Full text: Sachsen in großer Zeit. Band I. (1)

Amt des Erkundens der feindlichen Stellung zum Wohle 
des Vaterlandes zu beginnen. . 
Bei unserer Abteilung ist von Leipziger Ballonführern 
Wilhelm Fahlbusch, während Georg Naumann, der 
früher gleichfalls bei uns war, inzwischen zu den Be— 
obachtern bei Fliegern übergegangenist. Dies Amt 
  
Reste eines kriegsstarken Bataillons Infanterieregiment 100 (Z. Komp.) 
nehmen ebenfalls Dr. Mothes und Rudolf Ernst ein, 
den letzteren traf ich zufällig bei unserer Abfahrt von Metz. 
Die anderen Ballonführer unserer Abteilung sind Alfred 
Nestler aus Roßwein, Fritz Bertram aus Chemnitz, 
Herbert Schreiterer aus Reichenbach i. V. und Gerhard 
Kühne aus Stockhausen-Döbeln. In einer Feldluftschiffer- 
abteilung befindet sich auch Leutnant der Reserve Häuber 
aus Leipzig. H. W. in den „Leipz. Neuest. Nachr.“ 
36 Stunden unter den Toten 
Bei der 5. Kompagnie des Infanterie-Regiments 179 
war eine kleine Schar Ausgang Oktober 1914 beim Sturm 
auf Rue de Bois in einen 20 Meter vom Feinde entfernten 
Grabenteil gelangt. Da plötzlich setzte starkes, flankieren- 
des Maschinengewehrfeuer ein, das sämtliche Mannschaften 
tötete, bis auf den Reservisten Rost aus Leipzig-Volk- 
marsdorf, der schwer verwundet wurde, und den Soldaten 
Luckner aus Plauen, der wie durch ein Wunder unverletzt 
blieb. Zu dem eigenen etwa 150 bis 200 Meter zurück- 
liegenden Schützengraben zurückzukriechen, war ein Ding 
der Unmöglichkeit, denn fortgesetzt nahten sich feindliche 
Patrouillen. Mit eiserner Willenokraft unterdrückten Rost 
und Luckner jede Bewegung, um sich nicht zu verraten; 
ein besonders kritischer Augenblick war es für beide, als 
ein feindlicher Posten längere Zeit neben sie trat und sie und 
die Gefallenen betrachtete und abzählte. Stunden vergingen; 
mit bewundernswerter Geschicklichkeit gelang es Luckner, aus 
einem Tornister Konserven und Brot hervorzuholen, um 
seinen und des verwundeten Kameraden Hunger zu stillen. 
Nach etwa 36 Stunden heldenhaften Ausharrens 
konnte der Versuch gemacht werden, zu entkommen. 
Unter Anwendung äußerster Vorsicht zog Luckner den Rost 
unter den Toten hervor und kroch mit ihm in dem Gra- 
benstück bis zu einer Stelle, wo ein natürlicher Graben 
einmündete. Nachdem sie in diesem noch ein Stück vor- 
wärtegekommen waren, nahm Luckner seinen Son Schmerz 
und Blutverlust völlig erschöpften Kameraden auf den 
Rücken und gelangte glücklich mit ihm zur Truppe zurück. 
Beide erhielten für ihr wackeres Auöharren das Eiserne 
Kreuz, Luckner außerdem für seine kameradschaftliche Retter- 
tat zugleich die Silberne St. Heinrichsmedaille. 
  
7. 
— 
Saächsischer Humor im Felde 
Oberleutnant Gregori, vielen Feldzugsteilnehmern 
nicht bloß als Kompagnieführer beim Leibregiment Nr. 100 
bekannt, sondern vor allem als ein gesuchter und überall 
an der Front mit Begeisterung empfangener, begeisternder 
Meister im Vortrag deutscher Dichtwerke, schildert kösilich 
selbstbeobachteten sächsischen Humor im Weltkrieg: 
Da wird ein Holzvorrat angelegt. Ein Mann hackt die 
Zweige klein. Zwanzig Schritt hinter ihm rutscht ein Blind= 
gänger in die weiche Erde. Er dreht langsam den Kopf 
danach und wieder nach vorn und hackt weiter. Gleich 
darauf derselbe Vorgang zwanzig Schritte vor ihm, wieder 
ein Blindgänger: „Siehsde, da wihlsde!“ murmelt er und 
backt weiter. Jetzt aber krepiert eine dritte Granate, ganz 
vertragsmäßig laut und in die Breite, hinter ihm und 
wirft ihm den Halco voll Dreck: „Die doogd was,“ be- 
merkt er bewundernd, schüttelt sich und räumt seinen Hacke- 
klotz weg. 
Früh entdeckte man mit Schrecken im Nachbardorfe, 
aus dem gestern schon die Zivilbevölkerung ausgerückt ist, daß 
die Wohnung des Artilleriewachtmeisters von einer großen 
Granate getroffen und zur Hälfte eingesunken war. Zehn 
Mann treten an, um mit Spitzhacke und Schippe den Ver- 
schütteten bloßzulegen. Als sie sich endlich schwitzend eine 
ÖOffnung gebahnt haben, wacht der Wachtmeister aus einer 
urgesunden Nachtruhe auf, spürt den Staub und knurrt: 
„Wer macht denn schon meine Schdube reene, wenn ich 
noch schlafe?“ 
Die Unverdrossenheit unserer Leute ist grenzenlos. Wäh- 
rend des fünfundsiebzigstündigen Trommelfeuers in der 
Champagneschlacht lo#s zeigte sich das am deutlichsten. 
Da war ein Essenholer, der mit seinen gefüllten Eimern 
über Bergevon 
Schutt steigen a 
mußte und bei 
jedem vierten 
Schritte dem 
Feinde ein brei- 
tes, hohes Ziel 
bot. „Mensch, 
das geht doch 
nicht,“ ruft ihn 
ein Unteroffi- 
zier an. „Ent- 
weder brauchen 
die Leute das 
Essen oder 4# 
nicht antwor- 
tete er; „und 
wenn sie's 
es ooch eener 
holen.“ 
Ein Mann 
reißt, als sie 
wieder Besitz 
von der Seh- 
nenstellung ge- 
  
nommen 
haben, die Tür Alles was rechk is! 
seines alten „Also mich gann wahrhaftig so leicht geener 
Unterstandes aus der Ruhe bringen. Aber nn sitz ich hier 
auf und sieht schon enne Vertelschtunde, enne halbe Schtunde, 
ein paar enne dreivertel Schtunde vor dem Doppe mit n 
sch Kerl Gaffee — und das Gelumpe will und will nich 
hwarze Kerle heeß wärden — also, weeß Kneppochen noch 
brin hocken. fünf Minuten will ich warden — aber hernach 
„Wolld'r glei da is mersch eegal — da zerhackch den gauzen 
raus, ihr Lu= Misfs, den verfluchten!“ H 
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