Full text: Sachsen in großer Zeit. Band III. Die Kriegsjahre 1916-1918. (3)

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landesherrlichen Gewalt strebten; Kriege mit dem Erzbischof 
von Magdeburg, den Reußen, dem thüringischen Grafen= 
bund, an dessen Spitze das Haus Orlamünde stand, mit 
der Stadt Erfurt und anderen lösten sich ab; aber als er 
jung 1340 starb, ragte sein Haus über alle Gewalten in 
Mitteldeutschland empor, so daß man 1348 sogar daran 
gedacht hatte, ihm die deutsche Krone anzubieten. In ein- 
sichtiger Würdigung der überlegenen Macht seines Gegners, 
des Böhmenkönigs Karl IV., ließ sich jedoch der Mark- 
graf auf diesen Plan nicht ein. Auch seine Söhne Fried= 
rich III. (der Strenge), Balthasar und Wilhelm 
setzten diese bluge Politik fort und wußten mit Erfolg der 
von drei Seiten, von Brandenburg, den beiden Lausitzen 
und Böhmen sie umklammernden Macht Ka.ser Karls IV. 
zu widerstehen. Auch in ihre Zeit fallen viele Fehden, so 
mit den Vögten von Plauen, mit Braunschweig und Hessen, 
der Erfurter Krieg mit dem Erzstift Mainz und andere; 
  
