und äußere Fremdherrschaft länger als es unter dem Zwange
seiner Lage muß! Was man vor einem halben Jahre, als
das gewaltigste, schönste Heer, das Europa je gesehen, gen
Osten zog, noch für ganz unmöglich gehalten hatte, war
eingetreten: von 6209000 Mann waren 88 000 zurück-
gekehrt, zerlumpt, halb verhungert, seelisch aufs tiefste er-
schüttert, krank und müde. Nur 25000 von 182 000 Pfer-
den hatte man zurückbringen können, 150 von 1108 Ge-
schützen. Nun flammten üÜberall die Feuerzeichen auf, Eu-
ropa erhob sich gegen den Korsen.
Auch in Sachsen jubelte der deutsche Geist auf. Theodor
Körner eilte zu den Lützower Freische#ren, seine Gesänge be-
geisterten die Massen. Der König sehwankte. Er war ein Greis;
der Wille des übermächtigen Kaisers hatte den seinen gebrochen.
Er hatte große Vorteile von ihm genossen. Mit begeisterter
Verehrung hing er an ihm, und niemand in seiner Umgebung
sagte ihm, dem Weltfremden, wie in seinem Volke die Er-
regung dieser Frühlingstage nachzitterte, keiner seiner Rat-
geber verstand zur entscheidenden Stunde die gewaltigen
Wehen der Zeit. Dazu war Sachsens Lage sehwieriger als die
jedes anderen Landes. Könnte sich Napoleon an der Elbe
nicht halten, so würde er doch sicher mit einem neuen Heere,
das sich bereits bildete, wieder bis zu diesem Strome vor-
zustoßen versuchen. Sagte man sich von ihm los, so war
man auf Gnade und Ungnade Preußen und Rußland oder
Osterreich verfallen. Die Annäherung an Kaiser Franz schien
in dieser Lage das beste, er lebte ja noch im Frieden mit
Napoleon, er konnte vermitteln. Schon war die Loslösung
von den Franzosen unter Osterreichs Hilfe im Zuge, da
siegte Napoleon, bereits wieder im Vormarsche, bei Kützen
am 2. Mai, der König mußte am 12. Mai nach Dreoden
zurückkehren, die Franzosen überschritten die Elbe, der Sieg
bei Bautzen am 20. und 21. Mai brachte das ganze Land
in die Gewalt des Kaisers. Nun war die Trennung nicht
mehr möglich.“
Als am 7. Mai General Reynier mit 2 Divisionen vor
Torgau erschien, verweigerte ihm Thielmann befehlsgemäß
den Eintritt; als aber am 10. der König anordnen mußte,
die Festung zu öffnen und den größten Teil der Besatzung
wieder zum 7. französischen Korps stoßen zu lassen, da
legte Thielmann seinen Oberbefehl nieder und begab sich,
begleitet von seinem Stabschef Oberstleutnant Aster, ins
russische Hauptquartier nach Wurschen.
General Sahrer von Sahr übergab am 11. Mai die
Festung. 6000 felddienstfähige Sachsen traten umer seiner
Führung ins Korps Reynier, die übrigen blieben als Be-
satzung in Torgau.
Die zur Begleitung des Königs über Plauen und Regens-
burg mit nach Prag gezogenen Regimenter wurden am
17. Mai bei Bautzen in die französische Hauptarmee ein-
gereiht, die Kürassiere zur Division Bordesoult, die leichte
Brigade zur leichten Division La Bruyeres.
Das Korps Reynier, bei dem sich auch die Division Du-
rutte wieder befand, zog unter Marschall Ney zunächst
gegen Berlin, kehrte aber mit ihm um und griff am Abend
des 2 1. Mai noch mit Artillerie in die Bautzener Schkacht
ein. Bei der Verfolgung der nach Schlesien zurückweichenden
Verbündeten, bildete das VII. Korps die Vorhut und warf
den Gegner am 22. bei Reichenbach, drang dann mit bis
Liegnitz vor, wurde aber infolge des Waffenstillstandes An-
fang Juli in ein Lager hei Görlitz zurückgenommen, wo
es bis 13. August stehen blieb. Die sächsische Kavallerie
kam nach Sagan, die leichte Brigade später nach Herrn-
hut und Marklissa zu liegen.
