Full text: Sachsen in großer Zeit. Band III. Die Kriegsjahre 1916-1918. (3)

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wichtigsten Tatsachen und Gesichtspunkte zur Frage der 
Kriegerheimstätten“ als Grundlage für Vorträge zur Ver- 
fügung, derselbe hat als Geschäftsleiter solche auch selbst 
mehrorto gehalten. 
Kurz vor der am 29. April 1917 abgehaltenen Jahres- 
hauptversammlung erlitt der Verband einen besonders schwe- 
ren Verlust durch das Hinscheiden seines 1. Vorsitzenden, 
des Herrn Wirkl. Geh. Rat Dr. Heinr. Waentig, Erzel- 
lenz, der bis nahe an seinen Tod heran in hingebendem 
Eifer seine seltene Begabung und reiche Erfahrung in den 
Dienst des Kriegerheimstättengedankens gestellt hatte. Für 
dessen Verwirklichung war er in der Ersten Kammer in der 
25. Sitzung am 31. März 1916 in beredten Worten — 
wir kommen an späterer Stelle (vugl. Seite 304) darauf zu- 
rück — eingetreten, hat er einen von tiefster Erfassung des 
Gegenstandes zeugenden, das Wesen der Sache nahezu er- 
schöpfenden Artikel in Nr. 21/22 der deutschen Richter- 
zeitung vom 1. Dezember 1916 verfaßt. 
Der begeisterte Freund der Kriegerheimstättensache, der 
so auch über seinen Tod hinaus noch zu uns redet, er- 
lebte es noch, daß seinem und des Verbandes Verdienst 
um die gute Sache in ehrenvollster Weise von hoher Stelle 
Anerkenmung gezollt wurde, in einem Schreiben des Kgl. 
Ministeriums des Innern vom 2. März 1917, ge- 
zeichnet von Vitzthum, in dem zur Mitbeteiligung des 
Landesverbandes an der zu gründenden Landessiedlungs- 
gesellschaft Sächsisches Heim aufgefordert wird und in dem 
es beißt 
„Der Kriegerheimstättenbewegung, die in dem Bunde 
Deutscher Bodenreformer ihren geistigen Ursprung ge- 
nommen hat, gebührt das Verdienst, in weiten Kreisen 
des Volkes den Sinn für den Wert der eigenen Scholle 
wieder geweckt zu haben; sie hat der Offentlichkeit wieder 
zum Bewußtsein gebracht, welch hohe Bedeutung der 
Seßhaftigkeit und Bodenständigkeit beizumessen ist im 
Interesse der Volksgesundheit und Volksvermehrung, der 
Volksnährung und Wehrkraft, sie hat endlich zur wissen- 
schaftlichen Durchdeingung der von dem Ansiedlungs- 
problem umfaßten Fragen des Bodenrechts und des 
Realkredits in ersprießlicher Weise beigetragen. Mit der 
praktischen Anfassung des Problems und der im Dienste 
der Kriegersiedlung unerläßlichen Kleinarbeit wird aber 
nicht darauf gewartet werden dürfen, ob und wann es 
der Kriegerheimstättenbewegung gelingt, das von ihr an- 
gestrebte Rechtoinstitut der Kriegerheimstätte zu reichs- 
gesetzlicher Geltung zu bringen. Vielmehr zeigen sich die 
Anhänger der Kriegerheimstättenbewegung unerwartet 
dessen überall gern bereit, an der örtlichen Siedlungsarbeit 
teilzunehmen.“ 
Der Landesverband hat nicht gesäumt, das in ihn ge- 
setzte Vertrauen zu rechtfertigen. Etwa 400 Anschreiben an 
seine Mitglieder und ihm nahestehende Freunde der Krieger- 
beimstättenbewegung hatten den schönen Erfolg, daß bereits 
bei der Jahrestagung am 29. April 1917, also in etwa 
fünf Wochen nach Aussendung der Anschreiben, ein Gesamt- 
betrag an gZeichnungen für die Landessiedelungsgesellschaft 
von über 100 000 Mark gesichert war. Das Wagnis, weitere 
100 Ooo Mark zu erlangen, hatte günstigen Erfolg, der 
Landesverband war am 9. Juni 1917, dem Tage der Grün- 
dung dieser Gesellschaft, in der Lage, über 200 Ooo Mark 
zur Verfügung zu stellen, eine Summe, an der nicht bloß 
Begüterte, sondern auch eine große Zahl weniger Bemittelte 
mit Unteranteilen bis zu 12,50 Mark teilhaben, ein schöner 
Beweis für die Hingebung der Zeichner an die Güte der 
Sache. Auf Grund dieser Anteilzeichnung wurden dem Ver- 
bande zwei Sitze im Aufsichtsrat der Gesellschaft eingeräumt 
und ihm dadurch Teilnahme an der Arbeit der Gesellschaft 
ermöglicht. Seine erstmaligen Delegierten waren Herr 
Standesberr Dr. Naumann-Königsbrück und Herr Rechts- 
anwalt Opwald-Plauen, ihre Stellvertreter Herr Prof. 
