zo-
Staats= und gen singend in
Gemeinde- die Garnisonen
behörden habe ein, bärtige und
Ich die Zuver- ergraute Land-
sicht, daß sie in wehrleute, der
unbedingter Landsturm mit
Hinaabe an dem festen
ihre Pflicht alle Schritt des
Anforderungen pflichtbewuß-
des Hecres er-
füllen, die
Wunden des
Krieges lin-
ten Mannes,
der Weib und
Kind, Haus
und Habe zu
dern und die
unvermeid-
lichen Hemm-
nisse und Lasten erleichtern werden, die dem Erwerbs-
und Wirtschaftsleben bevorstehen. Uberall vertraue Ich
auf die entschlossene Tatkraft und den unbegrenzten
Opfermut wie auf alle sittlichen Kräfte Meincs Volkes.
In Demut beuge Ich Mich mit Meinen Sachsen vor dem
allmächtigen Lenker der Völkergeschicke. Möge er Unseren
Waffen Sieg geben und seine schirmende Hand gnädig über
unser Heer und Volk, über Kaiser und Reich breiten.
Dresden, am 2. August 1014.
Friedrich August.
Soldaten!
In dieser ernsten Zeit, in der ganz Deutschland dem
Rufe des Kaisers folgend zu den Waffen eilt zu Schutz
und Schirm des Vaterlandes, richte Ich als König und
Chef der Armee Mein Wort an Sie. Sachsens Heer hat
steto im Kriege seine Pflicht getan und unvergängliche
Lorbeeren um seine Fahnen gewunden. Bestreben Sie sich,
dem Beispiele der Vorfahren folgend, so wie bisher im
Frieden nun auch vor dem Feinde den ehrenvollen Platz
Mobilmachungsbefehl
schirmen mit
den Jüngsten
an die Front
hinauszieht, Deutschlands Feinden die Stirn zu bieten.
Und Sachsens Jugend stürmte kriegsfreiwillig aus Hör-
saal und Schreibstube, von der Schulbank zu den Fahnen,
denn der Kaiser rief.
Das seidene Nautenbanner hoch auf dem Turme des
Dreodener Königsschlosses blähte sich stolz in Sonne und
Wind über einem wehrhaften Volke, das auch in fried-
lichster Betätigung seiner ererbten Wehrkraft nicht ver-
gessen hatte.
So betraf die Weltenwende 1914 das Volk der Sachsen.
Abschied
Alle wehrfesten Männer zogen hinaus, und die Zurück-
bleibenden nahmen beherzt ihr Los in feste Hände. Der
sächsische Dichter und während der Kriegszeit Adjutant
des Kriegsministers, Major Georg von der Gabelentz, schil-
dert eine solche Abschiedsszene.
„Es war in einer milden Augustnacht. Im Dämmer
des Dresdner Bahnhofs stand, Wagen hinter Wagen, die