Markgraf Friedrich III. der Strenge 1340—1381 
boten sie auch keinen Anlaß zu hervorragenden Kriegstaten, 
so sind sie doch denkwürdig durch 
die Schaffung unserer Artillerie. 
Erst gegen die Mitte des 14. Jahrhunder:s treten Feuer- 
geschütze in der Kriegführung auf und verbreiten sich 
in der zweiten Hälfte desselben auch in Deutschland. Bei 
einer Belagerung der braunschweigischen Burg Salzderhelden 
bei Eimbeck 1368 lernte Markgraf Friedrich III. von Meißen 
zuerst die Wirkung der neuen Donnerbüchsen zu seinem 
Schaden kennen, und eingedenk der alten Lehre, daß man 
vom Feinde lernen solle, war er bestrebt, sich selbst diese 
Einrichtung anzuschaffen. Wohl hatte man bioher auch schon 
eine brauchbare Artillerie gehabt, die in ihrer Bau- 
art unmittelbar auf die nach den Gesetzen der Mechanik 
konstruierten Geschütze des klas'ischen Alterrums, die Bal- 
listen, Katapulten und dergleichen zurückging; aus den 
Berichten lernen wir es erkennen, daß diese gewaltigen 
Wurf= und Schleudermaschinen, die Balken, Stein- 
blöcke, ganze Lagen von allerhand Geschossen entsandten, 
wirksame Fernwaffen abgaben, obwohl sie anfangs fast 
gar nicht in Feldschlachten, sondern nur bei Belage- 
rungen Verwendung fanden. Auch die Wettiner besaßen 
solche Geschütze. In der Landfriedensordnung Markgraf 
Friedrichs II. von 1338 wird bestimmt, daß er bereit- 
halten soll: o Mann auf Nossen, 10 Schützen mit Ruck- 
armbrüsten, 1 Blide, 1 Ebenhöhe; die Ruckarmbrüste waren 
große Armbrüste, die auf Böcke aufgelegt waren und zwei 
Mann zur Bedienung brauchten, die Bliden schwere Be- 
lagerungsgeschütze zum Einschießen von Türmen und Mauern, 
die Ebenhöhen Belagerungsmaschinen annähernd in Mauer- 
höhe und Turmform, die an die feindlichen Mauern heran- 
geschoben wurden. Auch Ballisten, die Feuerpfeile schossen, 
ließ Friedrich in seinen Kriegen verwenden, so vor Langen- 
salza 1346. Wir besitzen noch zahlreiche Urkunden mit Be- 
stallungen sogenannter Schützenmeister für Städte und 
Burgen (so für Koburg, Gotha, Thamsbrück, Weimar, 
Altenburg, Voigtsberg, Freiberg), fachkundiger Männer, 
die mit einigen Knechten die berufsmäßige Herstel- 
lung von Wurfgeschützen gegen ein festes Jahrgehalt 
übernahmen und an ihrem Standort eine Art stehender 
Artillerie bildeten. 
Neben diesen Geschützen älteren Systems schaffte sich 
aber Friedrich III. bald nach seinem Mißerfolg vor Salz- 
derhelden auch Feuergeschütze an, die man damats all- 
gemein als Büchsen, bixides, bezeichnete. Vom 13. Juni 
1371 ist die erste Bestallung für Johannes Schuftel 
den Jüngeren als Büchsenmeister von Dresden 
datiert. Im Jahre 1376 treffen wir ihn als Büchsen- 
meister zu Jena, 1395 einen Heinrich Scherer als Büchsen- 
meister zu Leipzig, der gegen einen Jahressold und ein 
Hofgewand es übernimmt, „unserer (des Markgrafen) 
Büchsen zu warxten und uns damit zu dienen, so lange er 
lebet, wann und wo wir dessen bedürfen“. In Johannes 
Schuftel lernen wir also den ersten Artilleristen un- 
serer Heimat kennen. Ihrer Ausbildung nach waren die 
Büchsenmeister ursprünglich Handwerker, denn Handwerks- 
kenntnisse waren schon deshalb für den alten Büchsenmeister 
(genau wie heute technische Ausbildung für unsere Flieger) 
nötig, weil ihm außer der Geschützbedienung auch die Aus- 
besserung oblag, er ferner für Aufbewahrung und Erhal- 
tung des artilleristischen Geräts mit sorgen und sich selbst 
auf die Anfertigung neuer Geschütze verstehen mußte. Schon 
bald nach dem ersten Auftreten verwendeten die Wettiner 
ihre Artillerie praktisch im Kriege; Friedrichs des Strengen 
Bruder Landgraf Balthasar von Thüringen bediente sich 
ihrer mehrfach, so 1382 bei der Einnahme von Bran- 
denfels (Kreis Eschwege), wo sie „mit Steinbüchsen große 
Löcher dareinschossen“, und bei der Belagerung von 
Kassel 1385, wo sehr schwere Steinkugeln in die Stadt 
geschossen wurden. Zur Steigerung der kriegerischen Lei- 
stungofähigkeit wurden ferner eigne Geschützgießereien 
angelegt; bereits 1388 arbeitete ein landesherrlicher Büchsen- 
gießer zu Gotha, der jährlich mehrere Zentner Kupfer aus 
dem Sanzerhausener Kupferwerk zu beziehen hatte. Später 
wurden sogar die sächsischen Gießer auch weit über Sach- 
sens Grenzen hinaus berühmt, wie im 16. und 17. Jahr- 
hundert die Freiberger Gießerfamilie der Hilliger. 
Neben der Einführung der Artillerie ist in der Mitte des 
14. Jahrhunderts noch eine Neuerung im Heerwesen zu 
nennen: das Auftreten von Soldtruppen. Die oft 
wiederholte Ansicht, daß unter Kaiser Maximilian I. das 
Söldnerwesen in Deutschland eingeführt sei, ist nur inso- 
fern zutreffend, als um die Wende des 15. und 16. Jahr- 
hunderts das Söldnerwesen auch in deutschen Heeren immer 
größeren Umfang annimmt und im Landeknechtswesen 
seine typische Verkörperung und Organisation findet. Söld= 
ner aber treffen wir in deutschen Heeren allgemein schon 
seit der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts. Es 
sind allerdings damals noch nicht feste größere Truppen- 
verbände, die von einzelnen Hauptleuten (später Obersten) 
als Unternehmern angeworben und an Kriegführende ver- 
mietet werden, sondern es handelt sich mehr um Dienst- 
verträge einzelner Leute, vielfach ritterlichen Standes, die 
sich mit einer größeren oder kleineren Schar von Helmen 
oder Lanzen, das heißt rittermäßig ausgerüsteten Leuten 
nebst zugehörigen Knechten, zeitweise auf bestimmte Be- 
dingungen über Sold, Verpflegung, Schadenersatz, Beute-
	        
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