Full text: Sachsen in großer Zeit. Band III. Die Kriegsjahre 1916-1918. (3)

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Schlachtbericht selbst lautet nun in seiner interessanten un- 
veränderten Fassung, die manchmal etwas ungelenk ist, 
aber um so ungeschminkter den ehrlichen Unwillen des 
ritterlichen Fürsten wiederspiegelt, folgendermaßen: 
„Wie wir die ganze Nacht gezogen durch bose und enge 
Wege, daß auch einer nach dem andern hat ziehen muessen, 
dardurch sich verursacht, daß meine beide Spießerfahnen und 
das eine Schutzenfehnlin sich dahinten verseumen muessen. 
(Der Marsch ging durch die südlichen Ausläufer des un- 
wegsamen, sehluchtenreichen Argonnenwaldes.) Und da der 
Tag gleich hat anbrechen wollen, haben des Herrn Dhon 
Francisco de Asto Reuter einen Baurn gefangen, der da 
angezeigt und gesagt, daß im nechsten Dorf drei oder vier 
franzosische Pferd liegen sollten, welchs Ohon Franeisco 
de Asto mir durch ein Dolmetschen anzeigen lassen und 
meinen Rath, was darinnen zu thuen sei, begehrt, dem ich 
geantwort, daß ich nit mehr dann ein Schutzenfehnlin, 
welchs ungefehrlich in die 200 stark wer, darauf er sich 
verlassen mocht, bei mir hette; mit denselben wollt ich mit 
ihme fortziehen und bei ihme, als ehrlichen Leuten zustehet, 
handeln. Indeme seind wir fortgezogen und von Stund an 
auf der Feind Wach gestoßen, denen wir alle mit einandern 
nachgejagt. Und seind also die welschen Pferde an eine 
Brucken kommen, daruber langsam zu reiten gewesen. 
Letzlich hab ich einen Furt gefunden (welleicht am Ornain 
oder Saulrfluß, die Moritz beim Anmarsch auf Vitry pas- 
sieren mußte), dardurch ich mich mit meinen Reutern mit 
Noth gearbeit, welchs sich als lang verzogen, daß die Feind 
aufkommen sein, doch die Flucht nach Vieri geben. Als- 
bald aber die Welschen im Dorf (ovielleicht das Dorf 
Vitry-le-brulé bei der Stadt Vitry-le-Frangois) erschienen, 
seind sie zum Theil in die Heuser gerennt, uber 
die Wegen und Karren gefallen, anfahend zu 
plundern. So hab ich mit dem einen Schutzen- 
fehnlinden Feindenbisandie Stadtangehangen, 
daselbst auch der Welschen wenig gewesen, und welche unter 
denen ein Roß oder sust ichts bekommen, sind zuruck zu den 
andern ins Dorf zogen. Die Feind haben sich aber aus der Stadt 
zu Roß und Fuß so stark gethan, daß ich um Besorg 
willen, daß mir die Schutzen zu Fuß in hohlen Greben 
und Weingerten merklichen Schaden thun mochten, mich 
wiederum zuruck auf eine Hohe und Bloße in ein Vorteil 
bab weichen muessen. Nichts dester weniger hab ich mit 
den Meinen und Welschen, der doch ungefehrlich uber 30 
nit gewesen sein mogen, fur und fur mit den Feinden ge- 
scharmutzelt. Uber etlich Zeit, da sein die andern meine 
3 Fehnlin ankommen; do bin ich durch die Meinen bericht 
worden, daß die Feinde die Stadt verlassen und abziehen. 
Indem ist der Dhon Francisco de Asto herbeikommen, der 
doch uber 150 Pferd bei sich nit gehabt, mit deme ich 
sammt allen meinen Reutern auf einer Hohe den Feinden 
furzuziehn gezogen. Da wir zu End des Bergs bommen, 
ist schwerlich herabzureiten gewesen, indeme die Feind hef- 
tig vorgezogen und wir uns aufs eilenst, als wir vermocht, 
herabgefurdert. Und da hab ich mit den beiden Schutzen- 
fehnlin, als die zwen Spießerfahnen aus den Weingerten 
gewesen, darein gehauen; und do ich in die Feind gesetzt, 
haben die Welschen auch fortgesetzt, die Feinde durchs Dorf 
gestochen, viel erwurgt, ein Froße Anzahl ins Wasser ge- 
notigt, die ertrunken sein. Da wir zuruck gezogen, haben 
etlich von den Feinden, die in der Eil nit erstochen sein 
worden, die Kirchen eingenommen, sich allda gewehrt, daß 
man funf Fehnlin Knecht und zwei Stuck Buchsen hat 
holen muessen; wiewohl ich sie mitelerweil durch Rath der 
andern Herrn etlich mal hab auffordern lassen, daß sie 
sich in E. Kais. Maj. Gnad und Ungnad geben sollten, welchs 
sie geweigert, dardurch sie Ursach geben, E. Kais. Maj. Re- 
putation zu erhalten, daß sie alle erstochen sein worden. 
