der Zuneigung hing er an mir, wie kein anderer meiner
Offiziere. Als die zusammengesetzte Kompagnie nach Rou-
vroy bei Lens geschickt wurde, war er ohne weiteres der
erste, der seinen Hauptmann „zu solch einem wichtigen
und ehrenvollen Auftrag“ begleiten wollte. Tieferschüttert
und ergriffen stehen wir hier an seiner Bahre.“ Und sein
Freund und Arzt der letzten Augenblicke, der auch Thieles
Leiche in die Heimat begleitete, schrieb: „Bflichtgetreu
bis in den Tod, das war ihm im Elternhause
ins Herz gepflanzt, und diese seine Gesinnung ist
sein Kleinod gewesen bis zuletzt!“
In einem langen, herzlichen Schreiben wandte sich end-
lich noch der Bataillonskommandeur, Major Mirus, trö-
stend an den Vater, mit Worten höchsten Lobes und wahr-
haft väterlicher Trauer um den Gefallenen: „Mein guter
Thiele ist nicht mehr. Was besaß er für einen ganz aus-
gezeichneten Schneid, welch Beispiel war er für alle! Nicht
etwa Abenteuerlust war es, die ihn beseelte, selbst an Toll-
kühnheit reichende Unternehmungen durchzuführen. Wie
oft bin ich selbst mit ihm weit vor unsere Stellung hinaus-
gekrochen, um festgestellte gegnerische Minengeräusche zu
bestätigen und Sprengung anzuordnen, die er dann tadellos
durchgeführt hat. Wie freute ich mich, daß ich ihm bieher
die wohlverdienten Auzzeichnungen hatte verschaffen können
und hatte ihn für weitere eingegeben; für sein todes-
mutiges, unerschrockenes Verhalten während seiner Ab-
kommandierung ist er sicherlich auch für andere, ehren-
volle äußere Jeichen vorgesehen gewesen. Ich habe wohl
noch keinen zuverlässigeren, gewissenhafteren, so unermüd-
lich eifrigen Mann in meinem Befehlsbereiche kennen ge-
lernt. Dabei war er jederzeit frisch und lebensfroh, heiter
und doch bescheiden, genügsam. Es gab genug Gelegen-
heiten, wo er sich herzlich zeigte, zumal wenn er darauf
sann, einem in selbstloser Weise eine Freude zu bereiten.
Ein offener großartiger Charakter ist mit ihm dahinge-
gangen. Ich persönlich achtete ihn so hoch, daß ich mir
ihn als Adjutanten erwerben wollte. Nun starb Ihr
Sohn den Helden-
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Ich wende den Kopf und sehe den Oberst an. Der Oberst
sitzt steif und gerade. — Ob er meinen Blick fühlt? Lang-
sam wendet er den Kopf und sieht mich an. Lächelnd sagt
er: „Es kommt nie so gut, als man hofft und nie so
Sechsische Truppen erwarten ihren König
schlimm, als man fürchtet!“ Ich bin etwas verlegen, stehe
auf und gehe still an meinen Mlatz.
Feldwebel Uhde 3./107.
„Sachsen macht's weiter so!“
Am Sonnabend den 3. OÖktober 1914 fuhr ich gegen
Mittag nach St. Souplet zum Generalkommando, um für
mein Motorrad einen Ausweis zu holen, da infolge Benzin-
mangels kein Kraftfahrzeug mehr mitgeführt werden durfte.
Durch Vermittlung des Grafen Vitzthum, in dessen Auf-
trag ich schon mehr-
tod aus dem Schlacht-
felde, in Ausübung
treuester Pflicht
erfüllung! — Das
Schönste und Er-
strebenswerteste für
einen echten deut-
schen Soldaten
und Pionier, wie
er es war. —
Oberst Löffler
Eben komme ich
von der Kompagnie
zum Regiments-
Stabe zurück. Leut-
nant K. von der Ma-
schinengewehrkom-
pagnie hält einen
Vortrag über fran-
zösische Artillerie.
„Sehen Sie, meine
Herren, jetzt wird -
oben der Kamm beschossen. Die nächste Lage kommt
nun auf halbe Höhe.“ Wir sehen hin. Richtig!
Die Lage schlägt dort ein. „Und nun, meine Herren,
kommen wir an die Reihe.“ — Donnerndes
Krachen! Vor und hinter uns schlagen Granaten ein.
Unwillkürlich ducken wir uns alle dicht an den Boden.
Schloß Marchais, in welchem sich der König von Sachsen wiederholt aufhielt
fach für das General=
kommando gefahren
war, sollte ich den
Ausweis bekommen
undihn mirum5 Uhr
abholen.
Da mit einem
Male hieß es: „Der
Kaiser kommt!“
Selbstverständlich
fubr ich nun nicht
zur Kompagnie zu-
rück, sondern war-
tete in St. Souplet.
Obwohl die meisten
Truppen weiter vor-
wärts in Stellung
lagen, herrschte auf
allen Dorfstraßen re=
ges Leben. Unter
Aufsicht der 13er
Jäger, die augen-
blicklich die Korps-
reserve bildeten,
mußten französische
Gefangene die Straße kehren. Die Leute gaben sich
die großte Mühe. Man merkte es ihnen an, daß es
ihnen hier in Gefangenschaft besser ging als bei ihrer
eigenen Truppen. Ein junger Infanterist, anscheinend aus
besserem Hause, gab sich verzweifelte Mühe, mit einem
Spaten Pferdemist auf die Seite zu schaffen. Ein anderer