Dr. F. Kühn-Leipzig und Herr Gemeindevorstand Kluge- 
Auerswalde bei Chemnitz. 
Noch ist zu gedenken der Ausoführungen des Nachfolgers 
im Vorsitz des Landesverbandes, des Herrn Standesherrn 
Dr. Naumann= Königsbrück am 8. Juni 1017 in der 
44. Sitzung der Ersten Kammer des Landtags (vgl. Seite 310). 
Herr Dr. Naumann betonte in seiner Nede die Wichtigkeit der 
Landbeschaffung. Er wies bin, wie durch die Besiedlung die 
Preise für das zu erwerbende Gelände sofort gestiegen, wie 
es darum nötig sei, durch ein Gesetz diesem Umstande ent- 
gegenzuwirken, ohne welches die Durchführung des Krieger- 
heimstättengedankens das ernsteste und schwerste Hindernis 
finden würde. Die Annahme ist gewiß nicht unbegründet, 
daß erst dann der Siedlungsgedanke Aussicht auf volle Ver- 
wirklichung haben werde, wenn ein Gesetz, ein Reichsgesetz 
für Kriegerheimstätten, auch die Frage des Landerwerbs, 
unter Umständen durch entsprechende Enteignungsbestim- 
mungen, grundsätzlich löst. Möchte die Einsicht in die Not- 
wendigkeit zu dem gewünschten Erfolge führen, möchte in- 
sonderheit recht bald dem gemeinschädlichen Vorgehen des 
Güteraufkaufs und der Güterzertrümmerung wirksam ent- 
gegengearbeitet werden. 
Endlich ist zu erwähnen, daß auch die Ortsgruppen des 
Landesverbandes, sei eg durch Veranstaltung von Vorträgen, 
sei es durch Mithilfe bei der Werbetätigkeit für die Landes- 
siedlungsgesellschaft, sei es durch Mitarbeit im Geschäfts- 
ausschuß, ibresteils teilweise ganz erheblich mitgeholfen und 
ferner, daß Mitglieder des Landesverbandes die Gründung 
einer Anzahl Orts= und Zweigausschüsse für Kriegerheim- 
stätten in die Wege geleitet haben. Das führt uns zu dem 
nächsten Abschnitte. 
3. Aus der Tätigkeit der Orts= und Zweig- 
ausschüsse für Kriegerheimstätten 
Es sind verhältnismäßig nur wenig Orts= bez. Zweig- 
vereine für Kriegerheimstätten, über die zu berichten ist, auch 
ist die entfaltete Tätigkeit und ihre Wirkung eine den Um- 
ständen entsprechend verschiedene, gegeneinander nicht ver- 
gleichbar und in vieler Hinsicht nicht hinlänglich faßbar. 
Solche Ausschüsse erstanden in Leipzig, in Chemnitz, in 
Auerbach, in Pirna und in Dreoden, dazu gesellte 
sich ein weiterer in Lichtenstein, endlich wurde die Gründung 
eines solchen Ausschusses für Zittau in Aussicht genommen. 
All diese Ausschüsse sind Sammelpunkte des Strebens, sie 
leisteten und leisten in erster Linie — aber durchaus nicht 
ausschließlich — Pionierarkeit des Gedankens. Es will doch 
etwas heißen, wenn es gelang, wie z. B. in Leipzig, über 
120 Vereine und sonstige Körperschaften der allerverschie- 
densten Art für die große Sache zu begeistern und zum An- 
schlusse zu gewinnen. Einen hervorragenden Anteil bilden in 
nahezu allen diesen Ausschüssen die Beamtenvereine, die 
Mietervereine, die Lehrervereine, die Vereinigungen der 
Handlungsgehilfen, erfreulicherweise fehlen aber auch nicht 
landwirtschaftliche Vereine, Obstbauvereine, Naturheil= und 
Mäßigkeitsvereine, Frauenvereine, Samaritervereine, Sani- 
tätsvereine, Kirchenvorstände, Heimatdankvereine, endlich 
Vereine der Kriegsbeschädigtenorganisationen, anderer wie 
Droschkenkutscher-, Bierbrauer-, Hebammenvereine zu ge- 
schweigen. 
Von Auerbach i. V. wurde der Beitritt von 33 Ver- 
einen gemeldet, es fanden zahlreiche Vorträge des Vorsißzen- 
den, Handelsschuloberlehrer W. Bauer, in einer großen 
Anzabl von Städten und Oörfern des Bezirkes statt. In 
den beiden Ortozeitungen — Auerbacher Zeitung und Vogt- 
ländische Nachrichten — erschienen eine ansehnliche Reihe 
von Aufsätzen, später an jedem Montage kurze Ausfüh- 
rungen über Fragen, die im Laufe der Woche in der Stadt
	        
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