Full text: Sachsen in großer Zeit. Band III. Die Kriegsjahre 1916-1918. (3)

Ergänzend sei noch folgendes erwähnt: 
1. Die Stiftung Heimatdank hat laut Heimatdanknach- 
richten 1910 Nr. 8 S. 67 sich in Weinböhla ein Ge- 
lände für Siedlungszwecke besonderer Art gesichert. Sie 
hat mit Zustimmung des Finanzausschusses ein Grundstück 
mit einer Grundfläche von 262723 Quadratmeter an- 
gekauft, auf dem der derzeitige Besitzer seither Spargel, 
Obst, Gemüse, Beeren erbaute, auch Champignonzucht trieb. 
Die Verwertung der Erzeugnisse durch eine kleine Konserven- 
fabrik ist möglich. Die Landfläche ist zunächst durch Zukauf 
erweitert worden. Geplant ist zunächst die Erbauung von 
Werkstätten sowie von Familien-Wohnheimstätten — für 
Kriegsbeschädigte und vielleicht auch Berufsverletzte. Auch 
ist es möglich, daß die Kriegs= und Friedensinvaliden auch 
nur in den Werkstätten arbeiten. Mit dem Heim soll in 
der Hauptsache Gartenwirtschaft, Obst= und Gemüsebau, 
und Kleintierzucht verbunden werden, dazu Nichtfähigen 
sind durch Heimarbeit und Beschäftigung in Werkstätten 
Beschäftigungsmöglichkeiten zu bieten. Der Ertrag an Na- 
turalien wird unter Verrechnung der Anstalt zugute kommen. 
Bei Heimarbeit ist an Zigarrenfabrikation, Porzellanmalerei 
nach Typen, an Militärschneiderei, Bürstenbinderei, Anfer- 
tigung künstlicher Blumen, Kartonagenarbeit gedacht. Solche 
Heimarbeit ließe sich auf alle Kriegobeschädigte unter Ver- 
mittlung des Mutterhauses ausdehnen. Die vorhandenen 
Einrichtungen der Gartenwirtschaft einschließlich der Ver- 
wertung der Erzeugnisse bieten nach Ubernahme sofort für 
20—25 Kriegsbeschädigte Beschäftigungsmöglichkeit. 
2. Der Versorgung der Kriegsbeschädigten hat der Heimat- 
dank auch sonst sein lebhaftes Interesse zugewandt, wir 
heben besonders hervor, daß der Verein Heimatdank Leipzig- 
Land 
Leitsätze für die Ansiedlung von Kriegs- 
beschädigten, 
die auf mehrjährigen praktischen Erfahrungen der mit diesem 
Verein eng verknüpften Sächsischen Kriegersiedlung beruhen, 
aufgestellt hat. — 
Woprllche wenn etwas geeignet ist, über den furchtbaren 
Folgen des Weltkrieges für so viele einzelne, für ganze Fa- 
milien, für unser gesamtes Volk uns in etwas zu trösten, 
so ist es das Hervortreten der Fürsorgetätigkeit und diese 
wiederum namentlich in Hinsicht der Kriegersiedlung. Un- 
ter den darauf abzielenden Organisationen steht unstreitig 
in Sachsen obenan der Heimatdank und seine eifrige Schwe- 
ster, der Frauendanb. Beide befinden sich in edlem Wett- 
streite, die staatlichen Maßnahmen liebevoll zu ergänzen, 
ja — wie sich gezeigt hat, haben sie selbst den Staat weiter- 
geführt — wir denken an die Gründung der Landessied- 
lungsgesellschaft, an die Anregung zur Anleitung für die 
Behörden, zur Aufstellung von Listen über Angebote von 
Siedlungsland. Von besonderer Bedeutung ist gewiß die 
Tiefe der Einsicht in die Notwendigkeit der Siedlung über- 
haupt wie auch der Förderung des Kleinwohnungsbaues, 
nicht zuletzt die Vertrautheit mit den siedlungspolitischen 
Forderungen und namentlich den Schutzbestimmungen, wie 
sie der Bund deutscher Bodenreformer und der Haupt- 
ausschuß für Kriegerheimstätten weithin vernehmlich und 
eindringlich ins Land gerufen. Wir haben versucht dar- 
zustellen, was Heimatdank und Frauendank in bezug auf 
die Ansiedlung wollen, wie sie es wollen, wa sie bisher 
getan, was ihr Wollen bedeutet, dürfte erst die Folgezeit 
in seiner ganzen Größe und seinem hohen Werte erkennen, 
verstehen und würdigen lassen. 
