7. September fortzusetzen. Demgegenüber glaubte das Ober-
kommando der dritten Armee beizeiten dafür sorgen zu
müssen, die aus der Gruppierung des XlI. Armeekorps ent-
standene Schwäche in der Aufstellung bei Sommesous
auozugleichen, und zwar um so mehr, als auch die 23. Reserve-
division bei ihrem Vormarsche am 7. September früh sich
auf Anruf der 2. Garde-Infanteriedivision und der 32. In-
fanteriedivision aus eigner Entschließung veranlaßt gesehen
hatte, zunächst Artillerie und bald auch Infanterie diesen
Divisionen verfügbar zu machen.
Diese Verhältnisse erforderten ein Eingreifen des Ober-
kommandoov. Zunächst schien infolge des selbständigen Han-
delns der 32. Infanteriedivision die Möglichkeit vorhanden,
daß der Feind in der Mitte der dritten Armee durchstoßen
könnte. Deshalb wurde *,45 Uhr vormittags das XII. Armee-
korps angewiesen, von der 23. Infanteriedivision 1 Infan-
terieregiment und 1 Abteilung Feldartillerie bei Coole,
oder falls infolge des inzwischen schon angetretenen Vor-
marsches nicht möglich, bei Sompuis zur Verfügung des
Oberkommandos zu belassen. Dazu wurde vom General-
kommando XII. Armeekorps die Abteilung Soudé bestimmt
(Seite 82).
Aus demselben Grunde erhielt das II. Bataillon Infan=
terieregiments 134, biöher an der rückwärtigen Verbindung
der Armee verwendet und im Anmarsch auf Chälons be-
griffen, vom Oberkommando den Befehl, auf Coole zu
marschieren, wo es voraussichtlich 2 Uhr nachmittags ein-
treffen konnte.
7,45 Uhr vormittags meldete das Generalkommando
des XII. Reservekorps, daß seit 6,30 Uhr vormittags ein
starker französischer Gegenangriff aus Lenharrée heraus
im Gange sei.
Die ganze Lage schien es jetzt gebieterisch zu fordern,
daß die 23. Infanteriedivision in ihrem befohlenen Vor-
marsch in südlicher Nichtung angehalten würde, um sie
nicht, auf sich allein angewiesen, einem etwaigen Angriff
starker feindlicher Kräfte aus südlicher Nichtung auszusetzen.
Der Befehl lautete: „23. Infanteriedivision soll, inso-
weit sie noch nicht eingesetzt ist, zur Verfügung des Ober-
kommandos bleiben, um nötigenfalls gegen einen Feind
aus südlicher Richtung eingesetzt zu werden.“
Ein Generalstabsoffizier des Oberkommandos wurde
7,45 Uhr vormittags mit dieser Amveisung zum XII. Armee-
korps vorgesandt. Gleichzeitig wurde das XII. Reserve-
korps (ohne die 24. Reservedivision) beauftragt, auf den
Höhen nördlich Sommesous den Schutz der linken Flanke
der rechten Armeegruppe zu übernehmen mit dem gleich-
zeitigen Hinweis, daß auf eine Unterstützung von Östen
ber durch die 23. Infanteriedivision zunächst nicht zu
rechnen sei.
Diese zweifache Einwirkung des Oberkommandos kam
aber angesichts des bereits auf der ganzen Front ent-
brannten Kampfes nicht mehr voll zur Geltung.
Der Kampfoerlauf bei den einzelnen Korps
der 3. Armee
Bei Tageobeginn wurde von den Truppen der vordersten
Gefechtolinie der Feind mit seinen Hauptkräften zutreffend
in Linie F Semoine— Her-
bisse aus Grund der Tageserkundungen angenommen. Die
im Laufe des 6. September eingetroffenen Nachrichten
von Fliegern usw., soweit sie den Truppen bekannt wurden,
widersprachen sich allerdings.
32. Infanteriedivision am 7. September
Die 32. Infanteriedivision stand am 7. September seit
6 Uhr vormittags bei Lenharrée im Kampfe gegen einen
Gegner, der aus der Richtung von Fere-Champenoise
zum Angriff vorgerückt war.
