Full text: Sachsen in großer Zeit. Band I. (1)

fassen. Drei Mann von jeder Korporalschaft holen's heran. 
Und dann schlemmt man mit zwei Kameraden zusammen 
ein heißes Kochgeschirr voll Nudeln mit Rindfleisch. Ohh 
Das tut gut. 
Ich hab jetzt erst den Ausspruch recht verstehen gelernt, 
den Wellington tat. Er sagte: „Wie ich den Krieg ge- 
wonnen habe? — Mit Reis und Ochsen!“ Er wußte, 
was eine geregelte Verpflegung bedeutet. 
Ich habe im Frieden oft Rekruten gehabt. Ich war zu 
Reserveregimentern kommandiert. Aber am liebsten habe 
ich doch immer meine Landwehr gehabt. Wie das kommt? 
Vielleicht weil diese Männer doch eine ganz andere Lebens- 
auffassung haben. Weil sie Weib und Kind zu Hause haben. 
Weil sie wissen, wofür sie kämpfen. Nicht daß die andern 
das nicht auch wüßten. Aber bei meinen Landwehrleuten 
ist dieses Gefühl eben ganz besonders stark ausgeprägt. 
Wenn ich jetzt im Kriege wieder mal eine Kompagnie 
bekommen sollte, dann wünsche ich mir eine Landwehr- 
kompagnie. 
65 Wq 
* * 
* ; 
Mit diesen 
kleinen Pro- 
ben aus mei- 
ner Skizzen- 
mappe will 
ich schließen. 
Ich ziehe 
mich in mei- 
nen Unter- 
stand zurück, 
dessen Bild 
ich euch als 
letztes 
bringe! 
Freilich — 
bomben= 
sicher ist er 
nicht! 
Oberlt. 
Haupt- 
Gez. Res. Wedag #. 
Heydemark. 
Bei den Sachsen vor Reims 
Ende 1914, also noch in den ersten Monaten des schier 
endlosen Stellungskrieges hat der bekannte Kriegobericht- 
erstatter, W. Scheuermann, der oft und gern von den 
Sachsen berichtete, die sächsischen Truppen vor Reims be- 
sucht. Er erzählt: 
Unter Führung von General von Carlowitz und des 
Obersten von Ompteda ersteigen wir den „Höhenluft- 
kurort Oberbärenburg“. Der Platz, dem die sächsi- 
schen Truppen diesen heimatlichen Namen gegeben haben, 
wird ihn in der Kriegsgeschichte behalten. Hier werden 
in einer besonders günstigen Geländedeckung die aus dem 
Schützengraben abgelösten Mannschaften zu kurzer Erholung 
untergebracht. Die Verwundeten werden hier verbunden 
und Leichterkrankte verpflegt. Oberbärenburg, die sächsische 
Sommerfrische im Lande der Jungfrau von Orleand, würde 
mit seinen gemütlichen Erdhäusern, seinen sauberen, mit 
weißen Steinchen gesäumten Gebirgspfaden und seinen gast- 
freundlichen Bewohnern einen sehr einladenden Eindruck 
machen. Sind doch sogar schon die Anfänge einer Kur- 
promenade vorhanden. An einer hervorragenden Stelle ist 
zum Andenken des Besuches, den der König von Sachsen 
      
  
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seinen im Feuer liegenden Truppen abgestattet hat, ein 
großes Mosaikkreuz aus weißen Kreidesteinen, sauber mit 
Tannenbäumchen umpflanzt, in die Erde eingelassen. 
Die Konkurrenz des jüngsten sächsischen Luftkurortes 
wird freilich gegenüber manchem lieblichen Platze zwischen 
Dresden und Bodenbach stark durch die unfreundlichen 
französischen und englischen Granatlöcher beeinträchtigt, 
denen man auf Weg und Steg, und selbst auf der Kur- 
promenade begegnet. „Aber daran gewöhnt man sich,“ 
wenigstens nach der Ansicht der Neu-Oberbärenburger. Der 
häßliche Nebel, der uns die schönsten Fernblicke, die man 
sonst von hier aus auf die mit französischen und englischen 
Batterien so feurig belebte Champagnelandschaft hat, bös- 
willig entzieht, ist den Erdhöhlenbewohnern sehr willkommen. 
Sie bönnen nämlich bei so trübem Wetter ihre unterirdischen 
Wohnungen nach Herzenslust heizen, während sonst jedes 
Nauchwölkchen vom Feinde sofort als Zielpunkt benutzt 
wird. — Näher in die Topographie der eigenartigen Ge- 
meinde ein- 
zudringen, 
hatte ich kei- 
ne Zeit, da 
der Marsch 
9 — zu den 
Schützen- 
gräben noch 
ziemlichweit 
war. Nur 
das möchte 
ich den zu- 
künftigen 
Kurgästen 
von Ocdber- 
bärenburg 
noch mittei- 
len, daß der 
Ort selbst- 
verständlich 
ein Sana- 
torium be- 
sitzt, welches 
augenblick- 
lich zwei In- 
sassen hat. Einer leidet an Mandelschwellung und einer 
an einer Zahnfistel. Sonst ist der Gesundheitszustand 
vorzüglich. · 
Durch das flachwellige Gelände führt uns der Weg bald 
in der Deckung von schütteren Kümmerholzreihen, bald frei 
über kahle Grassteppen der vordersten Frontlinie zu: Hin:er 
einem Wäldchen befindet sich eine verlassene Stellung un- 
serer schweren Artillerie. Daneben liegt eine Reihe schön 
gepflegter, mit Astern bepflanzter Gräber. Ein paar hun- 
dert Meter weiter vorn tauchen aus dem Nebel die Um- 
risse unserer am weitesten vorgeschobenen schweren Batterie 
auf. Die Kanoniere freuen sich in ihren splittersicheren 
Unterständen der Ruhe, die jeden Augenblick durch einen 
der überraschenden feindlichen Vorstöße sehr plötzlich zu 
Ende sein kann. "- 
Diese Batterie war vor kurzem von einer sehr gut ge- 
deckten französischen Batterie stark belästigt worden. Da 
verriet ein Zufall eigener Art die genaue Stellung des 
Feindes. Ein Blindgänger war unmittelbar neben unseren 
Geschützen eingeschlagen und hatte eine lange gerade Furche 
in die Erde gezeichnet. Es war nur nötig, deren Richtung 
genau zu visieren und an dem französischen Zünder die 
Entfernung genau abzulesen, um die so geschickt verborgene 
Stellung der feindlichen Batterie zu kennen. Sie wurde 
unter Feuer genommen, und unsere Flieger stellten fest, 
daß das mit vernichtendem Erfolge geschah. 
   
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