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forderte unerbittlich den Vormarsch, die Pflicht
rief, und die Braven bissen die Zähne zusammen,
rappelten sich auf, nahmen Gewehr und Tor-
nister auf und schleppten sich wieder vorwärts.
Kein Wölbkchen zog über den blanglühenden Him-
mel, kein Lüftchen brachte Kühlung, kein Wald
gab dauernden Schatten. Die Metallteile der
Gewehre erhitzten sich. Selbst das Wasser der
Bäche schien zu kochen. Und doch ging es vor-
wärts. Gegen Mittag wurde Wittelsheim er-
reicht. Wie eine Erlösung kam der Befehl an-
die Hundertfünfer, hier zu halten, zu rasten
und alleo Notwendige zu requirleren. Die Leute
schleppten sich in die nächsten Häuser, in denen
gutmütige Einwohner sie mit Essen und Trinken
versorgten. Kaum konnten die Erschöpften für
alles danken. In Unruhe und Erwartung ver-
gingen die Stunden. Nachricht kam, daß der
Wald vor ihnen im Süden stark von Fran-
zosen besetzt sei. Eine Reiterpatrouille preschte
mit einem angeschossenen Pferde zurück und
warnte die Truppe. Hauptmann Stecher bekam
vom Major Fürstenau den Auftrag, mit fünfzig
Mann den Wald zu erkunden. Er fand den Rand selbst
unbesetzt, doch fielen aus dem Dickicht bald hier, bald da
einzelne Schüsse. Die Geschichte war nicht geheuer.
Unterdessen wurde es sieben Uhr des Abends. Die Ma-
roden des Bataillons hatten sich allmählich wieder heran-
gefunden. Da erhielt Major Fürstenau einen Befehl des
Generals von Altrock, gegen Sennheim vorzugehen, auf
das eine stärkere feindliche Kolonne im Anmarsch sei. Also
an die Gewehre! Zu beiden Seiten der Sennheimer Straße
schwärmten die braven Hundertfünfer aus, Artillerie fuhr
auf, und der Tanz ging los, die Feuertaufe des Ba-
taillons.
Ein Graben im Feld, ein Nand der Straße boten den
Vorgehenden spärliche Deckung. Die Geschosse der Franzosen
heulten und krachten, mit dumpfem Donner warf sich die
von Granaten getroffene Erde in Wolken empor. Kame-
raden fallen und erheben sich nicht wieder vom Boden,
der sich von Blut rötet. Die Erregung des ersten Kampfes
durchzittert die Leute, das Ungewohnte, das Furchtbare
wirft sie wie in einen Rausch, sie finden sich in dem leben-
vernichtenden Getöse nicht zurecht, ihre Sinne fangen an
zu versagen. Aber Major Fürstenaus eiserner Wille und
seine Offiziere halten die Leute fest in der Hand, auch in
Augenblicken, wo in einer kampfungewohnten Truppe der
Mutigste die Nerven verlieren kann. Und in furchtbarer
Unermüdlichkeit heulen die Granaten herüber, zischen und
Biwak sächsischer Truppen
sirren die Geschosse der Infanterie, klappern die Maschinen-=
gewehre dazwischen und stöhnen die Klagen Verwundeter
über das Feld. «
Doch allmählich wurde das Feuer des Gegners müder
und schwächer, der Sturmregen der aufblitzenden Schüsse
drüben am Walde wurde zu einem Tröpfeln, die Franzosen
bekannten sich geschlagen und verschwanden im Dunkel,
und elf Uhr abends konnte das Bataillon Fürstenau endlich
nach vierstündigem Gefecht, östlich Wittelsheim die Ge-
wehre zusammensetzen. Die Leute fielen vor Müdigkeit um,
waren sie doch seit vier Uhr am Morgen, seit neunzehn
Stunden unterwegs. Alle hatten nur den einen Wunsch,
jetzt nur liegen bleiben und schlafen. Das Bataillon ver-
brachte die Nacht Gewehr im Arm, davor starrten die Posten
ins Dunkel, durch das in der Ferne von Mülhausen her
der gelbe Schein brennender Häuser flammte. Manch
einem zuckte er durch die geschlossenen Augenlider. Wie
war man doch mit einmal aus dem arglosen Leben des
Friedeno in das blutige Toben des Krieges geworfen wor-
den. Doch wer wollte sich jetzt darüber Gedanken machen,
nur schlafen, schlafen!
Da prasselte plötzlich, ungeahnt, unerwartet in die
Träume der Todmüden von neuem ein Höllenlärm aus
Geschützen und Gewehren. Alarm! Haben die Franzosen
einen Uberfall gemacht? Rings ein Blitzen und Flammen-=
speien, ein Rennen, Brüllen und Befehlen, ein Fragen.
Fenster klirren, Verwundete wälzen sich am Boden, ein
Viwak sächsischer Truppen beim Vormarsch in Belgien
tolles Durcheinander. Woher die Franzosen kamen, wie
stark sie waren, ob sie überhaupt schon so nah waren,
wer sollte das in der Nacht sagen, wer konnte das
wissen?
Nichts ist schlimmer, unberechenbarer als Gefechte
in der Nacht, bei denen Freund und Feind nicht zu
kennensind, bei denen die Meldungensich widersprechen,
nur halb Geschehenes ins Ungeheuerliche vergrößert
wird, der Feind, der neben mir steht, der mir im nächsten
Augenblick das Bajonett in den Leib rennt, verborgen
bleibt und der beste Freund dagegen als Feind an-
gesehen werden kann. Glücklicherweise legt sich das
Getöse fast so rasch, als es entstanden. Dennoch hat
Kommandeur der Hundertfünfer, Oberst Allmer,
dies im Dunkel der Nacht, von Dämonen entfesselte
Gefecht manches Opfer gefordert, darunter der Besten
einen, von zwei feindlichen Kugeln durchbohrt ist der
gefallen. Man deckte ihn mit einem Mantel, seine
Leute beweinten ihn wie einen Vater. Im Straßengraben