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des ruhmreichen Admirals Grafen Spree zugezogen worden
und hat wenig später in der siegreichen Seeschlacht bei
Coronel, wo die englischen Kreuzer „Monmouth“ und
„Good Hope“ mit Mann und Maus untergingen, wacker
Stand gehalten. Es war unsere erste große Seeschlacht,
sie brachte uns Sieg und Ruhm; auf der Brücke der
„Scharnhorst“ kommandierte Admiral Graf Spee das
Treffen. Uber das Gefecht liegt ein Brief eines Offiziers
vom Bord des kleinen Kreuzers „Leipzig“ vor:
S. M. S. Leipzig, 2. 11. 14.
Lieber FF 1
Um 1 Uhr p. m. wird angesagt, „um 8 Uhr schließt
Post“ und um 2 Uhr heißt es dann, die Post schließt schon
um 4 Uhr. So wird nun dieser Brief, der eigentlich sehr
lang werden soll, recht kurz. Inhalt sollte nämlich sein:
die Seeschlacht bei Coronel. Am 31. Oktober lagen wir
bei Valparaiso. Nachts um 3 Uhr bekamen wir plötzlich
die Nachricht: Im Hafen von Coronel hat am 31. 10.
abends 7 Uhr ein englischer
verschwunden. Als wir nachts die Engländer suchten, stieß
die „Nürnberg“, die uns wieder eingeholt hatte, auf die
„Monmouth“. Sie lag mit starker Schlagseite bewegungs-
los da und schoß wieder; noch leuchteten sie mit Schein-
werfern. Die „Nürnberg“ brachte sie durch Artillerie zum
Kentern. Die „Glasgow“ bekam einen Treffer vorn und
einen achtern, mehr wurde jedenfalls nicht beobachtet.
Eine zeitlang schoß sie nur mit den Mittelgeschützen. Grund?
Der Hilfskreuzer erhielt im Anfang einen Treffer und
verduftete sofort.
Und bei uno? Kein Toter, kein Verwundeter;
Treffer von Bedeutung nur einer in der „Gneisenau“,
der aber nicht krepiert ist! Wir haben die Granaten nur
pfeifen hören, Treffer haben wir überhaupt nicht drin!
Dabei schossen die Brüder mit unheimlich schneller Salven-
folge! Das war also unsere erste Seeschlacht! Hoffentlich
bist Du schon so weit wieder hergestellt, daß Du bald
wieder zu uns stoßen kannst! Ein zweites Gefecht wird
wohl nicht lange auf sich warten lassen!
Gute Besserung, auf bal-
kleiner Kreuzer geankert. Wir
also wie die fliegenden Bett-
säcke hinunter. Um 4½ Uhr
etwa sahen wir (nachmittags
am 1. November) ein Ge-
schwader von 4 Schiffen, die
wir schließlich als „Good
Hope“, „Monmouth“, „Glas-
gow“ und einen Hilfskreuzer.
ausmachten. Sobald sie uns
sahen, liefen sie weg. Das
Wetter war toll. Die Soen
kamen dauernd in die Seh-
schlitze vom Turm hineinge
spült. Wir fuhren Kiellinie:
„Scharnhorst“, „Gneisenau“,
„Leipzig“, „Dresden“. Die
„Nürnberg" hatte morgens
einen Segler gegriffen und
war noch nicht wieder da.
diges Wiedersehen und herz-
liche Grüße
Dein tr. FF. #¼
Das zweite Gefecht, von
dem der Offizier ahnungsvoll
spricht, ist dann einen Monat
später das Schicksal unserer
wackeren „Leipzig" geworden:
Die Seeschlacht bei den Falk-
landinseln am frühen Morgen
des ersten Dezember 1014.
