Full text: Sachsen in großer Zeit. Band III. Die Kriegsjahre 1916-1918. (3)

228 
Durch Uberfall erstrebte man auf beiden Seiten den Erfolg. 
Viel ernstere Gegner waren die Tschechen, die unter ihren alten 
Offizieren mit dem Mut der Verzweiflung kämpften. Gut 
geführt, mit fester Disziplin, arbeiteten sie „nach den neue- 
sten preußischen Reglements“, wie sie selbst rühmten. Sie 
brachten den deutschen Vormarsch mehrfach erheblich zum 
Stocken. Bei den riesenhaften Entfernungen und der Schnel- 
ligkeit des Vormarschs riß die Verbindung zwischen Leitung 
und Truppe meist schnell ab. Aber das umsichtige und tat- 
kräftige Handeln der deutschen Unterführer, die in über- 
raschenden Lagen schnell zufaßten, ihre Selbständigkeit und 
Verantwortungsfreude sicherten überall den schnellen Er- 
folg. Deutsche Wachsamkeit und Zuverlässigkeit gewährten 
auch später die Sicherung der Bahnlinien und der Nach- 
richtenübermittlung. Glücklicherweise stellte sich das ukrai- 
nische Bahn= und Fernverkehrpersonal fast restlos in den 
Dienst der Mittemächte. Das pferdereiche Land ermöglichte 
die Aufstellung berittener Infanterie und fahrender Abtei- 
lungen, denen Panzerkraftwagen erhöhten Wert verliehen. 
Die deutschen Kavalleriedivisionen fanden hier vor Schluß 
des Krieges noch herrliche Betätigung. Die Deutschen be- 
wiesen in der Ukraine, daß die Tatkraft der Führer und das 
frische Draufgehen der Truppe noch voll erbalten geblieben 
waren. Der heißersehnte Beiwegungskrieg wirkte sichtlich be- 
lebend auf Führer und Mann. Leider entsprach der erhoffte 
Zweck, Nahrung und Rohstoffe für die notleidende Heimat 
in der Ukraine zu finden, nicht der großartigen kriegerischen 
Leistung. Die Schuld trug die zerfahrene politische und 
wirtschaftliche Organisation. — 
In den letzten Monaten 1918 kam es in der neutralen 
Zone östlich Charkow verschiedentlich zu Kämpfen mit Bol- 
schewistenbanden, in die auch Teile der 45. Landwehrdioision 
eingriffen. 
Der Abtransport der Division setzte in der zweiten 
Dezemberhälfte ein nach Überwindung großer Schwierig- 
keiten, wie im allgemeinen Teil näher ausgeführt ist. 
Die Nachhut, drei Bataillone, dabei der Diovisionsstab 
und das Generalkommando des I. Armeekorps, mußte am 
3. Januar Charkow räumen, nachdem bereits vorher starke 
Bolschewistenkräfte, mit denen sich der Soldatenrat des 
I. Armeekorps unvorsichtigerweise in geheimgehaltene Ver- 
handlungen eingelassen hatte, die Großstadt Charkow be- 
setzt hatten. In Viehwagen, ohne geregelte Transportver- 
hältnisse, erreichten diese letzten Teile der Division über 
Großrußland nach fünf schrecklichen Wochen bei Molo- 
detschno das von Deutschen noch besetzt gehaltene Gebiet, 
ein trauriger Schluß der mit seltenem Schneid aus- 
geführten Eroberungsfahrt in die Ukraine.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.