5. Sächsische Zentralstelle für Wohnungsfüsorge 
nebst Ve band der sächsischen gemeinnützigen 
Bauvereinigungen und — Kriegerheimstätten 
Eo ist überaus wertvoll, daß neben Heimatdank und 
Frauendank eine andere Organisation in Sachsen besteht, 
301 
eine Organisation, die auf eine nunmehr zehnjährige Dauer 
ihres Bestehens zurückblickt, in welchem Zeitraume sie red- 
lich und mit bestem Erfolge bemüht gewesen, reichste und 
wertvollste Erfahrungen zu sammeln — wir meinen den 
am 14. Juli lgos gegründeten „Landesverein Säch- 
sischer Heimatschutz“. Er ist so recht ein Beweis für 
die Wirkungskraft einer zeitgemäßen, gesunden Idee. Her- 
vorgegangen aus dem am 27. September 1903 begrün- 
deten Ausschuß zur Pflege heimatlicher Kunst und Bau- 
weise, sah dieser Verein sich bald genötigt, für das Bau- 
und Wohnwesen — seit 1912 — eine besondere Abteilung, 
die „Zentralstelle für Wohnungsfürsorge“ 
nebst einer Beratungsstelle für Bebauungspläne 
einzurichten, die neuerdings zu einer vom Landeoverein 
Heimatschutz vollständig unabhängigen Einrichtung unter 
dem Namen 
„Sächsische Zentralstelle für Wohnungs- 
fürsorge“ 
umgewandelt worden ist, selbständig auch gegenüber dem 
seit 1. Januar 1919 im Ministerium des Innern errich- 
  
Einfamilienhäuser der Baugenossenschaft Hellerau 
teten Landeswohnungsamt, zu dessen Beirat sie ernannt 
wurde. Sie hat, wie sie selbst in einer Beilage zu Nr. 7 
der Heimatschutz-Nachrichten erklärt, nach wie vor die Auf- 
gabe, mit Gemeinden und Gemeindeverbänden, mit Ver- 
einigungen jeglicher Rechtsform, Baugenossenschaften, Sied- 
lungsgesellschaften, Geldinstituten und Einzelpersonen zum 
Austausch von Erfahrungen und zur Klärung von allge- 
meinen und besonderen Fragen des Wohnungswesens und 
Kleingartenbaues zu verkehren, ihnen Rat, Auskunft und 
Hilfe zu erteilen oder unmittelbare Anregungen zu geben 
wie schließlich die öffentliche Meinung durch Vorträge und 
Veröffentlichungen aufzuklären. Sie ist diejenige Stelle, 
die gerade unter den jetzigen besonders schwierigen Verhält- 
nissen allen Gemeindeverwaltungen und Bauinteressenten 
mit Auskunftserteilung, praktischen Ratschlägen und Auf- 
klärungen an Hand gehen will, die allen Beteiligten zur 
Wiederbelebung der Wohnungsbautätigkeit mit ihren lang- 
jährigen und vielseitigen hierbei wie auch bei der Gründung 
von Baugenossenschaften gewonnenen Erfahrungen jeder- 
zeit gern mit Rat und Tat zur Seite steht, die Gemeinde- 
verwaltungen bei Einrichtung von Wohnungsnachweisen, 
Aufstellung von Landkauf- und Erbpachtverträgen, von Woh- 
nungsordnungen und in allen sonst auftauchenden Fragen 
mit unentgeltlichen Gutachten unterstützt, durch öffentliche
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.