Full text: Sachsen in großer Zeit. Band I. (1)

Riesenschlange eines Militärzuges, dem unser König Lebe- 
wohl fagen wollte. Noch einmal waren die Krieger vor 
ihrem König im Parademarsch vorbeimarschiert, taufend 
liebe Freunde und Freundinnen hatten den Hinausziehen- 
den bis an das Gitter des Bahnhofs ein wehmütig stolzes 
Geleit gegeben. Blumen winkten von Helm und Ge- 
wehr, Blumen zierten Nock und Patronengürtel. Der 
deutsche Soldat zieht in den Krieg, zu dieser macht- 
vollsten aller männlichen Betätigungen, Kopf hoch, ge- 
schmückt wie zum Fest. Zr 
An die Reihe derer, die auf den Befehl zum Ein- 
steigen warteten, trat der Kriegsminister v. Carlowitz 
heran. Er sah, daß einige der Soldaten den grünen Lor- 
beer an den Helm gesteckt trugen und bemerkte lächelnd: 
„Ihe tragt da schon Vorschußlorbeeren mit euch?“ 
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verteidigte Maas, nahmen das Fort Givet und drangen 
in täglichen Gefechten weiter tief in Feindesland bis an 
die Marne.“ 
Und eine andere Stunde will ich erzählen, eine frühe 
Morgenstunde im August, die uns allen das Herz bewegte. 
Eine Munitionskolonne wurde in unserm kleinen Dorfe 
nahe Leipzig emsig zusammengestellt. Es waren harte 
Tage für die Reservisten, die Wagen und Pferde einzu- 
fabren, der Tag der Auofahrt an die Front war nahe. 
Jeder war mit Feuereifer an seinem Posten, Offizier und 
Mann. Auf einer weiten baumumstandenen Wiese war 
das Lager. Wir packten den Soldaten alle Beutel und 
Taschen voll. Vom Fenster aus konnte man den Wiesen- 
plan übersehen. Die Soldaten standen Reihe bei Reihe 
  
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Sächsische Schützen gehen an die Front 
Da kam von irgendeinem aus den Reihen die Ant- 
wort: „Wir holen uns noch andere.“ Und sie haben sich 
noch andere geholt, viele viele. 
Eine Stunde später ging ein Schüttern durch die 
endlose Reihe der Wagen, die Ketten knirschten, die Näder 
rollten, langsam wand sich der Zug aus dem Bahnhof 
hinaus ins Dunkel der Nacht. Tausend junge Gesichter 
drängten sich mit leuchtenden Augen noch einmal an die 
Fenster der Wagen, tausend Mützen und Helme, Hände 
und Tücher winkten Lebewohl, und unter dem Brausen 
der „Wacht am Rhein“ verließen Sachsens Söhne die 
Heimat. Langsam verglomm das letzte Licht des Zuges 
in der Ferne. 
Was damals der Mund eines versprochen, wie haben 
alle es gehalten! Uber den deutschen Nhein ging's hin- 
über nach Belgien. In schweren Kämpfen brachen sich 
unsere Sachsen Bahn, überschritten unter Führung ihres 
Generalobersten von Hausen nach siegreichem Kampf die 
binter den Wagen. Langsam spazierte die Wache am 
Gitter auf und ab, den Säbel im Arm. Aus dem Däm- 
mern der Bäume scholl die Stimme des Wachtmeisters 
herüber. Nicht befehlerisch und schroff, freundlich wie 
ein Vater sprach er zu seinen Soldaten. 
„.. .Und Nuhe beim Verladen! Die Pferde gut halten! 
Die Pferde sind eure Kameraden, das Letzte und Beste, 
was ihr als Gefährten aus der lieben Heimat mitnehmt. 
Sie fahren und tragen euch in Feindesland, will's Gott, 
zum Siege. 
.. Und keinen Alkohol! Es wird revidiert, und bei 
wem der Herr Hauptmann auch bloß einen Tropfen findet, 
den muß er bestrafen. Nüchtern wollen wir sein, daß wir 
siegen. Später wird uns keiner einen guten Tropfen und 
Trunk weigern, weil es doch eine gute deutsche Sitte ist. 
Und dann noch eins, Kanoniere! Ihr habt hier ein 
wunderbares Quartier gefunden. Jedes Haus, die kleinste 
Arbeiterwohnung haben euch mit Freude aufgenommen 
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