Die Feldgrauen hängen an seinen Lippen. Mir zeigt sich
ein sonderbares Bild vor meinem Augez erst stört es mich,
dann gebe ich mich ihm hin: Seitlich des Altars hat eine
Granate das Mauerwerk durchbohrt. Die Steintrümmer
liegen noch herum, heller Sonnenschein flutet durch die
Offnung. Auf dem Gesims der Holztäfelung darüber blühen
Sommerblumen in voller Farbenpracht. Das Kruzifix auf
dem Altarist von dem Geschoß gewendet worden undso schaut
das Gesicht des Gekreuzigten nicht in die Kirchehinein, sondern
auf das seltsame Bild zu seiner Seite. Neues Leben blüht
aus den Ruinen.=
schlagen hat,
strebt in den
sonnenhellen
Ather hinein
zukunfts-
fraher Blü-
tentraum.“
Um die
Fahne
geschart
Nur einige
Aus den Wunden, die der Krieg ge-
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Schritt für Schritt, das feindliche Feuer immer er-
widernd, gingen sie zurück, um die Fahne geschart. Die
Gegner verstärkten ihr Feuer, nachdem sie beobachtet hatten,
warum der Rückzug erfolgte. Dem Fahnenträger, Sergeant
Franke aus Mittweida, zerschmetterte ein Geltol den
Arm. Aber er ließ seine Fahne nicht von sich. Da traf's
ihn zum zweiten Male in den anderen Arm. Ein Nachbar
riß nun die Fahne an sich gur sank unmittelbar darauf
Engel aus Haßlau. Aus seiner Hand empfing sie, als
er ermattet zu Boden stürzte, der Kriegsfreiwillige Kühn
aus Leipzig;
so gelang es
unter unsäg-
lichen Mühen
und unter
Einsetzung
des eigenen
Lebens die
Fahne zuret-
ten. Schwer
waren die
Opfer: denn
nur sieben
Mann kamen
20 Mann der zur Truppe
60. Komp. des zurück.
Inf-Rgt. Nr.
104lagenaus- .
eschwärmt Schsische
Shenn bin. Sichsische
besetzten Pioniere
feindlichen br Lül#
hchen vor Lille
graben ge- Der später
genüber, der beieinemküh-
Fahnen- - nen Sappen-
träger mit der Kolonnenbrücke im Bau ausbau
Fahne in schwerver-
ihrer Mitte. Viel Blut war geflossen, aber die tapfere Echar
hielt im stärksten Feuer die gewonnene Stellung mit zähem
Widersiand fest. Jeder Gegenangriff des Gegners wurde
unter blutigen Verlusten für den Feind zurückgeschlagen.
Als aber ein Kamerad nach dem anderen, tot oder ver-
Neuernannte Kd. d. Mil St. Heinr. Ordens Oberãltut. v. Carlowit,
Res.-Inf.-Rgt. 103, Oberst Einert. Kd. d. 10. Res.-Brig., Obersiltut.
Fürstenau Res.-Juf.-Rgt. 102
wundet, das Gewehr aus der Hand sinken lassen mußte,
und links und rechts der vordringende Feind sie zu über-
flligeln drohte, da wußten alle, daß sie dieser erdrückenden
lbermacht gegenüber nicht mehr Sieger bleiben konnten.
Da war es heilige Pflicht, die Fahne zurückzubringen.
wundet in Gefangenschaft geratene Unteroffizier Emil
Fischer (aus Leipzig) von den Riesaer Mionieren hat in
der Nacht des 11. Oktober 1914 vor dem eingeschlossenen
Lille eine höchst gewagte Erkundung glücklich durchgeführt
und berichtet darüber seiner Mutter in einem ausführlichen
und anschaulichen Briefe:
Die drei Züge unserer Kompagnie wurden auf einzelne
Regimenter der 40. Diovision verteilt. Mein Zug des Leut-
nants Schumann unter der oberen Leitung des Oberleut-
nants Nägler kam zum Infanterie-Regiment 131. Un-
gefähr ein Kilometer vor den Stadttoren wurde Halt ge-
macht, und die andern Regimenter schlossen sich rechts und
linko an, so daß die 300 000 Einwohner fassende Stadt
und Festung fast ganz umschlossen war. Es wurde ein
Parlamentär, der Bürgermeister eines Vorortes, hinein-
geschickt, der zur Ubergabe auffordern sollte, andernfalls
die Beschießung nachto 12 Uhr beginnen würde.
Es war nun schon dunkel geworden. Eine siernklarc,
aber trotzdem pechschwarze Nacht. Uber der Erde lag dichter
Nebel. Plötzlich kam der Brigadekommandeur, General
Bärensprung, zu uns herangeritten. Nach einem „Guten
Abend, Pioniere!“ das kräftig erwidert wurde, fragte er,
ob jemand wagte, durch die Gräben zu blettern, um die
Art derselben festzustellen und wenn möglich auch die Art
der Befestigung. Es war dies eine anscheinend fast un-
lösbare Aufgabe. Trotzdem meldeten sich sofort drei Unter-
offiziere, darunter auch ich, und sechs Mann. Es wurden
nun drei Patrouillen gebildet, je ein Unteroffizier und
zwei Mann, die an drei etwa loo Meter voneinander ent-
fernten Stellen einzudringen versuchen sollten.