Full text: Sachsen in großer Zeit. Band III. Die Kriegsjahre 1916-1918. (3)

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gade Mellenthin aber wieder aus dem Orte herausgeworfen. 
Da auch gerade jetzt die preußische Division Borstell auf 
dem hart umkämpften Flügel eintraf, wurde die Lage ge- 
fährlich. Oudinots Erscheinen ermöglichte es den Sachsen 
aber, Göhlsdorf zum zweiten Male zu erstürmen. In dieser 
Stunde des Siegs berief Ney Oudinot auf den rechten 
Flügel; und der durch die Befehlsenthebung tief verletzte 
General befolgte grundsäßlich alle Befehle buchstäblich, mar- 
schierte hinter den erstaunten und erbitterten Sachsen weg 
und ließ sie in dem Augenblicke allein, als Bülow noch 
einmal alle Kräfte zusammenraffte und Göhlsdorf wieder 
nahm. War eo bei Großbeeren der Regen gewesen, der 
UÜbersicht und Befehlogebung erschwerte, so war es hier der 
Staub. In toller Verwirrung fluteten die Kampftruppen 
zurück, als aus den Staubwolken plötzlich neue Gegner 
auftauchten; die Reservedivision wurde mitgerissen. Nur 
durch den Entlastungsangriff der Kavalleriedivision De- 
france gelang es dem Korps Reynier, einigermaßen geordnet 
abzuziehen. Auch der im Marsche befindliche Oudinot wurde 
in die allgemeine Rückzugsbewegung nach Oehna mit ver- 
wickelt. Fliehende Kavallerie und Fuhrparks rermehrten die 
Unordnung; vergeblich suchte Reynier persönlich auf den 
Höhen von Oehna seine Truppen zu sammeln. Allein nie- 
mand gehorchte mehr, alle Ordnung war gelöst, ein wirrer, 
wüster Haufen von Menschen, Pferden und Wagen floh in 
einer dichten, fast undurchdringlichen Staubwolke nach Süd- 
osten, verfolgt von unermüdlichen preußischen Reitern bis 
Welsigkendorf und Kölbitz. 
Da am nächsten Morgen auch der von Luckau angelangte 
General von Wobeser Dahme stürmte und 3000 Gefangene 
machte, war der Sieg der Nordarmee vollständig. Bei einem 
eigenen Verluste von 10510 Mann hatte sie die Berliner 
Armee Neys um 22000 Mann geschwächt, so daß der 
Marschall dem Kaiser melden mußte: „Ich bin gänzlich 
geschlagen.“ Natürlich war nicht sein fehlerhafter Befehl 
und dessen buchstäbliche Ausführung durch Oudinot daran 
schuld, sondern die Haltung der Sachsen, die 28 Offiziere 
und 3100 Mann verloren hatten! Vergeblich trat Reynier 
mit allem Nachdrucke für seine braven Bataillone ein. Bis 
auf den heutigen Tag schiebt die französische Geschichts- 
schreibung die Schuld des Mißerfolgs, wie immer, auf die 
Bündnistruppen. 
Hinter der Elbe, bei Siptitz und Zinna, sammelte am 
S§. September Neynier die Trümmer seines Korps. In dieser 
Gegend blieb er bis 21. und rückte dann gegen Kemberg 
vor. Die beiden sächsischen Dioisionen wurden zusammen- 
gelegt, Lecoq verließ das Heer, Generalleutnant von Zeschau 
übernahm am 22. die Führung der noch 200 Offiziere, 
8000 Mann, 2400 Pferde starken Abteilung. 
Die stark franzosenfeindliche, durch die neue Unbill ver- 
bitterte Stimmung der Mannschaft zeigte sich darin, daß 
bereits in der Nacht zum 23. das Bataillon König unter 
Major von Bünau bei Reuden zu den Verbündeten überging. 
Der Elbübergang Yorcks bei Wartenburg und die Nieder- 
lage des IV. Korps der Armee Neys am 3. Oktober zwang 
diesen hinter die Mulde auszuweichen. Die Gesamtlage 
wurde dadurch völlig verändert, die Heere zogen sich in die 
Gegend von Leipzig. Napoleon verlegte sein Hauptquartier 
nach Wurzen. 
Als am 9. Blücher bei Düben angegriffen werden sollte, 
wurde auch das tags zuvor bei Püchau angelangte Korpo 
Neynier über die Mulde gezogen und bei Kültschau östlich 
Eilenburg von Napoleon begrüßt. Ohne jedes Zeichen des 
Beifalls hörten die Offiziere und Unteroffizlere seine An- 
sprache an; als er die Front abritt, stimmten die Sachsen 
nicht mit in das gewohnte: „Vive lempereur!“ ein. Das 
VII. Korps rückte darauf gegen Düben vor, Blücher entzog 
sich aber dem Angriffe und vereinigte sich am 10. mit der 
Nordarmee. 
Fast schien es, als sollten die Sachsen an dem großen 
Entscheidungskampfe, der sich bei Leipzig vorbereitete, nicht 
teilnehmen. Denn der Kaiser sandte Ney zu einer Sonder- 
unternehmung über Wittenberg gegen Coswig vor. Zurück- 
gerufen erreichte jedoch das VII. Korps in Eilmärschen am 
16. Oktober abends 8⅛ Uhr Eilenburg. Kaum hatte es da 
Biwak bezogen, da mußte es wieder aufbrechen und bis 
zum „Heiteren Blick““ nördlich Taucha mit einem an- 
strengenden Nachtmarsche weiterziehen. Als es gerade am 
Morgen des 17. bier aufmarschiert war, stürzte die bei 
  
