Full text: Sachsen in großer Zeit. Band I. (1)

ging und konnte nun von der Seite aus eine französische 
Artilleriestellung beobachten. 
Da jetzt sein Auftrag erfüllt war, trat er mit der Pa- 
trouille den Rückweg an, um seine Beobachtungen zu 
melden. Da sah er drei Infanteristen vor sich auf der 
Straße marschieren, die er überraschend zu attackieren be- 
schloß. Die aber flüchteten sich, wahrscheinlich mit der Ab- 
sicht, die Patrouille auf ein ganzes Bataillon zu locken, 
das Berger plötzlich erst auf 20 Schritt Entfernung in den 
Straßengräben ruhend bemerkte. Er machte sofort kehrt 
und galoppierte weg, bis er auf 600 Meter Entfernung 
eine Deckung für seine Patrouille fand. Dort ließ er seine 
Leute aufgesessen halten bleiben, während er selbst es sich 
nicht versagen konnte, abzusitzen und mehrmals mit seinem 
Karabiner in das Bataillon hineinzuschießen. Das dauerte 
jedoch nicht lange, denn plötzlich krepierte fünf Schritt 
neben der Patrouille eine Granate. 
Das Versteck war bemerkt. 
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Ein sächsisches Husarenstück 
Niemand wußte am §. September 1914, daß Reims 
von den Franzosen geräumt worden war. So forderte Ritt- 
meister v. Humbracht von den sächsischen Reserve-Hu- 
saren zu einem Patrouillenritt nach Fort Vitry auf, um 
eventuell von dort aus Reims durch einen kühnen Hand- 
streich zu nehmen. Von den vielen sich Meldenden wurden 
folgende ausgewählt: Oberleutnant v. Steinäcker, die 
Leutnants Martini und v. Waldow, Fähnrich Jäckel, 
Unteroffizier Dr. Arnholdt, Trompeter Zwahlen und 
die Husaren Knappe, Krause, Buse, Neinelt, 
Rohne und Stobe. Durch dichte Waldungen hindurch 
wurde das Fort Vitry, welches leer war, erreicht. Abends 
9 Uhr kam die Patrouille an die Stadtgrenze. Einige 
Infanteristen wurden festgenommen, und nun ging es durch 
überfüllte Straßen in Galopp zum Rathaus, wo der mit 
einigen Ratsherren heraustretende Bürgermeister als Geisel 
  
  
  
  
  
  
Proviantkolonne auf dem Vormarsch 
Im gleichen Augenblick begann auch die französische 
Infanterie auf Berger zu schießen. Darauphin schickte dieser 
sofort seine vier Ulanen im Galopp weg, so daß diese sämt- 
lich bis auf einen einzigen Streifschuß unverwundet in 
Sicherheit kamen. Da er selbst nicht mehr aufsitzen konnte, 
lief er neben seinem Pfrde her weg. Als das Schießen 
zu arg wurde, und ihm bereits ein feindliches Geschoß seine 
Hose gestreift hatte, warf er sich hin. Er versuchte nun, 
jedesmal beim Laufen lebhaft beschossen, sprungweise zu 
seiner Patrouille in Deckung zu kommen, was ihm auch, 
ohne getroffen zu werden, gelang. Jetzt schickte er sofort 
Meldung an sein Regiment und ritt selbst zu dem inzwischen 
vorgezogenen Feldartillerie-Regiment Nr. 68, um ihm genau 
die feindlichen Artilleriestellungen zu bezeichnen. Er half 
sogar das Scherenfernrohr einrichten, ebenso berichtete er 
einem Artillerieadjutanten genau seine Wahrnehmungen. 
Nach einiger Zeit wurde dann die feindliche Batterie zum 
Schweigen gebracht und auch das feindliche Bataillon unter 
Feuer genommen. 
Berger erhielt für sein tapferes Verhalten, die umsichtige 
Führung der Patrouille und die Selbständigkeit beim Be- 
richt seiner Beobachtung die silberne Militär-St.-Heinrichs- 
Medaille und das Eiserne Kreuz- 
Sachsen In großer Jeit 
festgenommen wurde. Leutnant Martini, im Frieden Asses- 
sor bei der Amtshauptmannschaft in Plauen, ritt zurück 
um Oberkommando, während die übrigen zwölf allein 
in der Stadt blieben. Zwei davon, v. Waldow und Arn- 
holdt, verbrachten die Nacht wachend mit dem Bürgermeister 
im Sitzungszimmer des Rathauses. Am nächsten Morgen 
um 7 Uhr zog die Patrouille den heranziehenden Truppen 
ihrer sächsischen Brigade v. Suckow entgegen. Nunmehr 
erfolgte der Einzug mit Regimentsmusik in die Stadt. 
Unter der Beute, die unsere Truppen in Reims machten, 
befanden sich mehrere Flugzeuge, Benzin und Autos im 
Gesamtwerte von einer Million Mark. Die Zerstörungen 
in der Stadt waren gering, von der weltberühmten Kathe- 
drale nur ein Fenster durch eine Granate beschädigt. Die 
berühmten Sektkellereien wurden unversehrt vorgefunden. 
Erkennungswort: Chemnitz! 
September 1914 ging der nachstehende, an den Chem- 
nitzer Oberbürgermeister Dr. Sturm gerichtete Feldpostbrief 
der Führero des Reserve-Infanterie-Regiments Nr. 104 
aus Frankreich in Chemnitz ein: 
... Nach sehr anstrengenden Märschen, bei welchen das 
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