91
XII. Reservekorps (23. Reservedivision)
am 7. September
Das XII. Reservekorps hatte am 6. September abends
Avize und Le Mesnil, 15 Kilometer nördlich von Cla-
manges, erreicht. Noch in der Nacht war das Reserve-
Feldartillerieregiment 23 und das halbe II. Bataillon Fuß-
artillerieregiments 3 auf Villeseneux zur Unterstützung der
32. Infanteriedivision vorgesandt worden.
Die 23. Reservedivision ging am 7. September früh-
zeitig in 2 Kolonnen in Richtung auf Villeseneux und
Vatry vor.
Zur Unterstützung der 32. Infanteriedivision wurde das
Grenadier-Reserveregiment 100 (ohne II. Bataillon) mit
1 Batterie des 23. Res ldartillerieregiments linko
von der 32. Infanteriedioision, ihr unterstehend, eingesetzt.
Noch weiter links wurde die Lücke zur 23. Infanteriedivision
durch die Kavallerie der 23. Reservedivision mit einer
Batterie geschlossen, etwas später auch noch ein weiteres
Bataillon zur Sicherung der linken Flanke der 32. In-
fanteriedivision an diese herangeführt, da sich der Feind
an der Somme, deren linkes Ufer stark von ihm besetzt
war, zusehends verstärkte.
23. Reservedivision
Die 23. Reservedivision schickte von Vatry aus auf die
Kunde, daß die 32. Infanteriedivision nördlich von Len-
harrée und die Abteilung v. d. Pforte nördlich von Somme-
sous in schwerem Kampfe standen, ihre Feldartillerie im
Trabe. ohne Rücksicht auf die fehlenden Deckungstruppen,
auf Sommesous vor. Sie traf dort in den Waldstücken
nördlich Sommesous auf die Abteilung v. d. Pforte
(Seite 82).
Diese hatte am Abend zuvor nach 40 Kilometer Marsch
Vatry 9 Uhr erreicht und war auf Befehl des General-
kommandos XII. Armeekorps 11 Uhr abends weiter auf
Sommesous vorgegangen. Sie fand den Ort vom Feinde
stark besetzt und wurde bei Hellwerden von 4 Batterien
beschossen. Schwächliche Vorstöße des Gegners aus Somme-
sous heraus wies sie am Morgen des 7. September ab.
Die 23. Neservedivision schloß bis zum Abend in den
Waldsiücken nördlich von Sommesous auf. Ibre Artillerie
mühte sich vergebens den ganzen Nachmittag über, die
Feuerüberlegenheit über die feindliche zu erlangen. Die
weite, offene Ebene verhinderte ein weiteres Heranführen
der eigenen Batterien. Sie mußten den Kampf auf weitest-
mögliche Entfernungen führen. Die französische Artillerie
nutzte ihre weit größere Schußweite — hier wie auf dem
ganzen östlich anschließenden Schlachtfeld — meisterhaft
aus. Die Nachteile unserer, aus falscher Sparsamkeit mit
einem starkgebrauchten Geschützrohr, einer Weitesischuß-
weite von 7500 Meter (gegen 12 000 Meter des franzö-
sischen Geschützes !) und Schrapnellfeuergrenze von s000
Meter in den Krieg gezogenen Feldartillerle gaben der
Marneschlacht geradezu dao Gepräge.
Aus der unterlegenen Leistung unseres Feldgeschützes
heraus wurde der mannhafte Entschluß des Oberkommandos
geboren, am nächsien frühesten Morgen mit dem Bajonett
auf der ganzen Schlachtfront zu stürmen, um die Wirkung
der französischen Artillerie möglichst auszuschließen.
Die Abteilung von der Pforte rückte am Abend nach
Soudé (an dort 11 Uhr nachts) und löste dort das
II. Bataillon Infanterieregiments 134 ab, welches von Coole
auc dahin am Nachmittag vorgerückt war. Wieder stand
die Abteilung, je. 8 Kilometer von Sommesous und Som-
puis entfernt, einsam auf weiter Flur als Zwischenglied
nunmehr zwischen der 23. Reservedioision und seiner eigenen
23. Infanteriedivision.