Und oft, so oft kam er zu spät. — Die Sense sirrte
grausam durch den Hof von Vitry. Furchtbare Nach-
mahd hielt der Tod. Und wehrlos stürmte der Arzt
ihm nach. Einmal, auf einem Lager voller Schmer-
zen, erschlug es ihm den sterbenden Kameraden unter
den Händen.
Immer neue Wunden sprangen auf, und immer
mehr wegemüde
Männer traten
still die letzte
Reise an ins Jen-
seits. Bis end-
lich deutsche Ar-
tillerie die ent-
menschten Fran-
zosen an ihren
höllischen Ge-
schützen stumm
gemacht hatte,
die den Ehren-
namen Kano-=
niere nicht mehr
verdienten, Mör-
der am roten
Kreuze der
Menschheits-
liebe.
Endlich kam
ein großes
Schweigen über
die einsame Fer-
me von Vitry.
Da nahm der
Doktor Thoenes
sein Liebeswerk
von neuem auf.
Und er ist Sieger
geblieben über
den Tod.
Feld-
artillerie 78
bei Vitry le
Francois
Verdeckte feind-
liche Batterien
südlich Lamerie
setzten der an-
marschierenden
Brigade Kaden
gefährlich zu.
Deshalb erhielt
die zweite Bat-
terie 78 (Haupt-
mann Rothe)
Befehl, über Haut Bois mit einem Zuge unter
Umgebung des feindlichen Flügels der französischen
Artillerie in den Rücken zu fallen. Die Pionier—
kompagnie Lehmann wurde Nothe zur Bedeckung
mi gegeben, mußte aber bald zurückbleiben auf dem
Eilmarsche. Zwei Kilometer nördlich Lamnez ging
die Batterie pünktlich in Feuerstellung, ehva eine
Viertelmeile links vorwärts der Brigade. Sie zwang
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mit ihrem gutgezielten Feuer eine ganze französische
Dragonerbrigade, die angaloppierte, zur verlustreichen
Umkehr und verjagte die eine der feindlichen Batterien
aus dem Versteck. Hauptmann Rothe hatte die feind-
liche Nachhutstellung zertrümmert.
Bei Vitry le François, am 7. September 1914,
wurde der Batterie Rothe bei Unterstützung sächsischer
Infanteriean-
griffe vom Fein-
de die Munition
in Brand ge-
schossen. „Bat-
terie räumen!“
gab der Abtei-
lungskomman-
deur Befehl, die
Mannschaft ret-
tete sich vor den
explodierenden
Geschossen nur
unter schweren
Verlusten.
Der Haupt-
mann wartete
nicht lange, nach-
dem die letzte
Kartusche auf-
geflogen war,
und acht be-
herzte sächsische
Kanoniere folg-
ten ihm an die
Geschütze, das
Feuer wieder
aufzunehmen,
denn die feind-
liche Infanterie
ging bereits vor.
Hauptmann
Rothe richtete.
Da traf ihn ein
Granatsplitter an
der rechten Hand.
Er behielt die
Feuerleitung bis
zuletzt.
Bei Les Pa-
sches, den hal-
ben September-
tag im heißesten
Feuer! Eine
15-cm-G anate
saust in die
Deckung und
schleudert den
Hauptmann vom
Beobachter-
wagen. Drei
Granatsplitter
« im rechten Bein,
halb betäubt, blutend, bebält er die Feuerleitung, bis
der ihn ab ösende Abteilungsadjutant eintraf.
Als Rothe schon nach fünf Wochen wieder beim Ne-
gimente eintraf, wurde ihm der wohlverdiente St. Hein-
richsorden überreicht.
Auch die 7er Feldartillerie hatte bei Vitry heißen Stand.
Hier war es, wo der Unteroffizier Kurt Flemmig von
der 6. Batterie, am Nücken, Arm und Fuß verwundet,
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