Während der Waffenruhe wurde in eifriger Arbeit das
sächsische Heer wieder aufgerichtet, so daß es im August
in 2 Divisionen (Lecog und Sahrer von Sahr), 13 o feld-
taugliche Mann stark, in Verbindung mit der auf 8000
Mann angewachsenen Divisidn Durutte des VII. Korps Rey-
285
nier bilden konnte. Am 17. August bei Luckau vereinigt,
wurde das Korps mit dem IV. und Xll. und dem Kavallerie=
lorps Arrighi unter Oudinot gegen Berlin vorgesandt. Am
21. trat Oudinot aus der Linie Baruth—KLuckenwalde den
Vormarsch an, die Sachsen in der Mitte von Schönefeld
aus, im ganzen 70 000 Mann, darunter 9000 Reiter und
216 Geschütze.
Die Verbündeten standen unter Bernadottes, des nun-
mehrigen Kronprinzen von Schweden, Führung in der Linie
Elbe bei Burg bis Oder bei Crossen, mit der Hauptmasse
zwischen Saarmund und Mittenwalde, 98000 Mann. Nach
kleinen Gefechten an den nach Berlin führenden Straßen
am 21. und 22. August, griff am 23. die Dioision Sahr
den bei Großbeeren stehenden Gegner an und warf ihn
gegen Heinersdorf zurlck. Bei strömendem Regen bezog
darauf das Korps Reynier nördlich der Genshagener Heide
zwischen Großbeeren und dem Vorwerke Neubeeren Biwak.
Während noch die Divisionen Durutte und Lecoq aus dem
Walde heraustraten, warf sich das preußische Korps Bülow
nach kräftiger Artillerievorbereitung auf die das Dorf und
die Höhen westlich davon haltenden Sachsen. In einem
mörderischen Kampfe von Kolben und Bajonett wurden
die in Front und Flanke angepackten Sachsen in den Wald
zurückgedrängt. Die zu Hilfe gesandte Division Durutte
stob in heillosem Schrecken auseinander, Lecoq konnte nur
mit Mühe den Abmarsch decken. Abends 10 Uhr erreichte
das Korps Löwenbruch, nach längerer Rast Wietstock. Oudi-
not hatte am Abend noch eine Zusammenkunft mit Neynier
in Wietstock, er sah sich gezwungen seine ganze Armee in
die Ausgangsstellung vom 22. zurückzunehmen. Scine Auf-
gabe war der großen Übermacht Bernadottes gegenüber in
diesem sumpfigen, waldreichen Gelände überhaupt kaum lös-
bar. Vielleicht bewahrte ihn Reyniers Tellniederlage bei
Großbeeren vor einer entscheidenden seiner ganzen Heeres-
abteilung.
Während Oudinot hinter das Bruchgelände südlich der
Linie Baruth—Luckenwalde am 25. zurückging, verfolgte der
Kronprinz von Schweden, um seine rechte Flanke besorgt,
nur langsam. Unbelästigt konnte sich Oudinot nach Witten-
berg zurückziehen, wo er auf dem rechten Elbufer im Halb-
kreise um die Stadt Stellung nahm, die Sachsen auf dem
linken Flügel bei Dobien. Am 4. September übernahm
Marschall Ney den Oberbefehl, Oudinot trat schwer ge-
kränkt an die Spitze des XII. Korps.
Auf dem rechten Flügel der Franzosen war in Luckau
ein sächsisches Bataillon zurückgeblieben. Am 28. August
wurde es von Truppen des Korps Tauentzien angegriffen
und nach mehrstündiger Beschießung der Stadt samt 8 Ge-
schützen gefangen genommen.
Ney sollte sofort die „Berliner Armee“ in einem kühnen
Flankenmärsche nach Baruth führen und das noch einmal
versuchen, was Oudinot mit denselben Truppen nicht er-
reicht hatte. Allerdings hatte ihm der Kaiser versprochen,
am 6. ein Korps bei Luckau bereitzustellen, wodurch das
jetzige ungünstige Verhältnis 58:73 etwas gebessert worden
wäre. Allein schon vorher brach das. Unglück über Ney
herein. Ein am s. September sich östlich Zahna entspinnen-
des Marschgefecht des die Spitze führenden Korps Oudinot
verlief für die französischen Waffen noch günstig, auch der
am andern Morgen bei Dennewitz, fünf Kilometer südwest-
lich Jüterbog entbrennende Kampf gegen das Korps
Tauentzien schien anfangs aussichtsreich, bis das Korpe
Bülow auf der Walstatt erschien und die Schlacht zum
Stehen brachte.
Das Korps Reynier war nachmittags 2 Uhr auf dem
Gefechtsfelde erschienen. Während Durutte bei Dennewitz
eingriff, drangen die Sachsen rechts und links von Göhls-
dorf auf dem linken Flügel vor und nahmen nach hartem
Kampfe das Dorf. In einem Gegenstoße wurde die Bri-