Uber diesem allen bin ich mitsammt meinen 
sein, ungezweifelt, 
Reutern bis in die 24 Stunden auf den Rossern 
geritten und gehalten, mich keins Plundern 
angemaßt. Nachfolgends, da alls geschehen, bin ich 
der letzt in die Stadt geruckt, hab auch weder 
Weib oder Kind, wie mir will auferlegt werden, be- 
leidigt, han auch sust kein tots Weib noch Kind gesehen. 
Wohl hab ich den Tag, da die Welschen ihre Ge— 
fangnen zu der Stadt hinaus beleit, zwei 
Weiber auf Pferden sehen fuhren; was aber die 
Welschen damit begunst, ist mir verborgen. Und daß ge- 
sagt will werden, daß die Welschen diese That gethan, 
haben E. Kais. Maj. sich leichtlich aus diesem zu erkunden, 
denn alle die Welschen, die bei uns gewesen, seind in der 
Stadt bei uns geblieben, die darnach mit dem Viceroi nach 
dem Leger gezogen; waser Anzahl derselbigen gewesen, wird 
derselb Viceroi E. Kaif. Maj. wohl berichten konnen. Darzu 
ist der Dhon Franciogo de Asto zu mir geritten, von mir 
Urlaub zu nehmen, als er hat wollen aufsein. Waser An- 
zahl Herr Dhon Francisco de Asto gegen mir genennt hat, 
so er noch bei sich hab, wird er E. Kais. Maj. auch wohl 
sagen konnen. So mag E. Kais. Maj. Markgraf Albrechten 
von Brandenburg und Graf Wilhelmen von Furstenberg, 
welche mit den Knechten hernach gezogen sein, befragen, 
was sie fur Neuter, die in der Stadt geplundert, befunden 
haben. ODehgleichen ist sich an den teutschen Obersten, die 
allhie blieben und wohl gesehen, wer die Plunderung, auch 
Weib und Kind ins Leger gebracht, desselben auch nach 
Nothdurft leichtlich zu erkunden. Aus welchem allen 
E. Kais. Maj. wohl befinden werden, welche dem 
Plundern oder die Feinde zu erlegen obgelegen 
E. Kais. Maj. werden in Erfahrung 
kommen, daß wir uns dem alten der ehrlichen 
Teutschen Gebrauch nach gehalten haben, den 
Feinden obgelegen und uns keins Plunderns 
angenommen. Daß die Stadt verbrannt, die Schuld 
mir noch den Meinen kann nit zugemessen werden, denn 
dieweil ich mit den Feinden gehandelt, ist die Stadt an- 
gangen, die ich durch die Meinen neben den teut- 
schen Knechten, sovielmoglich, hab helfenretten 
lassen. Do es auch nit beschehn, hetten wir uns des 
Feuers hakber so lang darinnen nit erhalten mogen. Fol- 
gends seind etlich in meiner Reuter Losamenter eingelegt 
Feuer gefunden worden, daß die Stadt also von 
sich selbs angangen, das mir treulich leid ge- 
wesen, dann ich fur mein Person, do ich die 
Reuter hinein gefuhrt, die darinnen haben bleiben 
sollen, mit Noth dem Feuer entrunnen bin. Und 
beschwert mich nit wenig, da es wohl zugeht, 
daß es ander Leut sollen gethan haben, so es 
aber ubel zugeht, daß es auf uns Teutschen 
muß gelegt werden.“ 
Es war die gerechte Entrüstung eines wackeren deutschen 
Reiterherzens, die unsern Moritz so warm und nachdrück- 
lich gegen fremde Verleumdung für die Ehre seiner Soldaten 
eintreten ließ; und wir Zeitgenossen des letzten Weltkrieges 
können feststellen, daß die gemeinen, tückischen Verleum- 
dungen, die uns Deutschen das zuschieben, was die Wel- 
schen und ihre Genossen wirklich taten, auch schon vor 
370 Jahren ihre Vorläufer hatten. 
Eine Folge des glücklichen Vorstoßes Moritzens war das 
Schwinden der Entsatzmöglichkeit für St. Dizler, das einen 
Monat später kapitulierte; dadurch wurde Kaiser Karls 
weiteres Vorrücken ermöglicht. Karl zog über Vitry, Moritz 
über Bar-le-Duc. Die üblichen Nöte der Soldzahlung 
blieben letzterem nicht erspart; kräftig nahm er sich auch 
seiner Reiter bei ihren gerechten Beschwerden wegen schlech- 
ter Quartiere in Bar-le-Duc an. Nördlich der Marne rückte 
man dann westwärts bis Chateau-Thierry, schwenkte aber, 
da das französische Heer herankam und der Handstreich
	        
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