Städte, die Rittergüter besaßen, stellten die nötigen Be—
rittenen. Das geschickte Pferdematerial war oft minder—
wertig, auch die einheitliche Uniformierung der Reiterei war
nicht durchzusetzen.
Die Defensionsartillerie sollte aus 18 Feld-
geschützen bestehen: 3 Feldschlangen (Vierpfündern), 3 Fal-
konetten (Sechspfündern), 6 Quartierschlangen (je 3 Acht-
und Zwölfpfündern), 3 Notschlangen (Vierundzwanzig=
pfündern) und 2 Mörsern (Zwölf= und Zwanzigpfündern),
ben- die Heerfahrtswagen aus den Amtern und Adels-
dörfern mit Bespannung zum Transport der Geschütge und
Munition, über 200 Wagen, über 300 Knechte und lo00
Pferde. Diese Artillerie bestand aber im Frieden überhaupt
nicht (außer den im Dresdner Zeughaus liegenden Ge-
schützen), nur im Kriegsfalle wurde sie errichtet; um Frieden
gab es bloß die kurfürstliche Hausartillerie als stebende
Truppe, die alten zunftmäßig ausgebildeten und organi-
sierten Büchsenmeister, die 1558 aus 11 Personen im
Dresdner Zeughause bestanden, 1586/87 45 Mann, 1602
58 Mann, dazu 73 (später 60) als Büchsenmeister aus-
gebildete Dresdner Bürger und 30 desgleichen in Alten-
Dresden. 1620 bestand die Hausartillerie in Dresden (ohne
die Bürger) aus 91 Personen. Für die Defensionsartillerie
waren nur 36 Büchsenmeister in Wartegeld vorgeseben, die
die Städte ausbilden lassen und besolden mußten, und noch
eigne städtische Büchsenmelster in einigen Städten.
Das Defensionswerk hätte bei der geringen Stärke da-
maliger Heere immerhin eine beachtenswerte Kriegsmacht
darstellen können, wenn seine Organisation straff durch-
geführt worden wäre. In den ersten Jahren seines Be-
stehens hielt man auf Musterungen, 1610 beim Ausbruch
des Dreißigjährigen Krieges wurden die Fähnlein zum Teil
aufgeboten, an der Südgrenze kam es zu kleinen Kämpfen
der Defensioner mit böhmischen Haufen, 1620 wirkten sie
mit zur Landessicherung gegen den Durchmarsch fremder
Truppen, so auch in den folgenden Jahren. Die Schwierig-
beiten der Unterhaltung, die Städten und Amtern zur Last
fiel, schädigte aber das ganze Werk; das Geld blieb aus,
der Mannschaftsbestand war nicht vollständig, der militä-
rische Wert wurde immer geringer, je mehr sich die schweren
Kriegsnöte im Laufe des Dreißigjährigen Krieges steigerten
und die Notwendigkbeit brauchbarer Feldtruppen sich geltend
machte. Allerdings wurden die Defensioner selbst zu auswär-
tigen Unternehmungen mit herangezogen, wie 1631 gegen
Böhmen, und bildeten einen Teil der Besatzung Prags,
litten aber gerade dabei furchtbar, so daß weiterhin diese
6 Fähnlein nie wieder verwendungsfähig waren; andre
Fähnlein teilten im Laufe des Kriegec dieses Los, so daß
nur Reste der Organisation bis zum Ende des Krieges fert-
bestanden. Starke Schuld an dem Verfall trug allerdings
die klägliche Finanzwirtschaft, die eine geordnete Besoldung
nicht durchführen ließ, 6t daß der Kurfürst den Offizieren
und Mannschaften oder den Stadträten, die Jahlungen ge-
leistet hatten, große Summen schuldete, die allmählich von
den Steuern abgezogen wurden. Das DOefensionswerk
batte versucht, den uralten Grundsatz der all-
gemeinen Wehrpflicht, wie er im Heerbann bestanden
hatte, mit der Reiterdienstpflicht der mittelalter-
lichen Lehnsverfassung und zugleich mit den
Formen der neuzeitlichen Heereseinrichtung zu
verbinden und scheiterte an dem inneren Widerspruch
dieser Ideen zusammen mit den äußeren Schwierigkeiten
und gesteigerten Nöten gerade jener Jahrzehnte.
Der Dreißigjährige Krieg. — Kämpfe in der
Lausitz und Schlesien
Alo nach der Absetzung des protestantenfeindlichen Habs-
burgers Ferdinand II. vom böhmischen Throne der Kur-
fürst Friedrich V. von der Pfalz mit Zustimmung der Öber-
250
und Niederlausitz zum König von Böhmen gewählt worden
war, übernahm der den reformierten Pfälzern und Unions-=
mitgliedern abgeneigte Kurfürst Johann Georg I. von
Sachsen die Vollstreckung der Acht gegen die Lau-
sitzen und Schlesien. Mit einem angeworbenen Heere
von fasi 10 000 Mann rückte er in Person in die Ober-
Kurfürst Johann Georg l. von Sachsen
lausitz vor, den militärischen Oberbefehl führte der Ge-
neralleutnant Graf Wolfgang von Mansfeld. Zunächst galt
es die Hauptstadt des Markgraftums, Bautzen, damals
meist noch mit seinem alten Namen Budissin genannt, zum
Gehorsam zu zwingen. Am 30. August bezogen die Sachsen
ihr Lager auf den Höhen links der Spree und beschossen
von hier die jenselts der Spree liegende Stadt, die von
den Unionstruppen des Markgrafen Johann Georg von
Brandenburg-Jägerndorf, von niederlausitzischem Zuzug und
von ihren Bürgern, zuerst unter dem Befehl des branden-
burgischen Hauptmanns von Karnitzky, dann des Obersi-
leutnants von Spee verteidigt wurde. Da aber von dieser
Seite aus eine Bezwingung der Stadt durch Sturm in-
folge der Steilhänge deo Spreetales nicht zu erhoffen stand,
setzte man zwar die Beschießung von hier aus, besonders
vom Brotschenberge gegenüber dem Schlosse Ortenburg,
fort, verlegte aber den Hauptangriff auf die andre Seite
des Flusses gegen die Lauenvorstadt (die Gegend zwischen
dem heutigen Bahnhof und der Spree), wo keine Terrain-
schwierigkelten das Heranarbeiten an die Befestigungen er-
schwerten (siehe Abbildung Seite 260). Die Stadt litt schwer
unter der für damalige Verhältnisse heftigen Beschießung; an
einzelnen Tagen wurden bis zu 366 Geschossen in die Stadt
geworfen und die sächsische Artillerie leistete mit den im
Felde befindlichen 28 Stücken ihr mröglichstes. Sie hatte ge-
rade im selben Jahre 1620 eine Neuordnung erfahren, in-
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