Heinrich Wilhelm von Zeschau, geb. 1760, gest. 1832 
Schönfeld von Blücher geworfene Reiterei des Kavallerie- 
korps Hergog von Padua in wilder Flucht an ihm vorüber. 
Zeschau suchte durch eine Ansprache die üble Stimmung 
seiner Mannschaft zu heben. An diesem Tage griff Reynier 
nicht mehr in die Schlacht ein, er nächtigte bei Paunsdorf. Die 
sächsische Infanteriedivision war nur noch 4404 Mann stark. 
Napoleon hatte die Absicht, die Sachsen nach Torgau zu 
entsenden. Sie marschierten daher am Morgen des 18. von 
Paunsdorf nach dem Heiteren Blick zurück, wurden aber, 
da ein Abzug nicht mehr möglich war, nach Paunsdorf 
wieder zurückgezogen und nahmen quer über die Wurzener 
Straße Stellung. Das Bataillon Prinz Friedrich wurde 
in Taucha, wo es mit Franzosen zurückgeblieben war, ab- 
geschnitten und gefangen. 
Die gedrückte Stimmung wurde verzweifelt, als hier das 
XI. französische Korps in regelloser Flucht durch die Reihen 
brach. Regiment Lecoq besetzte wohl Paunsdorf, an der 
Windmühle nördlich davon nahmen auch 2 Batterien den 
Kampf aupf, aber schon bröckelten einzelne Truppenteile ab. 
Die an der Parthe geworfene Reiterbrigade verließ um 
10 Uhr vormittags die Reihen der Franzosen, eine Ulanen- 
schwadron unter Leutnant von Seelhorst folgte, Bataillon 
von Sahr ging zu den Schweden über. Zeschau sandte 
Meldung und Anfrage an den König nach Leipzig, ohne 
eine klare Antwort zu bekommen. Als gegen 2 Uhr nach- 
mittags die Nordarmee zum Angriff vorging, griff der 
Gedanke, die verhaßten Franzosen zu verlassen, allgemein 
um sich, um so mehr, als ein Abzug nach Leipzig, „zum 
Könige“, nicht mehr möglich war. „Die Offiziere, die der
	        
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