„Scharnhorst“, „Gneisenau'
und mit den herrlichen Trä-
gern dieser beiden Namen
aus den Freiheitskriegen auch
unsere „Leipzig“, auf die
ganz Sachsen so stolz ge-
worden war, sanken in die
Tiefe. Trauerglocken klan-
Wir kamen sehr langsam
näher, waren den Engländern
an Geschwindigkeit überlegen
und konnten uns in günstige Position stellen. Es
wurde laufendes Gefecht an Steuerbord mit Parallelkurs
und manchmal 1 Strich Annäherung. Wir seiteten in
See vom Wetter (d. h. die Geschütze feuerten in der Wind-
richtung und infolgedessen unter Windschutz), während den
Engländern die ganzen Seen in die feuernde Seite schlugen.
Nachdem wir eine etwas vorliche Stellung erreicht
hatten (wir hatten natürlich über die Toppen geflaggt),
feuerte die „Scharnhorst“ etwa 6.15 die erste Salve
8f000 Meter. Darauf begannen wir anderen und dann
auch die Engländer das Feuer. Als es dunkel wurde, war
die Entfernung 5600 Meter. Es entstand dann eine Pause,
da die Geschütze für die Nacht klargemacht wurden, und
obgleich wir ung mit 18 Seemeilen heranzuwerfen suchten,
sind und die Engländer entkommen. Der Erfolg war:
„Good Hope“ brannte mehrmals vorn, in der Mitte und
Achtern. Der Brand vorn hat, wenn nicht mehr, auf jeden
Fall die Apparate im Turm zerstört und die Insassen
aucsgeräuchert; denn der Wind trieb die Flammen
direkt hinein. Achtern brannte die „Good Hope“ noch,
als wir sie zum letzten Male sahen; sie wurde dann in
einer Regenböe und der allgemeinen Dunkelheit unseren
Augen entzogen. Hoffentlich ist sie gefechtsunfähig ge-
worden; sie feuerte allerdings bis zum letzten Augenblick.
Die „Monmouth“ brannte ebenfalls mehrmals. Um 6.30
etwa erfolgte eine kolossale Explosion, und sie war
Beim Kompagnieschuster
gen durch das Land, und
die Flaggen von dem Rat-
hause zu Leipzig, die so
stolz in den Tag geweht hatten, sanken auf Halbmast.
Das schöne, stolze Schiff, mit wehender Flagge kämp-
fend untergegangen, war — es sei hier der Erinnerung
aufbewahrt — am 21. März 1905 vom Stapel gelaufen.
Den Taufakt vollzog der Leipziger Oberbürgermeister
Dr. Tröndlin in Anwesenheit des Vizeadmirals v. Ahlefeld
mit Gefolge und des damaligen Stadtverordnetenvorstehers
Dr. Junck. Die 4. Kompagnie des Regiments Bremen stellte
die Ehrenwache. Dr. Tröndlin hatte dem Schiffe an jenem
Tage hoffnungsvoll zugerufen:
„Und wenn nun das Schiff, auogerüstet nach allen
Regeln und Erfahrungen moderner Technik, seinem Ele-
ment übergeben wird, so wollen wir ihm das Geleit geben
mit den herzlichsten Segenswünschen; möge der Kreuzer
„Leipzig“ sich immerdar bewähren zu Ehren seiner Er-
bauer, möge er mit seiner tapferen Besatzung in Sturm
und Wetter und allen Fährlichkeiten des Krieges unver-
sehrt bleiben und die Erde umkreisen als Sinnbild deutscher
Kraft und Ehre, dem Freunde zum Schutz, dem Feinde
zum Trutz.“
Trutzig ist die „Leipzig“ untergegangen. Zu ihrem Ge-
dächtnis bietet „Die Sachsen im Weltkrieg“ ein Bildnis
des stolzen Schiffes von berufener Künstlerhand: Die
„Leipzig“ im letzten Kampfe.
In diesem wirklichkeitsgetreuen Bilde lebe das Andenken
der „Leipzig“ fort im Sachsenlande.